Der purpurne Planet
Weisheit, ich hab’s von ihm!“ Sie zeigte auf Michael. „Aber ich bin nicht so eingebildet, daß ich ein Argument nur deshalb nicht benutze, weil es vielleicht nicht mir zuerst eingefallen ist!“
„Und du willst wirklich“, fragte der Biologe Michael und lächelte noch sarkastischer, „du willst wirklich wieder weg von hier?“ Er unterstrich die Frage mit einer kaum merklichen Kopfbewegung zu Eileen hin. Aber diese Kopfbewegung machte den angedeuteten Gedanken so deutlich, daß Michael rot wurde – halb aus Ärger und halb aus Verlegenheit.
„Das bin ich heute schon öfter gefragt worden“, antwortete er steif. Der Biologe wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er lachte leise. „Jaja – bis jetzt stellen noch die Menschen diese Frage. Später werden die Dinge sie stellen. Und die Antwort weiß ich schon.“
Auch Eileen wurde jetzt ärgerlich. „Komm, wir gehen ein Haus weiter!“ sagte sie zu Michael und hakte ihn demonstrativ unter.
Tom Laurentz und Erika Braune hatten in der Funkbude gesessen – es war wirklich kaum mehr als eine Bude –, bis der Alarm ausgelöst worden war. Erika hatte seine Augen zum Glänzen gebracht mit der Aufzählung all jener großartigen Dinge, die in den Sonden auf sie warteten: des Plasmawind-Kraftwerks, des kosmischen Senders, der verschiedenen Robotmaschinen und so fort.
Nun aber gab es für Tom eine Menge zu tun, und er forderte Erika auf: „Komm mit und hilf mir, dabei kannst du gleich unsere Station kennenlernen!“
Erika folgte ihm zur Schleuse, die die Station von der Außenwelt trennte. Die letzten Meter des Ganges waren unbeleuchtet, und man konnte durch die gläsernen Wände der Schleuse das graurosa Tageslicht des Planeten sehen.
„Warum Glas?“ fragte Erika. Bei ihrer Ankunft, nachts, hatte sie das gar nicht bemerkt.
„Weil Sand das ist, was wir im Überfluß haben. Dieses Panzerglas ist auch fast der einzige Werkstoff, der nicht biologisch hergestellt wird!“ antwortete Tom. „Hier, tritt mal das Pedal, schön langsam, und immer durchtreten, so…“
Während Erika die gläserne Fußraste niedertrat, die sie ohne Toms Aufforderung gar nicht gesehen hätte, drehte Tom mit großer Anstrengung ein ebenfalls gläsernes Handrad, das aus der Wand ragte. Jenseits der Schleuse schoben sich langsam Felsbrocken vor den Eingang des Stollens.
„Vorsintflutlich, was?“ sagte Tom lachend. „Oh, ich bin ein großer Erfinder, ich mache alle Erfindungen des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts noch mal. Schwiegervater spottet immer, ich werde nächstens noch das Fenster erfinden.“
„Die Felsen laufen auf Luftkissen, nicht wahr?“ vermutete Erika.
„Ja, das ist das einzige, was daran einigermaßen modern ist.“
„Dein Schwiegervater ist wohl ein etwas schwieriger Mann?“
„Schwierig? Ach, ich komme aus mit ihm. Es ist bloß – er teilt die Menschen in zwei Sorten ein: Biologen und Sonstige. Ich glaube, wenn hier eine größere Auswahl an jungen Männern gewesen wäre, hätte er mir seine Tochter nicht gegeben. Die hätte bestimmt einen Biologen heiraten müssen. Wir haben im Archiv auch ein paar alte Buchkristalle, da hab ich mal so eine Geschichte gelesen.“
Erika lachte hell, es gefiel ihr, daß die Leute hier Humor hatten und Eigenarten und Schwächen – wenig Heroisches. Sie hatte im stillen immer befürchtet, sie müsse sich den RELAIS-Leuten gegenüber ganz klein und unbedeutend vorkommen, aber wenigstens bei Tom schien das nicht der Fall zu sein. Eher kam er ihr wie ein großer Junge vor, und es machte ihr Freude, seinen bescheidenen Stolz auf das Geleistete und seine kaum zu zügelnde Erwartung hervorzulocken, mit der er der modernen Technik entgegensah, die jetzt noch in den Sonden um den Planeten kreiste.
„Wie stellt ihr das Glas her?“ fragte sie. „Und wo? Hier drinnen?“
„Nein, draußen“, antwortete Tom, während sie durch die Gänge schritten. „Weißt du, das ist eine ausgesprochene Schönwetter-Produktion. Im Sommer gibt es immer ein paar schöne Tage, dann schieben wir die ganze Anlage aus einer Höhle ins Freie – nicht weit von der Höhle, in der jetzt euer Raumschiff steht –, dort fangen wir dann die Proxima per Parabolspiegel ein und kochen Glas. Auch das hat beinahe schon wieder etwas Biologisches an sich – vom Wetter abhängig wie Ackerbau und Viehzucht.“
„Du hältst wohl nicht viel von der Biologie?“
„Ich werd mich hüten, das auch nur zu denken. Schließlich leben wir alle davon. Nur
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