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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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nicht, trotz ihres hohen Alters. Hätte sie ihr Fernglas benutzt, dann wäre ihr aufgefallen, dass sie sich irrte.
    Dem Anschein nach hatte Ben der kleinen Annette bereits das Genick gebrochen, sonst hätte sich das Kind gegen den rohen Griff zur Wehr setzen, hätte schreien und strampeln müssen, meinte Gerta. Nichts dergleichen geschah. Das Kind rührte sich auch nicht, als Ben es ins Gras legte.
    Er schaute sich aufmerksam um, entdeckte Gerta am Fenster und hob eine Hand, als wolle er ihr zuwinken. Aber in der Hand hielt er das Messer. Gerta Franken sahihn zustechen, wieder und wieder. Sie sah ihn das zerfetzte Kleidchen von dem leblosen Körper reißen, sah, dass er sich auf das Kind legte. Sie sah sogar die unschamhaften Bewegungen, die er mit den Hüften ausführte.
    Wann und wo er das gesehen hatte, stand außer Frage: in der Mordnacht in ihrem Garten. Da hatte er auch die neuen Worte aufgeschnappt. Gerta Franken hatte den Mörder ebenso keuchen hören, als ihn ein Tritt an eine empfindliche Stelle traf. «Du verdammtes Rabenaas, dich mach ich kalt.»
    Dann stand Ben auf, vergewisserte sich noch einmal, dass Gerta unverändert auf ihrem Platz saß, griff nach einem Bein der vermeintlichen Leiche, zerrte sie hinter sich her zum offenen Pütz und ließ sie darin verschwinden.
    Als zwei Stunden später Hilde Petzhold mit dem Abendessen kam, saß Gerta Franken wie erstarrt am Fenster ihrer Kammer. Hilde kam die Treppe herauf und stutzte bei der Tür. «Ist dir nicht gut, Gerta?»
    «Er hat das Kind geschlachtet», sagte Gerta tonlos.
    Hilde Petzhold verstand nicht auf Anhieb, was gemeint war.
    «Das Lässler-Mädchen», sagte Gerta eindringlich. «Ben hat’s abgestochen und in den Pütz geworfen, wie der Kerl es letzten Sonntag mit Maria gemacht hat.»
    «Du bist ja verrückt», sagte Hilde Petzhold. «Maria geht es gut, kein Mensch hat ihr was getan.»
    «Ich hab’s aber gesehen», beharrte Gerta Franken.

22.   AUGUST 1995
    Erst am Dienstag fand die ergebnislose Suchaktion, die nicht auf den Bruch und das Bendchen beschränkt gewesen war, Erwähnung in der Presse. Mit unterschwelligem Tadel vonseiten eines für den Lokalteil zuständigen Journalisten, der nicht informiert worden war und auch nichts davon mitbekommen hatte, wurde der Stand der Ermittlungen bekannt gegeben.
    Es war der Polizeibehörde, also der Dienststelle in Lohberg, endlich gelungen, die beiden jungen Männer ausfindig zu machen, zu denen Marlene Jensen ins Auto gestiegen war. In dem Artikel hieß es, die Festnahme von Klaus P. und Eddi M. sei ausschließlich der Aufmerksamkeit des jungen Dieter K. zu verdanken. Gemeint war Dieter Kleu. Und unter anderen Umständen wäre seine «gewagte Aktion», wie die Presse es nannte, ein Grund zum Schmunzeln gewesen.
    Die Erniedrigung vor Marlenes Augen, die Klaus und Eddi ihm zugefügt hatten, ließ Dieter nicht ruhen. Wie Bruno vor Jahren Paul Lässler, Heinz Lukka und Erich Jensen grausame Rache geschworen hatte, weil er Maria nicht bekam, wollte auch Dieter seine Rivalen nicht ungeschoren davonkommen lassen. Da sein Vater ihm öffentliche Auftritte verboten hatte, solange er das Veilchen im Gesicht trug, legte er sich jeden Abend auf dem Parkplatz beim «da capo» auf die Lauer. Die Diskothek hatte auch wochentags geöffnet. Und am Samstag wurde seine Geduld belohnt.
    Am Abend vor der Suchaktion kamen Klaus und Eddi ins «da capo», als sei nichts geschehen. Diesmal versuchten sie ihr Glück bei Karola Jünger, einem sechzehnjährigen Mädchen aus dem Neubaugebiet am Lerchenweg.Auch Karola stieg kurz nach eins in der Nacht in den Fond ihres Wagens, zusammen mit Eddi. Klaus klemmte sich hinters Lenkrad und steuerte den Feldweg an, auf dem man den Lässler-Hof erreichte, wenn man nicht bei Lukkas Bungalow links abbog. Klaus bog ab. Und Dieter Kleu nichts wie hinterher mit ausgeschalteten Scheinwerfern.
    Etwa auf Höhe der mit Stacheldraht umzäunten Apfelwiese kam der Wagen zum Stehen. Dieter hielt ebenfalls in entsprechend sicherem Abstand, knapp hinter Lukkas Bungalow. Anschließend musste er sich noch einmal in Geduld fassen. Karola Jünger hatte nichts dagegen, sich mit Eddi im Wagenfond zu vergnügen. Als sich jedoch Klaus ebenfalls nach hinten setzte, wurde es ihr zu viel. Nach einer heftigen Rangelei fand sie sich auf dem Feldweg wieder. Tasche, Jacke und andere Kleidungsstücke wurden ihr hinterhergeworfen, der Wagen mit Klaus und Eddi raste davon.
    Dieter Kleu las das verstörte Mädchen auf

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