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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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hinüber, was die Sache kaum besser machte.
    Mit der Unterhose kämpfte er am längsten. Sie warf beim Hineinstopfen in die Lederhose Falten und scheuerte unangenehm. Am Ende fühlte er sich wie ein Michelin-Männchen.
    Immerhin passten die Stiefel, die Lith ihm reichte, wie angegossen. Bequem , dachte er verwundert. Sogar ohne Socken .
    Als sie vor dem Fenster standen, wurden draußen im Korridor Stimmen laut.
    »Verflucht«, schimpfte Lith, »die haben meine Flucht entdeckt.«
    »Flucht?«
    »Nador hat mich in einem Zimmer einsperren lassen. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass ich abhaue, sonst hätte er den Kerker gewählt.« Sie kletterte auf das Fenstersims. »Sieh zu, dass du nur die dicken Äste nimmst. Die halten das Gewicht ganz gut.«
    »Und wohin?«, fragte Matteo, aber sie war schon aus seinem Blickfeld verschwunden.
    Die Efeuranken knarrten. »Wohin schon«, drang ihr Flüstern herauf. »Nach unten.«
    Matteo starrte hinunter in die stockschwarze Tiefe. Wie hoch mochten sie über dem Erdboden sein? Zehn Meter? Zwanzig?
    Die Kronen mächtiger Bäume zeichneten ihre unregelmäßige Silhouette an den Nachthimmel, darüber ballten sich Wolken, aus denen vereinzelt Sterne hervorguckten. Leichter Wind streichelte das Laub und entlockte ihm ein beständiges Säuseln.
    Lith war schon gute zwei Meter nach unten geklettert, wie ein Äffchen turnte sie im Geäst herum. Der Mond tauchte ihr Haar in blauen Schimmer.
    Matteo kratzte all seinen Mut zusammen und schwang sich auf das Sims. An der Außenmauer tastete er nach einer knorrigen Efeuranke. Hoffentlich hielt sie! Er hatte keine Lust auf einen Sturz und gebrochene Knochen. Vor allem, da man davon ausgehen konnte, dass es hier kein Krankenhaus gab. Nur Lev-Chi, den Meister.
    Den Kopf voller verwirrter Gedanken arbeitete er sich Stück für Stück abwärts. Er war kein Ass im Sport, aber laufen und klettern konnte er gut. Obendrein war Khors Körper viel trainierter als sein eigener, wofür er im Augenblick sogar dankbar war.
    Problemlos wechselte er von einem Ast zum nächsten, doch als zu seiner Linken Licht aufflammte und ein Fenster geöffnet wurde, schoss ihm der Schreck bis in die Fingerspitzen.
    »Da ist er, ich habe ihn!«, schrie jemand und Matteo sah sich dem bärtigen Gesicht eines Soldaten gegenüber, der ihn zu packen versuchte. Er duckte sich unter den Händen weg, pendelte nach rechts und krallte die Finger ins Geäst, hektisch, ohne auf die Stärke der Ranken zu achten. Prompt brach der Ast unter seinem Gewicht. Matteo schlitterte nach unten.
    »Hinaus!«, brüllte die Wache über ihm.
    Im Fallen streifte Matteo einen Ast und er packte zu. Ein Stich fuhr ihm durch die Schulter bis ins Hirn. Er rutschte tiefer, das Holz riss ihm die Handflächen auf. Endlich verhedderte er sich mit den Füßen im Rankengewirr und blieb hängen, keuchend vor Schmerz und Angst.
    »Spring!«, forderte ihn Lith auf.
    »Was?« Das konnte unmöglich ihr Ernst sein.
    »Nun spring schon! Es ist nicht mehr hoch.«
    Matteo riskierte einen Blick nach unten. Gute zwei Meter noch. Also gut .
    Er landete hart und fiel schmerzhaft auf den Rücken. Es blieb keine Zeit, seine Verletzungen zu begutachten. Die Wachen eilten im Laufschritt herbei.
    Lith zerrte Matteo in die Höhe und mit sich mit. »Los! Bleib dicht hinter mir.«
    »Matteo!« Lord Nadors Stimme. »Bleib hier! Mach keinen Fehler!«
    Das hatte Matteo nicht vor.
    Sie tauchten zwischen den Bäumen unter. Lith rannte wie eine Besessene und sie war unglaublich schnell. Matteo hatte Mühe, mit ihr mitzuhalten, zudem behinderte ihn die unförmige Hosenkombination beim Laufen.
    Trockenes Laub raschelte unter ihren Schritten, sie legten eine deutlich hörbare Spur durch die Dunkelheit. Die Bäume rückten enger zusammen, Buschwerk wucherte zwischen den Stämmen – kleine Sträucher mit dornigen Ästen und gezähnten Blättern. Lith fegte mitten hindurch und Matteo folgte ihr leise fluchend. Wenn er sie jetzt aus den Augen verlor, war alles aus.
    Wie aus dem Nichts baute sich eine Mauer vor ihnen auf, mindestens drei Meter hoch.
    »Noch da hinüber, dann sind wir in Sicherheit«, keuchte Lith.
    »Gibt es kein Tor?«
    »Witzbold.«
    Sie bewältigte auch dieses Hindernis so geschmeidig und beherzt, als hätte sie ein Klettertraining absolviert. Während Matteo noch im Mauerwerk nach Ritzen für Hände und Füße suchte, sprang sie bereits ab. Ächzend zog er sich hoch und tat es ihr gleich.
    Hinter der Mauer war der Wald noch

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