Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
auch beladen mit eßbaren Gegenständen der verschiedensten Form und Farbe, so daß die Neulinge ständig aufpassen mußten. Als besonders die jungen Neu-Rostocker gemerkt hatten, daß man es ihnen nicht übelnahm, ließen sie ihrer Heiterkeit freien Lauf, wenn einer der Ankömmlinge sich besonders ungeschickt benahm.
    Michael mußte sich eingestehen, daß er lange nicht mehr so gut und schmackhaft gegessen hatte – ihre Raumschiffkost war dagegen fad gewesen. Merkwürdigerweise flößte ihm das mehr Hochachtung vor den Biologen ein als alles, was er bisher gesehen hatte. Er betrachtete nun den stumm dasitzenden, noch immer geistesabwesenden Klaus Rudloff mit ganz anderen Augen.
    Sibyl Laurentz schien Gedanken lesen zu können. Sie sagte: „Nach Meinung der Hühner ist das Größte am Menschen, daß er ihnen Körner hinschüttet. Oder mit anderen Worten: Manchmal begreift man am Kleinen besser als am Großen.“
    Michael schluckte den Brocken als Nachtisch – was konnte er dafür, daß man ihm alles vom Gesicht ablas! Bisher war er auf diese Eigenschaft sogar stolz gewesen, und er war entschlossen, es auch weiterhin so zu halten.
    „Das gilt wohl mehr oder weniger für alle Menschen“, sagte er. „Ausgenommen natürlich Genies.“ Er machte eine scherzhafte Verbeugung in Richtung des Biologen.
    „Wie bitte?“ fragte der, aus seiner Versunkenheit aufschreckend.
    „Ach, nichts weiter“, sagte Michael, „ich hatte vorhin nur den Eindruck, als ob Sie“ – unwillkürlich redete er ihn mit Sie an – „über unser Erscheinen gar nicht so sehr erfreut seien?“
    „Doch, doch“, versicherte der Biologe arglos und etwas zerstreut, „ich hatte Sie wohl nur falsch verstanden, daß nur zwei von Ihnen hierbleiben wollen. Aber das ist natürlich blanker Unsinn, das geht ja nicht. Geht gar nicht. Es war nur meine Zerstreutheit.“ Er brummelte noch irgend etwas Versöhnliches.
    „Du hast ihn, glaube ich, richtig verstanden“, sagte seine Frau, „und obwohl ich auch deiner Meinung bin…“
    „Werden sehen“, murmelte Klaus Rudloff, „werden sehen.“ Und damit schien das Thema für ihn abgetan. Für Michael und auch für die beiden Braunes, die zu seinen Worten eifrig genickt hatten, blieb absolut unklar, ob er Michael wirklich mißverstanden hatte oder ob er vielleicht nur weiter in die Zukunft blickte als sie. Auch die anderen Neu-Rostocker schienen etwas verwirrt zu sein.
    „Lassen wir die Zukunft“, schloß Jochen die Unterhaltung, „und befassen wir uns mit der Gegenwart. Ich schlage vor, daß wir jetzt ein wenig fachsimpeln – am besten, die Fachleute setzen sich zusammen, Erich Braune mit meiner Frau, Erika Braune mit Tom, und Michael – Michael geht mit Eileen und mir. Die Biologen müssen ja wieder an die Arbeit: Fünf Leute mehr, die essen, trinken und atmen, das erfordert eine ganz schöne Umstellung des Haushalts. Vielleicht besuchen wir euch später!“

    Der Gang, durch den Michael dem Leiter der Station und dessen Tochter folgte, war leicht abschüssig. Ein breiter Streifen an jeder Wand strahlte intensiv gelbes Licht aus, und im Nacken spürte Michael einen schwachen Luftzug.
    „Der Saal, aus dem wir kommen, ist gewissermaßen das Dachgeschoß“, erklärte Jochen Laurentz, „dort wird die regenerierte Luft eingeführt. Sie strömt dann durch diese Gänge, drei sind es, ins mittlere Stockwerk, wo sich die Wohn- und Arbeitsräume befinden, und von da ins Parterre, das die Haushaltsproduktion enthält. Abgetrennt davon ist die Luftregenerationsanlage, die zwei Schächte nach draußen in das Flußtal hat, und einen, der in den oberen Saal mündet. Wir haben natürlich vorhandene Höhlen ausgenutzt, aber trotzdem hatten wir fast zwei Jahre zu tun, bis alles fertig war.“
    „Und wie entsteht die Zirkulation?“ wollte Michael wissen.
    „Die Pumpe, die unten in der Schleuse arbeitet, saugt die verbrauchte Luft ab. Da außen ein etwas höherer Druck herrscht, ist eine besondere Ansaugpumpe überflüssig. Die Außenluft sickert durch die Regenerationsanlage nach.“
    „Und wenn die Pumpe mal defekt ist?“
    Jochen Laurentz seufzte. „Ja, die Mechanik – das ist unser schwacher Punkt, komplizierte Maschinen können wir nicht herstellen. Wir haben noch eine Reservepumpe, und weil wir erst in zehn Jahren mit euch gerechnet haben, gibt es schon Vorstellungen, notfalls auf die Technik der Vorfahren zurückzugreifen und aus biologisch hergestellten Folien so etwas wie Blasebälge zu basteln.

Weitere Kostenlose Bücher