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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Plastiktüte natürlich nicht eben leicht war, und außerdem hatte er ihm gleich einen Stich in die Brust versetzt, tief ins Herz. Er schnippte seine Zigarettenasche ins Spülbecken.
    Das größte Problem war gewesen, sie unbemerkt in den Lieferwagen zu befördern. Zum Glück hatte er den großen Werkzeugkasten auf Rädern im Wagen - für den Kompressor. Niemand achtete auf die Kerle im Blaumann, die irgendwas mit sich rumschleppen.
    Doch wenn dieser Idiot von Marcel Blanc glaubte, niemand hätte etwas von seinem Herumgetue mit dieser Frau bemerkt! Viel zu dunkle Haut . auf dunkler Haut dürften die Einschnitte weniger deutlich zu sehen sein. Wie bei einer Zeichnung auf grauem Papier. Oder man müsste tiefer schneiden, damit das Rosa des Inneren zu Tage trat. Alles nur eine Frage der Kontraste. Na ja, jeder nach seinem Geschmack .
    Was ihn betraf, so hatte er eine Vorliebe für große Blondinen mit Silikonbusen und Sommersprossen. Was leider nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.
    Herblain, der Gerichtsmediziner, den die Polizisten vertraulich »Doc 51« nannten, setzte sich auf den Schreibtisch von JeanJean, der dabei war, Stapel vergilbter rosafarbener Akten mit klinikgrünen zusammenzuheften. Jean-Jean schwitzte. Es war heiß und schwül, ein regelrechtes Tropenklima. Das Gewitter staute sich im Vorgebirge, die Fliegen waren lästig und alle übelst gelaunt. Er hob die Augen zu Herblain, musterte das hagere, faltige Gesicht, um irgendeine Information darin zu lesen. Seit seiner Zulassung als Assistenzarzt hatte es sich Herblain zur Gewohnheit gemacht, seine Gefühle in Litern von Pastis, Marke 51, zu ertränken, daher sein Spitzname, und so schwebte er unentwegt auf einer Wolke guter Laune. Mit einem Taschentuch, das mit Auswurf besudelt war, trocknete er seine Stirn, um es anschließend, sorgfältig gefaltet, wieder einzustecken.
    »Hab so was noch nie gesehen …«, seufzte er. »Ein echtes Puzzle!«
    Er stieß ein kleines trockenes Lachen aus, das in Husten überging, den rauen Husten der Alkoholiker.
    Ein nach Maß zugeschnittenes Puzzle aus Menschenfleisch, sagte sich Jeanneaux finster.
    »Der Körper dürfte um die dreißig sein«, fuhr Herblain fort, als sich der Husten gelegt hatte, »er gehört zu einem kräftig gebauten, stark behaarten, kerngesunden Mann. Der Kopf: eine junge Frau von fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, würde ich sagen. Und die Arme, ja, die Arme, die gehören zu einem alten Mann von mindestens fünfundsiebzig Jahren, ich tippe auf einen Clochard, denn die Arme sind zerstochen wie ein Sieb.«
    »Womit zerstochen?«
    »Mit einer Nadel, Kommissar, wahrscheinlich mit Heroin oder billigem Fusel gefüllt! In welchem Zustand sich wohl der Rest befindet …«, fügte er mit heiterer Miene hinzu.
    »Der Rest?«
    »Die Reste, besser gesagt. Nun ja, mein kleiner Jeanneaux, der menschliche Körper besteht nun mal aus zwei Armen, zwei Beinen, einem Rumpf, einem Kopf, also müssen die fehlenden Teile unseres Multi-Opfers zwangsläufig irgendwo sein. Wie auch immer, ich muss jetzt gehen, meine Enkeltochter hat Geburtstag …«
    »Bestellen Sie ihr schöne Grüße von mir. Eine Frage noch: Um menschliche Körperteile zusammenzunähen, braucht man doch sicher eine große Nadel, oder?«
    »Eine Chirurgennadel oder eine von diesen dicken Nadeln, mit denen man Jeans oder Leder näht. Sie wissen ja, Haut ist leicht zu durchlöchern!«
    »Kann man nicht rausbekommen, woran sie gestorben sind?«
    »Unmöglich! Alles, was wir haben, ist in gutem Zustand.
    Wenn es Spuren gibt, dann auf den fehlenden Teilen. Na ja, Jean-Jean, Sie werden sie schon finden, was?«
    »Vielleicht auf dem Fundbüro, mit etwas Glück. Also Wiedersehen, Doktor, ha, ha, ha!«
    Hinter der Rauchwolke seines ewigen Zigarillos versteckt, war Costello dem gezwungen heiteren Wortwechsel gefolgt. Der arme Jean-Jean war wirklich nicht zu beneiden.

KAPITEL 2
    Der Polizeibeamte Marcel Blanc träumte auf dem großen Platz vor sich hin. Heute war es noch heißer, kein Windhauch regte sich. Geschmolzenes Blei, wie es in den Büchern hieß. Er dachte an den vergangenen Abend zurück: Anstatt ihm, wie gewohnt, eine Szene zu machen, hatte Madeleine ihn wie einen Helden gefeiert. Zum ersten Mal in ihren fünfzehn gemeinsamen Jahren kümmere er sich um etwas Interessantes!, hatte sie verkündet und ihre gebleichte Mähne geschüttelt. Ein abscheulicher Mord, von dem sie sofort all ihren Freundinnen erzählen müsse! Sie formte die fleischigen Lippen, die ihn

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