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Der Puppengräber

Der Puppengräber

Titel: Der Puppengräber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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gerne gesehen hätte.
    Dann sei Lukkas Köter aufgetaucht, der sich ja regelmäßig in ihrem Garten verirrte. Und wo der Hunderschien, war der Herr nicht weit. Heinz Lukka habe zuerst nur auf dem Weg gestanden und darauf gewartet, dass der Hund seine Geschäfte erledigte. Nur war das Tier damit längst fertig und belästigte inzwischen die jungen Leute. Als Bruno den Köter verscheuchen wollte, sei Lukka aufmerksam geworden und habe Bruno den Hund auf den Hals gehetzt, weil er selber scharf auf Maria war. Der Rest sei frei erfunden, damit Maria keinen Ärger mit ihrem Bruder bekam und Erich Jensen nicht die Konsequenzen aus ihrer Unentschlossenheit zog. Immerhin ging Maria ja zu diesem Zeitpunkt schon regelmäßig mit Erich aus.
    Gerta Franken litt seit langem unter Schlaflosigkeit. Jede Nacht saß sie am Fenster ihrer Kammer. Von dort aus hatte sie einen ausgezeichneten Blick. Die meisten Feldwege waren bis Mitte der achtziger Jahre in einem sehr schlechten Zustand und nur für Traktoren gefahrlos nutzbar. Wer mit einem Wagen zum Bendchen hinausfuhr, riskierte es, in den tiefen Fahrspuren stecken zu bleiben. So trafen sich die meisten Paare auf dem breiten Weg, der hinter den Gärten vorbeiführte. Er war bereits asphaltiert. Und wer kein Auto hatte, verzog sich in Gerta Frankens Garten, wenn er ungestört sein wollte. Einige, die sich dort eine gemeinsame Stunde gönnten, waren verheiratet, aber nicht miteinander.
    In Gerta Franken hatte Ben sein Vorbild für die Benutzung eines Fernglases gefunden. Nach Anbruch der Dunkelheit zu erkennen, wer mit wem spazieren ging, in einem Auto saß oder sich im Gebüsch vergnügte, war unmöglich. Mit einem Nachtglas wurden die Gesichter deutlich und Gertas Berichte detailliert. In mehr als eine Ehe hatten diese Berichte einen Stachel getrieben. Und mehr als einer wünschte Gerta die Pest an den Hals.
    Wenn ihre Beine mitspielten, verbrachte sie jedensonnigen Nachmittag auf einer Bank am Marktplatz. Schräg gegenüber lag die Apotheke, darüber die große Wohnung von Erich und Maria Jensen. Daneben wohnte Heinz Lukka zur Miete. Und wenn ein Passant vorbeikam, lamentierte Gerta Franken, dass auch erbitterte Feinde gemeinsame Sache machten, wenn sie das gleiche Ziel verfolgten, nämlich eine arme, alte Frau aus dem Weg zu räumen.
    Erich, so behauptete sie, versuche seit langem, sie mit seinen Pülverchen unter die Erde zu bringen, um der Stadtkasse die paar Mark Sozialhilfe einzusparen, die sie zu ihrer kärglichen Kriegerwitwenrente bekam. Und Heinz hetze ihr jeden Abend seinen Köter auf den Hals, weil er sich ihr Grundstück unter den Nagel reißen wolle. Es solle sich nur niemand wundern, wenn sie eines Tages mit zerfetzter Kehle in ihrem Garten läge.
    Diese Behauptungen waren nicht völlig aus der Luft gegriffen. Erich Jensen hatte tatsächlich einmal gesagt, bei der alten Schreckschraube müsse doch der Natur ein wenig nachzuhelfen sein und sei es mit einem Schlaftablettchen. Es war ein Scherz gewesen. Aber Gerta Franken verstand keinen Spaß. Und dass Heinz Lukka mit ihrem Grundstück liebäugelte, war auch allgemein bekannt.
    Als der Rechtsanwalt sein Elternhaus verkaufte und die kleine Wohnung am Marktplatz mietete, mochte er sich wegen der Nachbarschaft noch Hoffnungen gemacht haben. Nicht nur Bruno Kleu hatte gelitten unter Marias Entscheidung für den Apotheker. Auch für Heinz Lukka war Paul Lässlers Schwester die große Liebe gewesen. Bruno hatte sich austoben und trösten können mit einigen Mädchen aus Lohberg, er war damals noch jung. Für Heinz Lukka bestand dagegen wenig Hoffnung, mit über vierzig noch eine Frau zu finden.
    Er musste jedoch einsehen, dass ihn auch die unmittelbareNähe Maria nicht näher brachte. Er wollte die Mietwohnung wieder gegen ein eigenes Haus tauschen, hauptsächlich, weil sein Vermieter etwas gegen Schäferhunde hatte und es für so ein großes Tier vorteilhaft wäre, mehr Platz zu haben. Wegen seiner beengten Wohnverhältnisse war Heinz Lukka gezwungen, dem Hund auf Feldwegen den nötigen Auslauf zu verschaffen. Dass er ihn bevorzugt auf dem Weg hinter den Gärten laufen ließ, lag nur daran, dass dieser Weg in gutem Zustand war und man ihn mit einem Auto ansteuern konnte. Aber man musste den Weg nicht unbedingt mit Hundekot verunreinigen, fand Heinz Lukka. Da schickte er das Tier lieber in Gerta Frankens Garten. Mit Mordabsichten hatte es nichts zu tun.
    Aber im August 80 geschah ein Mord – in Gerta Frankens Garten. Sie

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