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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Erika hereinkam, um ihre Wache zu übernehmen, ging er um den Tisch herum zur „Küche“ und mixte ein Erfrischungsgetränk.
    „Auch einen?“ fragte er, und ohne auf Antwort zu warten, goß er die perlende Flüssigkeit in zwei Becher und brachte Erika einen davon.
    „Wollen wir noch ein Schwätzchen machen, bevor ich schlafen gehe?“ fragte er.
    „Ein Schwätzchen?“ fragte Erika mit gespieltem Erstaunen zurück. „Einfach so? Ohne bestimmte Absicht? Das gibt’s doch bei unserem zielbewußten Kommandanten gar nicht!“
    „Ich fühle mich zutiefst durchschaut.“ Uwe lachte und trank einen Schluck. „Und weil wir gerade beim Durchschauen sind – dein Mann und du, ihr fühlt euch doch hier so ein bißchen als Fahrgäste, nicht wahr?“
    „Wieso?“ fragte Erika ruhig. „Machen wir unsere Arbeit nicht ordentlich?“
    „Glaubst du, daß wir uns dann darüber gemütlich unterhalten würden? Na also. Außerdem seid ihr ja nicht irgendwer. Ihr seid immerhin als die Besten und Geeignetsten von eurer Arbeitsgruppe ausgewählt worden.“
    „Jetzt könnte ich sagen: na also.“ Ihre Augen glitzerten spöttisch.
    „Nicht so schnell“, sagte Uwe bedächtig, „an eurer Arbeit ist nichts auszusetzen. Aber ich habe den Eindruck, daß euch unser Hauptproblem, die Landung auf dem RELAIS, herzlich wenig interessiert. Ihr äußert euch nur, wenn ihr direkt gefragt werdet. Tiefergehende Überlegungen stellt ihr offenbar nur an, wenn ihr einen kräftigen Anstoß dazu erhaltet. Hab ich recht?“
    „Ach, Eindrücke“, antwortete Erika unbestimmt, „wenn es um Eindrücke geht…“
    „Was ist dann?“
    Erika sah ihn groß an. „Also gut. Wenn es um Eindrücke geht, dann habe ich zum Beispiel den Eindruck, daß unser Hauptproblem, das PROJEKT RELAIS und seine Perspektive, unseren Kommandanten herzlich wenig interessiert. Er äußert sich gar nicht darüber, nicht einmal, wenn er direkt gefragt wird. Weitergehende Überlegungen, nämlich über die Landung hinaus, stellt er offenbar gar nicht an. Hab ich unrecht?“
    „Welche weitergehenden Überlegungen wären denn da nach deiner Meinung jetzt anzustellen?“
    Erika drehte sich um und holte den Sternhimmel auf den Bildschirm. Sie zeigte auf einen winzigen, leuchtenden Punkt.
    „Hier ist der Planet RELAIS. Wie lange werden wir brauchen, um seine Atmosphäre umzugestalten – hundert Jahre? Zweihundert Jahre? Was werden die RELAIS-1-Leute zu unseren neuesten Forschungsergebnissen sagen? Und wie weit sind sie inzwischen selbst gekommen?“
    „Du bist überzeugt, daß sie noch leben.“
    „Unbedingt. Aber sie werden wohl nach den klimatischen Veränderungen woanders hingezogen sein. Und sie werden uns nicht erwarten. Oder noch nicht. Wie finden wir sie dann? Ist es überhaupt richtig, an der gleichen Stelle zu landen, wo sie einst angekommen sind?“
    Uwe lächelte. „Da wären wir wieder bei der Landung. Von ihr hängt alles Weitere ab. Aber sie ist bedeutend schwieriger, als du dir das vorstellst. Was ich so an Überlegungen anstelle, läuft gegenwärtig alles darauf hinaus, dabei die größtmögliche Sicherheit zu schaffen. In dieser Beziehung hast du nicht unrecht. Aber das genügt noch nicht, ihr müßt auch mit ran. Kurz gesagt, ich hab einen Auftrag für dich.“
    „Ich höre.“
    „Der Weg, den wir vom Eindringen in die Atmosphäre bis zur Landung auf dem Boden des RELAIS zurücklegen, ist voller Gefahren. Einige dieser Gefahren können wir sicherlich vorher ermitteln, viele nicht. Wir müssen sie während des Fluges erkennen und überwinden. Bei unserer großen Geschwindigkeit ist das aber äußerst riskant. Wir wären besser daran, wenn wir eine Art Pfadfinder hätten, der uns vorausfliegt. Zu diesem Zweck können wir eine der Sonden entladen und auf Funkfernsteuerung umstellen. Bitte befaß dich damit. Das Steuerungsschema findest du im Archiv. In navigatorischen Fragen berate dich bitte mit Michael. Und sag mir beim Frühstück, wie lange du brauchst, bis du einen geeigneten Vorschlag vorlegen kannst. Gute Nacht!“
    Erika war verdutzt, und noch nachdem Uwe gegangen war, überlegte sie, wer nun hier eigentlich wen kritisiert und wer wem recht gegeben hatte. Aber dann schob sie die unfruchtbaren Grübeleien beiseite und machte sich an die Arbeit.
    Uwe dagegen konnte lange nicht einschlafen. Er hatte aus dem Gespräch das Gefühl mitgenommen, seine eigene Haltung überprüfen zu müssen. Selbstverständlich hoffte er mit heißem Herzen, daß die

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