Der Puppen-Galgen
stammten, aber nicht direkt zusammenpaßten, aber diesen Puppen sehr entgegenkamen.
Irielle stand noch immer vor dem Spiegel. Sie betrachtete sich, sie lächelte, bewegte ihre Hände und strich dabei über ihre Hüften und Oberschenkel.
Es tat ihr gut, sich so bewegen zu können, denn die Zeit, wo sie es nicht konnte und so steif war, lag noch nicht lange zurück. In der Zwischenzeit war eine Menge passiert, und es kam Irielle vor, als wäre sie in einem wahren Rausch gewesen.
Das neue Leben!
Einfach super, einfach wunderbar. Sie fand kaum Worte. Sie überlegte, sie fühlte sich angetörnt. In ihrem Innern war alles anders.
Und wem hatte sie das alles zu verdanken?
Ihm!
Will Mallmann, einem Vampir, der sich Dracula II nannte. Er hatte sie aus dem Sarg geholt und sie dann in seine Welt geführt, verschleppt, gebracht, wie auch immer, denn diese ungewöhnliche Reise war beinahe aus ihrer Erinnerung gelöscht worden.
Es war so wundersam gewesen, auch wenn die Welt des Vampirs mit der normalen nicht zu vergleichen war. Dunkelheit überall. Gräber, bleiche Wesen, die nach Blut lechzten. Grüfte und Stollen. Verliese auf und unter der Erde. Düstere Bäume, ohne Laub, die hin und wieder von Windböen geschüttelt wurden. Augen voller Gier, vor denen Irielle allerdings beschützt worden war.
Mallmann brauchte sie.
Das hatte er ihr oft genug gesagt. Er hatte sie zu sich genommen und sie von ihrem Bann befreit. Und dann hatte er mit ihr gesprochen. Sehr lange und intensiv. Er hatte sie mit wichtigen Informationen versorgt. Sie wußte jetzt, daß es Namen gab, die sie auf keinen Fall vergessen durfte.
John Sinclair, Suko, eine gewisse Jane Collins…
»Das schwächste Glied in der Kette«, hatte ihr Mallmann gesagt.
Allerdings nur bedingt. An sie kam man gut heran, wenn man sich an entsprechende Regeln hielt.
Und Irielle Fenton hatte sich daran gehalten. So war sie von Mallmann wieder in die normale Welt geschickt worden, ohne daß ihr ein Leid zugefügt worden wäre.
Sie stand vor dem Spiegel, betrachtete ihr Ebenbild und dachte daran, daß ihr das als Vampir nicht möglich gewesen wäre. Man hatte sie nicht gebissen. In ihrem Körper zirkulierte noch immer das normale Blut.
Dennoch wußte Irielle, wie abhängig sie von diesem Blutsauger war.
Und er hatte nicht nur sie in seine Abhängigkeit gebracht, sondern auch ihre Lieblinge, die Puppen.
Sie waren anders als früher. In ihnen steckte jetzt mehr. Sie würden sich entsprechend verhalten, wenn es soweit war, wenn sie es geschafft hatte, das kleine Kellertheater so einzurichten, daß sie auf einer kleinen Bühne ihre Puppenspiele durchführen konnte.
Wunderbar…
Sie drehte sich um.
Ihr Blick fiel durch die große Diele. Sie sah den Beginn der ziemlich breiten Holztreppe und dachte daran, daß die oberen Etagen doch ziemlich leer waren. Dort fehlten einfach die Puppen, denn sie hielten sich in den unteren Räumen auf.
Wie auch in der geräumigen Diele.
Auf einem Sofa hoben sie sich vom dunklen Stoff ab. Sie saßen auf Stühlen oder auf der Kommode. Kleine Puppen mit krummen Armen und Beinen, mit starren Gesichtern, bekleidet mit Kleidern, Hosen, Hemden oder Pullovern. Jungen, Mädchen, Babys – alles war vertreten.
Irielle lächele auf ihrem Rundgang durch die Diele. Es war ein altes Haus. Der Fußboden bestand noch aus Holzbohlen. Sie ging, und sie hörte, wie sich die Bohlen bewegten und dabei knarrende Geräusche abgaben. Nicht alle Bretter hatten die gleiche Festigkeit. Einige waren zudem lose geworden und bewegten sich noch stärker.
Sie blieb vor der Kommode stehen. Das Licht einer Wandleuchte floß über das dunkle Holz.
Zwei Puppen saßen auf der Kommode.
In ihren Gesichtern regte sich nichts. Sie blieben starr, aber die dunklen Augen starrten Irielle unverwandt an. Über die Lippen der Frau glitt ein Lächeln. Sie sah jetzt aus wie eine Person, die informiert war und sehr viel mehr wußte, dieses Wissen allerdings für sich behalten wollte. Auf ihren Armen spürte sie das Kribbeln. Die Kanten von starrem Herbstlaub streiften unsichtbar darüber hinweg. Es war wie eine Botschaft, die sie noch nicht verstand.
Aber in ihr baute sich eine Ahnung auf.
Sie wußte plötzlich, daß die folgende Nacht sehr wichtig für sie werden würde. Dort braute sich etwas zusammen. Sie dachte auch daran, daß ihr kleines Theater so gut wie fertig war. An diesem Abend wurde noch letzte Hand angelegt.
Es hatte keine Schwierigkeiten gegeben, die
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