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Der Puppendoktor

Der Puppendoktor

Titel: Der Puppendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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Brandneuem. Er hob den Kopf, suchte den Platz mit den Augen ab. Die Kleine mit dem gelben Rucksack, die gerade Zigaretten für ihren Vater kauft, warum nicht? Sie ist zum Anbeißen … Wie heißt sie gleich noch? Ach ja, Juliette. Juliette, ein hübscher Name für eine Leiche.
    In diesem Moment kreuzte Jeanneaux auf, wie immer in Eile, wie immer schlecht gelaunt. Ein mieser Vollidiot, dieser Jeanneaux … Hält sich für einen Knallharten, macht einen auf » Lethal Weapon«, du sollst es kriegen, dein Opfer der tödlichen Waffe! Er warf den Zigarettenstummel auf den Boden und zertrat ihn sorgfältig wie eine Kellerassel.
    Los, ihr Augen, rauf mit euch, seht ihn an, den Mund halb offen, die Miene auf blöd geschaltet.
    Wie blöd dieser Kerl dreinschauen konnte! Jean-Jean pflanzte sich vor ihm auf, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Na, ist er fertig?«
    Die Stimme, perfekte Nachahmung eines Mechanikers Ende des zwanzigsten Jahrhunderts.
    »Nein, ich weiß nicht, was er hat, es muss die Zündung sein, aber keine Sorge, ich kümmere mich drum …«
    »Es ist immer dasselbe! Gut, ich komme um fünf wieder vorbei. Ist er bis dahin fertig?«
    »Aber sicher! Schönen Nachmittag noch, Herr Kommissar«, sagte der kleine Mann zu Jean-Jean, der sich eilig entfernte.
    »Schönen Nachmittag, Zwerg!«, zischte Jeanneaux zwischen seinen strahlend weißen Zähnen.
    Alles Nullen in dieser Werkstatt, dachte er bei sich. Er war von Nullen und Flaschen umgeben, die ständig nur jammerten und ihre kleinen Sorgen vor aller Welt ausbreiteten. Vor dem Schaufenster einer Parfümerie blieb er stehen, um sich zu vergewissern, dass sein eierschalenfarbenes Versace-Hemd richtig in seiner cremefarbenen, perfekt geschnittenen Hose steckte - eine kleine Extravaganz, die er sich in London hatte maßschneidern lassen. Er beugte sich vor, um einen Fussel von seinen rotbraunen Wildlederschuhen zu entfernen, und setzte den Weg mit einem geheimnisvollen Lächeln auf seinem kantigen Gesicht fort.
    Am Dienstagmorgen um sechs Uhr wollte sich ein junger Holländer, der am Strand geschlafen hatte, erleichtern und stolperte über eine feuchte Matratze.
    Da er nach genauer Untersuchung feststellte, dass die Matratze mit Gliedern und Augen ausgestattet war, begriff der Holländer - wenngleich infolge des Genusses verbotener Substanzen völlig high -, dass er es mit einer Leiche zu tun hatte, deren Beerdigungstermin längst überschritten war, und fing erbärmlich an zu schreien, bis beunruhigte Anwohner die Polizei alarmierten.
    Die besagte Leiche stellte sich als eine Art morbides Patchwork heraus: zwei Beine eines alten fixenden Clochards, der Rumpf einer Supermarkt-Kassiererin in Arbeitskleidung und der Kopf eines bärtigen Dreißigjährigen - das Ganze mit festem schwarzem Zwirn zusammengenäht, ähnlich wie Fischer ihre Netze flicken, was für eine Leiche, die an den Strand gespült wird, durchaus passend war.
    Während er sich die Hände an seinem Taschentuch abwischte, erklärte Doc 51 - der Atem durchtränkt von Anisgeruch, der auch durch den ständigen Verzehr von Pfefferminzbonbons nicht zu vertuschen war -, dass die Leichenteile stellenweise irgendwie abgekaut, angeknabbert, eben angebissen worden waren … So war es, angebissen von menschlichen Zähnen!
    Woraufhin sich Jean-Jeans Sekretärin erbrach, allerdings in ihre leere Kaffeetasse, was von einer Selbstdisziplin zeugte, für die sie anschließend von Jean-Jean in der verriegelten Toilettenkabine belohnt wurde.
    Es war Donnerstag, und alles war ruhig.
    »Juliette! Geh Milch holen, bitte!« »Ach, Maman! Später, jetzt laufen gerade Video-Clips!«
    »Juliette, mach sofort den Fernseher aus und geh Milch holen!«
    »Es ist doch schon dunkel …«
    »Red keinen Blödsinn und beeil dich!«
    Juliette schaltete den Fernseher aus und lief hüpfend hinaus. Der heiße Wind strich über ihre Haut wie der Luftstrahl aus einem auf Höchststufe gestellten Föhn. Sie hatte Lust auf eine eiskalte Coca Cola. Wie nervig ihre Mutter sein konnte .
    Der kleine Mann absolvierte sein Jogging, wobei er ständig nach der Kleinen Ausschau hielt. Wegen der Hitze waren wenige Leute unterwegs. Am Ende des Weges entdeckte er sie plötzlich. Beim Gedanken an ihre zarte Haut krampften sich seine Bauchmuskeln zusammen .
    Die Kleine trällerte irgendwas Idiotisches aus dem Fernsehen vor sich hin. Wie jedes Mal, wenn sie ihm begegnete, lächelte sie ihm zu. Sie mochte ihn, weil er Grimassen schnitt; er hatte etwas von einem

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