Der Puppen-Galgen
verursacht hatte. Füße…?
Jane reagierte und ging den Weg zurück. Diesmal mit längeren und schneller gesetzten Schritten. Jane wußte, daß sie etwas erwartete, sie rechnete mit vielen Dingen und vor allen Dingen damit, daß die Falle zuschnappte.
Das Licht ließ sie an, als sie vor dem Beginn der Treppe stehenblieb.
Trotzdem war die Nervenanspannung groß.
Die Detektivin schaute die Stufen hinab, und sie entdeckte die Veränderung der Diele.
Die Puppen hatten sich aufgebaut und erwarteten sie.
Sie bildeten vor der untersten Treppenstufe einen Halbkreis und schauten demonstrativ die Treppe hoch.
Jane starrte hinab. Dabei wurde ihr eines klar: Jede dort unten wartende Puppe war ihr Todfeind!
***
Irielle Fenton konnte zufrieden sein. Es war alles so eingetroffen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Jane Collins gab auf die Puppen acht, und es stimmte auch, daß es die letzte Nacht war, die von Irielle bezahlt wurde.
Aber wahrscheinlich auch die letzte Nacht oder die letzten Stunden, die Jane erlebte. Mallmanns Rache stand noch bevor. Das hatte Irielle nicht vergessen.
Den Wagen hatte sie an einer Mauer geparkt, direkt unter einer Laterne.
Die Frau hoffte, ihn noch so vorzufinden, wie sie ihn verlassen hatte.
Der Wind war frischer geworden. Die Frau schlug den Kragen ihres Mantels in die Höhe, drehte sich und verließ die schmale Sackgasse, um eine nur spärlich befahrene Straße zu überqueren. Sie wollte zu ihrem Theater, das nur durch einen Hinterhof zu erreichen war. Sollte jemals eine Vorstellung stattfinden, würde Melle noch für Hinweisschilder sorgen müssen.
Es war keine Zeit und kein Wetter für Menschen, die ihr Vergnügen suchten. Entsprechend leer war diese Gegend auch. Die dunklen und hohen Fassaden der Häuser wirkten auf sie beinahe wie die Mauern eines Gefängnisses. Licht und Schatten wechselten sich ab. In vielen Wohnungen brannte noch Licht.
Melle ging zügig. Sie achtete nicht auf andere Passanten. Sie hatte ein Ziel und wollte es so rasch wie möglich erreichen.
Wenig später war Melle Fenton in der Einfahrt verschwunden, eingetaucht in die Dunkelheit, die sie wie ein Maul verschlang.
Auf dem Hof war nicht viel zu sehen. Die Mülltonnen standen wie graublaue Gebilde im Licht eines Küchenfensters.
Melle passierte sie. Ein Hund kläffte irgendwo. Dem Tier schien es nicht zu gefallen, daß es fremde Schritte hörte.
Melle ging weiter. Sie mußte auf die linke Seite, wo die alte Steintreppe zu der grauen Kellertür hinunterführte.
Melle betätigte den Lichtschalter, um nicht zu stolpern.
Das Licht der durch dickes Glas geschützten Lampe war kalt und fiel über die Stufen hinweg bis hin zu der in einer kleinen Nische liegenden Tür. Ein Fremder hätte sich schon gewundert, welcher Raum dahinter lag, denn von außen sah alles sehr trist aus. Einen zweiten Zugang zum Hausflur gab es ebenfalls, aber der diente als Notausgang.
Melle Fenton wollte die Treppe hinabsteigen, als sie plötzlich stehenblieb. Geräusche hatten sie aufgeschreckt, die ihr überhaupt nicht gefielen.
Jemand rannte auf sie zu, hechelte und knurrte dabei.
Melle dachte an das Bellen. Sie ahnte, daß sich der Hund aus dem Versteck gelöst hatte und auf sie zulief.
Sie drehte sich und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Aus dem finsteren Grau sprang der Körper hervor. Melle befürchtete, von dem Tier angefallen zu werden. Sie verkrampfte sich unwillkürlich, aber die kniehohe Promenadenmischung huschte an ihr vorbei und sprang mit langen Sätzen die Treppe hinunter.
Der Hund stolperte auf den letzten Stufen, fing sich wieder und stand kurz darauf dicht vor der Kellertür.
Melle Fenton stand jetzt am Rand der Treppe. Sie begriff das Verhalten des Hunds nicht. Er hatte sich auf die Hinterpfoten gehockt, den Kopf angehoben und heulte die Tür an. Er zitterte dabei, als fürchtete er sich, schaute auch mal zu der wartenden Frau hoch, die sich über das Verhalten des Tiers ihre Gedanken machte. Aus Spaß verhielt sich der Hund nicht so, das war klar.
Allmählich klang das Heulen ab, doch es verstärkte sich wieder, als Melle zur Tür hinunterging.
Das Tier wollte sie warnen, das war klar.
Nur nicht den Keller betreten!
Neben dem Hund blieb sie stehen. Der schaute sie an, stand auf, bellte zweimal, rieb seinen Körper an ihren Beinen, und Melle fuhr ihn mit scharfer Stimme an. »Geh schon weg! Los, verschwinde! Du hast hier nichts zu suchen.«
Vor dem offenen Maul des Tieres dampfte der Atem.
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