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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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einst verführt hatten, zu einem Rund und verschränkte die drallen Arme vor der Brust. Dann stürzte sie sich aufs Telefon.
    Madeleine wollte einfach nicht einsehen, dass sie sich mitten im Scheidungsprozess befanden. Marcel zuckte die Achseln: Es war aus mit Madeleine, zu lange schon ließ sie ihm keine Luft mehr zum Atmen. Er durfte sich nicht länger von ihr erdrücken lassen.
    In der Ferne sah er einen seiner Kollegen vorübergehen und dachte bei sich, dass sie wirklich wie amerikanische Cops aussahen in ihrer neuen Aufmachung - blaues Hemd mit Epauletten und Schirmmütze. Madeleine sagte, mit Schirmmütze oder Käppi - Idiot bleibt Idiot. Nein, wir hatten doch gesagt: Schluss mit Madeleine! Er verjagte das Bild seiner üppigen und rachsüchtigen Frau wie eine lästige Fliege und dachte erneut an seine grausige Entdeckung vom Vortag.
    Der Mörder hatte unmöglich am Fundort agieren können. Er hatte an einem Ort operiert, wo er die Leichen zusammentragen und ungestört seiner makabren Inszenierung nachgehen konnte. Warum hatte er sein … sein Werk in dieser Sackgasse mitten im Stadtzentrum deponiert? Es dürfte doch einigermaßen gefährlich sein, mit so einem Ding im Wagen herumzukutschieren! War das Verbrechen ganz in der Nähe geschehen? Vielleicht wohnte der Mörder hier?
    Man hatte das Mädchen inzwischen identifiziert. Ihr Mann hatte sie heute Morgen auf dem Zeitungsfoto erkannt. Ein Schwarzweißbild, das im Leichenschauhaus aufgenommen worden war und nur das Gesicht zeigte, die Augen geschlossen. Die Kassiererin eines Supermarkts; sie war vor zwei Tagen als vermisst gemeldet worden. Nach der Arbeit hatte sie die kleine Grünanlage durchquert, bevor sie zerstückelt worden war; sie war nie zu Hause angekommen.
    Ihr Mann hatte völlig verstört gegen elf Uhr abends die Polizei angerufen. Die Kollegen der Verstorbenen hatten bestätigt, dass sie immer die Abkürzung durch die Grünanlage nahm; wegen der vielen dort dealenden Kids meinte sie nichts zu riskieren. Es war gut möglich, dass der alte fixende Clochard auch häufig in der Grünanlage gewesen war. Vielleicht wohnte der Mörder ganz in der Nähe. Aber Marcel Blanc war nicht beauftragt, die Ermittlungen zu führen. Er war damit beauftragt, den Alten über die Straße zu helfen und die Hunde daran zu hindern, auf die Blumen rings um das Kriegerdenkmal zu pinkeln, das in der Mitte des Platzes neben dem Brunnen stand.
    Warum zum Teufel mussten all die Touristen immer so laut schreien? Der Schweiß rann ihm unter dem Schirm seiner Mütze über die Stirn. Marcel trocknete sich diskret die Augen, sein roter Schnauzbart war klitschnass.
    Der Vierzehn-Uhr-Bus bremste abrupt, verfehlte um Haaresbreite einen Roller, dessen Fahrer brüllte: »Alte Schwuchtel!«, woraufhin der Chauffeur zurück schrie:
    »Verpiss dich!« Marcel seufzte. Die Türen öffneten sich quietschend, und die junge Frau mit der Tätowierung stieg aus. An der einen Hand hielt sie ihren kleinen Sohn, in der anderen ihre Einkaufstasche, und sie unterhielt sich mit einem alten Mann im grauen Polyesteranzug, der ihr etwas Unverständliches zurief.
    Marcel pfiff automatisch hinter einem Kerl her, der bei Rot über die Ampel gefahren war. Die junge Frau drehte sich nach ihm um. Wie dämlich er mit dieser Trillerpfeife aussehen musste! Der schuldige Autofahrer setzte eine Unschuldsmiene auf.
    Von wegen, dachte Marcel wütend, wirst schon sehen, Dreckskerl, du bekommst die Höchststrafe aufgebrummt.
    Es war kühl in der Werkstatt. Einen glimmenden Zigarettenstummel zwischen den schmalen Lippen, spielte der kleine Mann mit dem Medaillon des Heiligen Christopherus, des Schutzheiligen der Reisenden und Autofahrer, das er immer am Hals trug. Über den Motor von Jeanneaux' Wagen gebeugt, dachte er nach.
    Heute Abend werfe ich die Reste am Strand weg. Eine nette Überraschung für die Fischer am nächsten Morgen. Mal was anderes als die Quallen und die Plastiktüten. Und dann, übermorgen, die Riesenschlagzeile in der Zeitung, zum Kaffee zu genießen, während Marcel malochte. Mir gefällt 's, wenn es über die ganze Seite abgedruckt ist. Zu wissen, dass man von mir spricht, von meinem Werk. Zu wissen, dass sich nach dem Ekel und den Schreien, die Angst in ihnen breit macht, schleichend, heimtückisch. Und das war erst der Anfang, Jungs … Übrigens wird es Zeit, sich nach was Neuem umzusehen.
    Das Medaillon schaukelte über dem Vergaser, den er mit einem Lumpen putzte. Ja, nach was Neuem, etwas

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