Der Puppen-Galgen
Auftraggeberin angeht.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Das kannst du auch sein.« Ich berichtete Jane, was wir erfahren hatten.
Und ich glaube, sie war ziemlich geschockt, als sie es erfuhr.
Sie konnte es nicht glauben und sprach es auch aus. »Nein, John, das ist unmöglich. Du hast dich geirrt. Ich kenne die Frau. Ich habe oft genug mit Melle Fenton gesprochen. Und glaube mir, ich hätte schon gemerkt, wenn sie ein Zombie gewesen wäre.«
»Das haben auch wir uns gedacht.«
»Sie ist ein normaler Mensch, John.«
»Sollte sich der Kollege aus Romney so geirrt haben? Das kann ich nicht glauben. Ich akzeptiere einfach nicht, daß er mir irgendein Märchen erzählt hat. Sein Bericht klang wirklich überzeugend.«
»Es gab auch keine namentliche Verwechslung?«
Ich hatte schon herausgehört, daß Janes Frage mehr so dahingeredet war, um halt was zu sagen. »Nein, doch nicht bei diesem außergewöhnlichen Namen. Sie heißt ja nicht Smith.«
»Das stimmt.« Sie atmete tief ein. »Es ist ein Problem, das noch hinzukommt.«
»Wie meinst du das?«
»Zu den anderen hier. Ich bin jedenfalls allein. Irielle ist schon zu ihrem Theater gefahren. Die folgenden Stunden sind praktisch die letzten, die ich in ihrem Auftrag verbringen werde.« Sie lachte leise. »Morgen kann ich die Rechnung schreiben.«
»Immerhin etwas«, sagte ich. »Bist du erleichtert?«
»Schon…«
»Das klang aber nicht so.«
»Ich weiß, John.« Sie räusperte sich. »Ich will dir ehrlich sagen, daß mir die Atmosphäre hier im Haus nicht gefällt. Nichts gegen Puppen, aber wenn sie in Massen auftreten, mag ich sie auch nicht. Ich fühle mich dann beobachtet.«
»Kann ich verstehen. Willst du trotzdem bleiben? Sollen wir kommen?«
Sie überlegte.
»Sag schon!« drängte ich.
»Okay. Ich gebe euch Bescheid, sobald…«
»Nein, das gefällt mir nicht. Draußen ist es bereits dunkel geworden. Wir könnten uns in den Wagen setzen und zu dir kommen. Sechs Augen sehen mehr als zwei.«
»Gut, kommt. Aber laßt euch Zeit. Keine Hektik. Das Haus kannst du nicht sofort sehen, weil es in einem Garten liegt, versteckt hinter Bäumen. Aber du kannst bis auf das Grundstück fahren. Es gibt da eine offene Zufahrt.«
»Ist es groß?«
»Für eine Person schon. Aber wenn du die Puppen hinzuzählst, würde ich es als ein großes Puppenhaus bezeichnen.«
»Gut, dann halte dich tapfer. Wir machen jetzt hier langsam Schluß, essen noch eine Kleinigkeit und sind dann weg.«
»Gut, ich warte.«
»Achte auf die Puppen, Jane.«
»Keine Sorge, ich halte die Augen offen.«
»Du siehst nicht beruhigt aus«, sagte Suko, als ich den Hörer aufgelegt hatte.
»Das bin ich auch nicht. Abgesehen von den zahlreichen Puppen, die mir schon rätselhaft vorkommen, denke ich noch immer darüber nach, was Donaldson gesagt hat.«
Wir schauten uns an. Suko lächelte. »Mich würde schon interessieren, wie eine Frau aussieht, die sich Melle Fenton nennt.«
»Mich auch, Suko. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Hast du nicht was von einem kleinen Imbiß gesagt?« fragte er beim Aufstehen. »Ja.«
»Wo willst du mir denn einen Imbiß ausgeben?«
»Laß dich überraschen.«
Er schwieg, aber seine Blicke sprachen Bände. Sie schienen schon nach Fisch & Chips zu riechen…
***
Jane Collins schaute den Telefonhörer an und sah, daß ihre Haut feuchte Flecken auf dem Material hinterlassen hatte. John Sinclairs Bericht hatte sie nicht eben ruhiger werden lassen. Daß Melle Fenton mit einer derartigen Vergangenheit belastet gewesen war, damit hätte sie nie im Leben gerechnet. Das wollte ihr einfach nicht in den Kopf. Das war zuviel für sie. Damit kam sie nicht zurecht.
Sie war aus dem Sarg gestohlen worden. Sie war tot gewesen. Aber sie lebte, und Jane hatte sie als einen normalen Menschen eingestuft und nicht als eine lebende Leiche.
Da stimmte was nicht. Irgendwo liefen die Fäden quer und bildeten ein Knäuel, das nur schwer zu entwirren war. Bisher war die Fenton für Jane Collins eine rätselhafte Person gewesen, nun kam ein noch größeres Rätsel hinzu.
Nein, sie war kein Zombie.
Sie bewegte sich wie jeder normale Mensch. Sie atmete, sie sprach, sie ging, sie handelte, sie benahm sich wie ein Mensch.
»Ja, sie ist ein Mensch!« flüsterte Jane und nickte sich dabei selbst zu.
Dann drehte sie sich um. Daß John und Suko vorbeischauen wollten, gefiel ihr sehr. Es beruhigte sie.
Die alten Möbel mochten zwar einigermaßen zueinander passen, aber sie waren
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