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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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die Umlaufbahnen der Sonden genau zu bestimmen. Da sie tiefer lagen, war ihre Bahngeschwindigkeit größer, und sie zogen dann unter dem Raumschiff in Flugrichtung vorbei.
    Der schwerelose Zustand auf der Parkbahn bereitete die üblichen Anfangsschwierigkeiten. Zwar achtete jeder auf sich und seine Geräte, aber in Augenblicken großer Konzentration geschah es doch immer wieder, daß der eine oder andere das gebotene Verhalten vergaß und infolgedessen manche Gegenstände sich selbständig machten. Und als Erika die erste Sonde ortete, sprang Michael so schnell auf, daß er mit dem Kopf recht schmerzhaft gegen die Decke der Zentrale stieß.
    „Hier habt ihr ein Beispiel für die Gefahr der Routine“, kommentierte Uwe grinsend, „der alte, gewiefte Raumfahrer hatte es nicht nötig, sich anzuschnallen. Zum Glück trägt er in diesem Falle nur selbst die Folgen. Es sei denn, die Beule wird so groß, daß sie nicht in den Helm paßt.“
    Am Abend des zweiten Tages hatten sie schon zwölf Sonden registriert und die Bahnparameter ermittelt. Auch das Training war – nun schon sehr wirklichkeitsnah – fortgesetzt worden. Man beschloß, die Suche nach den restlichen drei Sonden auf später zu verschieben; denn man würde, um die Sonden niederzubringen, sowieso noch einmal aufsteigen müssen. Michael suchte von den registrierten diejenige Sonde aus, deren Bahn am günstigsten lag, und bestimmte Ort und Ziel für das Rendezvousmanöver, das in etwa zehn Stunden stattfinden sollte.
    „Hat jemand das Gefühl, nicht schlafen zu können?“ fragte Uwe, als alles geklärt und festgelegt war. „Niemand? Trotzdem, Irina, gib bitte an jeden eine Schlaftablette aus. Wer nicht binnen fünf Minuten eingeschlafen ist, nimmt die Pille. Gute Nacht!“
    Sie ließen Michael zurück, der die erste Wache hatte, und gingen schlafen.
    „Machst du dir Sorgen wegen morgen?“ fragte Irina, als sie im Bett lagen und das Licht schon gelöscht hatten.
    „Sorgen?“ fragte Uwe. „Wir haben alles zur Vorbereitung getan, was möglich war, also sind Sorgen nicht angebracht. Aber andererseits, es ist unsere letzte große Prüfung vor der Landung, und ich möchte nicht, daß uns irgendeine Kleinigkeit entgeht, eine unbedachte Reaktion oder so etwas, die man auswerten könnte für die Landung. Erika und du, ihr seid in die Aufgabe und ins Kollektiv hineingewachsen, bei Frauen geht das ja sowieso schneller, sie haben in der Regel mehr Einfühlungsvermögen, aber über Erich bin ich mir noch nicht im klaren.“
    „Danke für das Kompliment!“ sagte Irina.
    „Ich mache hier keine Komplimente“, entgegnete Uwe brummend, „ich will deine Meinung wissen.“
    „Also gut – ich glaube nicht, daß sich Frauen und Männer in dieser Hinsicht generell unterscheiden. Aber vielleicht gibt sich der Kommandant mit einer Frau, zum Beispiel Erika, mehr Mühe als mit einem Mann, zum Beispiel Erich. Wäre das nicht denkbar?“
    „Das ist nicht nur denkbar, sondern sogar zutreffend, und der Grund dafür ist, daß ich angenommen habe, über Erika auch Erich näher an uns heranzuziehen. Trotzdem steht er, glaube ich, nach wie vor bewußt oder unbewußt auf dem Standpunkt, daß seine Arbeit eigentlich erst nach der Landung beginnt. Deshalb habe ich auch die Aufgaben so verteilt, daß ich direkt mit ihm zusammenarbeite.“
    „Ja, ich habe auch den Eindruck“, bestätigte Irina, „er fühlt sich ein bißchen so wie der Passagier eines alten Segelschiffes, der mit an die Pumpen gehen muß, weil der Kahn ein Leck hat, und der das auch ganz diszipliniert tut, aber eben mit der Haltung: Hier bin ich kein Fachmann, hier muß man mir schon sagen, was ich zu tun habe.“
    „Richtig. Das ist genau das Problem: Disziplin allein genügt nicht.“
    „Ist aber auch notwendig, und deshalb nimmst du jetzt deine Pille, die fünf Minuten sind um.“

    „Protokoll läuft!“ meldete Irina.
    „Hier Schleuse!“ meldete sich Uwe. „Erika, Erich und Uwe mit allen erforderlichen Geräten in der Schleuse. Außentür verschlossen, Innentür geöffnet, Begrenzungsschotten im anschließenden Gang dicht, Gang zur Aufnahme der Fracht vorbereitet. Wir beginnen mit der Evakuierung der Luft!“
    „Acht Uhr siebenunddreißig“, meldete sich Michael, „ich beginne mit dem Annäherungsmanöver.“
    Sie spürten, daß das Raumschiff sich leicht drehte, offenbar, um den richtigen Anstellwinkel einzunehmen.
    „Achtung, ich schalte die Bremsung ein!“ rief Michael. Alle spürten, wie sie

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