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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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sinken, die klimatischen Verhältnisse auf den vorherigen Stand zurückkehren würden und so weiter.
    Erich war gegenteiliger Meinung. Er suchte zu beweisen, daß sich alle Erscheinungen der letzten Jahrzehnte wiederholen würden, vielleicht sogar durch unbekannte Faktoren verstärkt, gewissermaßen aufgeschaukelt. Sibyl beugte sich schließlich Erichs Argumenten; zur Entscheidung der Frage, ob ein solcher Aufschaukelungseffekt eintreten könne oder nicht, reichte freilich das Material an Meßwerten nicht, das Sibyl aus ihrem Rechner und Erich aus seinem antiquierten Notizbuch hervorholte, von dem er sich nie trennte und das er in Momenten wissenschaftlicher Erregung wie eine Waffe durch die Luft schwenkte.
    Die Gefahr einer Umpolung des Magnetfeldes mit ihren vernichtenden Folgen für alles Lebende, über die Erich schon kurz nach der Landung den Raumschiffkommandanten informiert hatte, war also keineswegs als Hirngespinst zu betrachten, und die beiden Planetologen waren sich darüber einig, daß eine Prognose für die nächsten drei und bis vier Jahrzehnte im Augenblick die dringendste Aufgabe war, und auch darüber, daß man dazu die TERRA für Messungen im planetnahen Raum benötigte.
    „Jedenfalls genug Arbeit für zwei Planetologen!“ meinte Sibyl.
    „Zwei?“ wunderte sich Erich. „Mindestens drei! Einer für Kosmos und Atmosphäre, einer für die Oberfläche, einer für das Innere!“
    „Na gut“, scherzte Sibyl, „ihr werdet ja auch Kinder haben.“
    „So lange können wir nicht warten“, ereiferte sich Erich. „Nehmen wir bloß mal ein Beispiel – wir haben eure Konzeption auf der Erde mehrmals durchgerechnet und sind dabei auf verschiedene Schwächen gestoßen. Wenn wir die Umwandlung der Atmosphäre nur biologisch betrieben, dann werden daraus ernste ökonomische Schwierigkeiten erwachsen. Sobald die Bevölkerung des Planeten die Zehntausend überschreitet, brauchen wir eine chemische Industrie auf Kohlenstoffbasis, die ihren Rohstoff ohne großen Aufwand bekommt. Aber der aus der Atmosphäre durch Pflanzen abgezogene Kohlenstoff hat bis dahin bestenfalls die Form von Torf angenommen, und das genügt nicht. Folglich muß man einen Teil des in der Luft enthaltenen Kohlenstoffs technisch konservieren. Was darin für Arbeit steckt – und das ist nur ein Problem von vielen!“
    „Laß das bloß nicht die Biologen hören, die spucken Gift und Galle.“
    „Das wird ihnen nichts nützen“, meinte Erich übermütig, „ihr habt Wind gesät, und nun wundert euch nicht, wenn ihr Sturm erntet!“
    „Ja, Stürme wird’s noch viel geben“, sagte Sibyl nachdenklich. Ihr Blick ging über die Meßinstrumente, plötzlich stutzte sie. „Und eher, als du glaubst!“ fuhr sie fort. „Sieh mal das Barometer – die Frühlingsorkane kommen. Warte mal!“
    Sie schaltete einen Bildschirm ein. Eine seltsam ausgeprägte Kurve wanderte über den Schirm. Nach ein paar Drehungen des Abstimmknopfes stand sie still.
    „Ich habe im Meer“, erklärte sie, „einige Infraschallmesser, sie zeigen entfernte Stürme an, du kennst sie doch?“
    „Ja, die Quallen und manche Fische auf der Erde orientieren sich ähnlich.“
    „Au, das sieht aber schlimm aus“, meinte Sibyl besorgt, nachdem sie einige Berechnungen angestellt hatte. „Wir müssen Alarm geben!“
    „Welchen Knopf soll ich drücken?“ fragte Erich.
    Sibyl lächelte. „Wir sind arme Leute, für so was vergeuden wir keine Elektronik. Das machen wir wie unsere Urväter. Komm mit!“
    Sie ging in den Garten hinaus und zeigte auf ein massives Stück Stahl, das dort hing. Aus einer Nische nahm sie einen Hammer und klopfte in Abständen mehrmals kräftig dagegen.

    „Hier schlägt das Herz von Neu-Rostock“, hatte Eileen gesagt, als sie das biologische Labor betreten hatten. Und wirklich – während alles, was Michael bisher gesehen hatte, dem an Schaltvorrichtungen und Armaturen gewöhnten Auge des Kosmonauten etwas dürftig vorgekommen war, wenn auch dürftig aus gutem Grund – hier, in diesem Saal, gab es eine technische Ausstattung, gegen die wiederum die Kanzel eines Raumschiffs armselig gewirkt hätte. Hier gab es mindestens ein Dutzend Arbeitsplätze mit den verschiedensten Gerätekombinationen, einen Rechner erkannte Michael, der vor dreißig Jahren sicher zu den modernsten gehört hatte, der aber, soviel er wußte, auf der Erde auch zur Zeit ihres Abflugs noch gebaut wurde, alles andere aber war ihm fremd. Doch am meisten imponierte ihm, mit

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