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Der Puppen-Galgen

Der Puppen-Galgen

Titel: Der Puppen-Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zerbrach.
    Sie wurde zerstört, zerfiel in zahlreiche Einzelteile, für die Jane keinen Blick hatte, denn etwas anderes stach ihr ins Auge. Auf dem Boden, vor ihren Füßen und auch noch vor der Kommode, wo kein Teppich lag, breitete sich der rote Fleck aus, der an den Seiten auseinandergespritzt war.
    Blut…
    Das alte Blut.
    Mit ihm war der Körper dieser Puppe gefüllt gewesen, und dafür mußte jemand verantwortlich sein.
    Jane haßte es, von dem kleinen, runden Gesicht angestarrt zu werden.
    Einen Moment später trat sie zu. Ihr Absatz traf das Gesicht. Der ganze Kopf zersplitterte.
    Dann trat sie zurück und holte tief Luft, auch wenn sie den Geruch des alten Blutes einatmete. Jedenfalls war hier einiges faul und ging nicht mit rechten Dingen zu. Sie war vom Regen in die Traufe geraten, denn dieser Fall entwickelte sich allmählich für sie zu einem persönlichen Horror-Gebilde. Und der Eindruck, hier im Haus gefangen zu sein, verstärkte sich noch mehr.
    Jane drehte sich um. Sie hatte einfach den Drang gespürt, es tun zu müssen.
    Vor Jane lag das Zimmer im weichen Licht der Wandleuchten. Sie sah am gegenüberliegenden Ende den offenen Durchgang in die große Diele, es hatte sich also nichts verändert. Sie konnte also den Raum verlassen.
    Jane tat es trotzdem nicht. Etwas hielt sie davon ab. Sie schaute sich um. Dabei stießen ihr immer wieder die Puppen ins Auge.
    Wieder erinnerte sie sich an das häßliche Knacken. Mehr denn je konnte sich Jane vorstellen, daß einem dieser kleinen Wesen kurzerhand das Genick gebrochen worden war.
    Da mußte es eine Kraft gegeben haben, die dafür verantwortlich war. Ihr kam auch der Gedanke, daß sich zwei Puppen gegenseitig gestritten und bekämpft hatten. Und eine hatte halt verloren…
    Die meisten Puppen saßen an der linken Seite. Dort hatten sie mehr Platz, denn die rechte Wand wurde von drei Fenstern unterbrochen. Die langen Vorhänge sahen im Licht aus wie düstere Schatten. Ihre Enden pendelten dicht über dem Boden. Sie bewegten sich hin und wieder sehr langsam, wenn ein warmer Strom an ihnen entlangstrich.
    Jane drehte ihren Kopf nach links. Ja, da hockten sie kompakt. Auf den Sesseln, auf der Couch, und wieder strich es kalt über ihren Rücken, weil sie einfach den Eindruck hatte, daß die Puppen genau darüber informiert waren, was geschehen war.
    »Allmählich mache ich mich selbst verrückt!« flüsterte Jane. Ihr Blick streifte über die Gesichter hinweg. Über dunkle Knopfaugen, offene Münder, über die Wangen, die manchmal wie kleine Hügel vorstanden, und sie befürchtete, in eine Falle geraten zu sein.
    Hatten die Puppen die Köpfe gedreht? Warteten sie nur darauf, daß Jane den einen oder anderen Schritt vorging, um dann angreifen zu können.
    Es war nicht einmal eine bewußte Bewegung, die Jane zur Waffe greifen ließ. Die Beretta trug sie nicht in der Handtasche. Sie steckte in ihrem Gürtel, wobei der locker fallende Pullover sie verdeckte. Jane zog die Pistole dann doch nicht. Sie strich nur mit den Fingern über den Griff.
    Denn sie fand es lächerlich, die Waffe wegen ein paar Puppen zu ziehen. Keine Puppe tat ihr etwas. Jane wollte nicht durchdrehen, nicht einfach losballern. So ruhig wie möglich ging Jane Collins den ersten Schritt nach vorn, um das Zimmer zu durchqueren.
    Nein, sie war nicht ruhig, auch wenn es äußerlich so wirkte. In ihrem Innern war sie zum Zerreißen gespannt. Sie schielte nach links, weil sie die kleinen, künstlichen Geschöpfe keinesfalls aus den Augen lassen wollte.
    Sie waren da.
    Sie hockten auf ihren Plätzen.
    Manche schief und mit ausgestreckten Beinen. Andere wieder sehr gerade, die Beine angezogen. Oft kamen Jane die Köpfe im Vergleich zum Körper zu groß vor. Sie konzentrierte sich auf die Augen, weil sie wissen wollte, ob sie beobachtet wurde.
    Es war nicht der Fall – oder einfach nicht festzustellen.
    Starre Augen. Dunkle Kreise inmitten von hellem Gelb oder Weiß.
    In ihrer Kehle war es trocken. Sie schluckte den alten Geschmack immer wieder hinunter. Manchmal kam es ihr vor, über dem Boden zu schweben oder ins Leere zu treten. Sie ging jetzt auf dem dicken Teppich, der einen Großteil des Zimmerbodens bedeckte. Kaum zu hören, vorbei an den sitzenden und stehenden Puppen.
    Kein Geschöpf bewegte sich.
    Jane konnte den Weg gehen, ohne behindert zu werden. Die Puppen waren die eigentlichen Herrscher in diesem Haus, das hatte sie längst herausgefunden. Sie hatten die Kontrolle übernommen, aber sie

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