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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Kobold. Neulich hatte er Papas Wagen repariert, der nicht mehr anspringen wollte. Er rief sie, ohne die Stimme zu heben:
    »Juliette, schau mal her! Ein kleines Kätzchen .«
    »Ich hab keine Zeit, ich muss Milch holen!«
    »Jemand hat es dort ausgesetzt, es wird sterben. Willst du es nicht mit nach Hause nehmen?«
    »Wir haben doch schon einen Hund . Wo ist das Kätzchen denn? Ist es noch ein Baby?«
    »Ja, es ist winzig, sieh nur, da hinter dem Busch .«
    Alles, was Juliette sah, war gelbes trockenes Gras. Zwei kräftige Hände legten sich fest um ihren Hals, ein spitzes Knie stieß ihr in den Rücken, und ihr junges Genick brach wie das eines Kätzchens. Der Mann öffnete seine große Sporttasche aus wasserfestem Stoff (Geschenk eines Versandhauses) und stopfte das Kind hinein. Knack-knack, hatte das brechende Genick gemacht.
    Pfeifend ging er davon. Die Melodie aus Fritz Längs M- Eine Stadt jagt einen Mörder, weil es ihn amüsierte. Er hatte schon alles Mögliche über Mörder gelesen. Über ihre Psyche und bla, bla, bla. Nie die Wahrheit, versteht sich. Man muss wissen, dass wir zu einer höheren Rasse gehören. Dass wir anderen Gesetzen gehorchen, die euren Gesetzen überlegen sind. Auf alle Fälle wollten die Psychologen, die Psy, dass alle gleich sind, in die Gesellschaft integriert, jeder schön an seinem Platz wie die Geschirrtücher, die Servietten und die wohl behüteten Kühe. Alles, was nicht ins Schema passt, wird entfernt - schnippschnapp! Alles, was die Behörden zu sagen hatten, war, dass er ein schweres Trauma durchgemacht hatte, das ihn daran hinderte, sich normal zu entwickeln.
    Zehn Jahre lang hat es mir der Psy eingehämmert, dort, auf der Müllkippe für Menschen, wo man mich hat dahinvegetieren lassen: »Du hast ein schweres Trauma durchgemacht. Ein Trauma, das dich daran gehindert hat, dich normal zu entwickeln. « Und das, weil ich einem hirnlosen Haufen Fleisch, mit dem ich gezwungen wurde zu reden, ein Ohr abgerissen hatte. Traumatisch ist es, hier eingesperrt zu sein, mit den Abfällen der Menschheit, die sich bepinkeln, und eure Gehirnwäsche zu ertragen; ich habe gedacht, ohne zu antworten, und meinem Mund den Befehl erteilt, zuzustimmen, und den Augen, sich leidenschaftlich zu geben. Ich bin ein Alien, der gezwungen ist, wenig Profil zu zeigen, damit die falsche Haut, in der ich stecke, keine Risse aufweist.
    Ich gehorche der Stimme meiner Natur, weil es meiner Natur entspricht. Macht man etwa den Wölfen, den Bären, den Raubtieren einen Vorwurf daraus? Hat ein Wolf etwa Lust, sich selbst in Frage zu stellen? Sich selbst zu akzeptieren ist der Schlüssel zum Erfolg. Buddha hat gesagt: »alles ist Wandel«, jedes Mal, wenn ich das Schicksal verändere, beschleunige ich die Vollendung eines Zyklus. Nur dass mich das einen Dreck schert. Was zählt, ist, dass es mich stimuliert. Das ist die wahre Wirklichkeit. Der Rest ist nichts als Bücherweisheit … Das ist wie bei den Typen, die sich am Geld oder am Gipfelstürmen berauschen. Du musst immer höher, immer weiter, immer schneller, immer irgendwas mehr, du bist süchtig. Bis zum Rand voll mit Adrenalin. Ich bin eine schussbereite Kanone, bin Kugel und Rohr, Munition und Artillerist zugleich.
    Der König der Raubtiere.
    Und sie, sie sind Vieh, das mir von Mutter Natur bereitgestellt wird. Dumme, engstirnige Tiere, dafür geschaffen, meinem Werk zu dienen.
    Mit einem Seufzer der Erschöpfung stellte Madeleine die gefüllten Ravioli auf den Tisch. Bei dieser Hitze einkaufen gehen, welche Qual! Und auf Marcel mit seinen unmöglichen Dienstzeiten war auch nicht zu zählen. Na ja, der Dreckskerl war ihr nie eine große Hilfe gewesen. Sollte er doch Leine ziehen, sich scheiden lassen, nachdem sie die schönsten fünfzehn Jahre ihres Lebens für ihn geopfert hatte!
    Sie wäre fast in Tränen ausgebrochen.
    Marcel rührte grüblerisch in dem Ravioli-Magna auf seinem Teller und dachte an die Frau aus dem Autobus. Erstens war sie sicher verheiratet, und vielleicht sprach sie nicht einmal Französisch … Die schrille Stimme von Madeleine durchbohrte ihm das Trommelfell.
    »Sie sind zum Kotzen? Sag's nur, sie sind zum Kotzen!«
    »Was?«
    »Die Ravioli!«
    Was belästigte sie ihn mit ihren blöden Ravioli? Es war schon großzügig von ihm, dass er überhaupt mit ihr aß! Er spürte den Zorn in sich hochschießen wie den Dampf im Teekessel.
    »Ja, sie sind zum Kotzen. Und um mitten im Sommer Ravioli zu machen, muss man verrückt sein!«
    »Maman,

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