Der Puppengräber
und brachte es zur Polizeistation nach Lohberg. Dort verwies er mit Nachdruck auf Marlene Jensen und seine Beobachtungen vom vergangenen Wochenende. Der wachhabende Beamte informierte den Dienststellenleiter. Über das Autokennzeichen ermittelte man Eddi, der Wagen war auf ihn zugelassen.
Und niemand kam auf den Gedanken, Dieter Kleu zu fragen, warum er sich das Kennzeichen nicht schon gemerkt hatte, als Marlene in den Wagen stieg. Es kam auch niemand auf den Gedanken, die Staatsanwaltschaft zu informieren und dafür zu sorgen, dass sich die Kriminalpolizei endlich um Marlene Jensens Verbleib kümmerte. Trotz der alarmierenden Umstände war dem Dienststellenleiter seine Freundschaft zu Erich Jensen immer noch wichtiger als alles andere, und Erich wollte um jeden Preis einen Skandal vermeiden.
Um sechs in der Früh holte man Eddi aus dem Bett, wenig später saß er zusammen mit Klaus im Verhör. Zu Anfang bestritten beide, mit Marlene Jensen auch nur ein Wort gewechselt zu haben. Mit den Aussagen der Zeugen konfrontiert, behaupteten sie, Marlene heimgefahren zu haben. Nicht vor die elterliche Wohnung. Sie hätten sie am Ortsrand aussteigen lassen. Darauf hätte sie bestanden, um ihren Vater nicht auf den Ausflug aufmerksam zu machen.
In der Zwischenzeit hatte sich jedoch ein Beamter Eddis Wagen vorgenommen und – eingeklemmt zwischen Sitz und Rückenlehne im Fond – zahlreiche Haare entdeckt, lang und hellblond, was zu Marlene Jensen passte. Darüber hinaus fand er im Fußraum zwei aus dem Stoff gerissene sternförmige Nieten. Und der Dienststellenleiter wusste von Maria Jensen, dass sich an der Jeanshose ihrer Tochter derartige Nieten befunden hatten.
Haare, Nieten und die Drohung, die Fortsetzung des Verhörs Erich Jensen zu überlassen, erzeugten den nötigen Druck. Klaus und Eddi räumten endlich ein, mit Marlene den gleichen Abstecher unternommen zu haben wie mit Karola Jünger. Und wie Karola hätten sie auch Marlene aussteigen lassen. Von aussteigen lassen konnte kaum die Rede sein. Sie hatten Karola halbnackt hinausgeworfen.
Klaus beteuerte, das hätten sie immer getan, wenn sich die Mädchen geweigert hätten, mitzumachen. Zum Beweis seiner Behauptung nannte er einige Namen. Sonntags nahm sich niemand die Zeit, seine Angaben zu überprüfen, da wurde jeder Mann gebraucht für die Suche. Erst am Montag kam man dazu, die genannten Mädchen zu befragen. Die meisten bestätigten, was Klaus behauptet hatte. Ein paar verweigerten die Auskunft.
Mit der siebzehnjährigen Svenja Krahl konnten die Beamtennicht sprechen. Sie wurde seit Juli von ihren Eltern vermisst. Es hatte sich nur niemand die Mühe gemacht, ihr Verschwinden bei der Polizei zu melden. Man hielt es auch jetzt für überflüssig, Anzeige zu erstatten.
Svenjas Stiefvater war arbeitslos und trank, es gab drei jüngere Geschwister, mit denen sich Svenja ein Zimmer hatte teilen müssen. Ihre Mutter hielt mit einigen Putzstellen die Familie über Wasser und vermutete seit langem, dass Svenja Drogen nahm. Sie hatte sich mehrfach am kargen Lohn ihrer Mutter vergriffen. Man ging davon aus, das Mädchen habe sich nach Köln abgesetzt. Die Polizei schloss sich dieser Meinung an. Der Presse gegenüber wurde der Name Svenja Krahl nicht erwähnt.
Jakob fand die Zeitung auf dem Küchentisch, als er abends von der Arbeit kam. Trude war nicht im Haus. Jakob las den Artikel aufmerksam und fühlte, wie sich seine Schultern zusammenzogen. Sollten die Angaben der beiden Festgenommenen den Tatsachen entsprechen …
Auf einem nächtlichen Feldweg gab es nicht viele Möglichkeiten einer zufälligen Begegnung. Da müsste schon einer andauernd auf der Lauer liegen. Das tat keiner, der Verstand im Hirn hatte. Einer mit Verstand im Hirn, der scharf war auf ein junges Mädchen, fand andere Lösungen für seine Wünsche. Nur einer mit dem Verstand einer Mücke legte sich nachts in den Mais. Nicht weil er auf ein Mädchen wartete. Nur weil er auf ein gutes Wort und einen Riegel Schokolade von Freund Lukka hoffte.
Aber Heinz Lukka war am Wochenende nicht immer daheim. Er erzählte oft, dass er häufig am frühen Samstagabend nach Köln fuhr und sein Bier oder ein Glas Wein statt in Ruhpolds Schenke in einem feinen Lokal trank, sich ein delikates Essen dazu bestellte. Und wenn er mehr als ein Glas Wein getrunken hatte, kam er überNacht nicht nach Hause. Dann nahm er sich ein Hotelzimmer. Auch das erzählte Lukka bereitwillig, obwohl dann hinter seinem Rücken
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