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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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verdreht?“
    „Ehrlich gesagt, nein. Wie kommst du darauf? Ach, denkst du an das, was er vorhin gesagt hat?“ Uwe schüttelte den Kopf. „Daß man sich mit einer Berufskollegin besser über Arbeitsprobleme unterhalten kann als mit der Ehefrau – das ist doch normal.“
    „Auf der Erde ja“, antwortete Irina, „aber vergiß nicht, daß dort jeder Mensch in eine große Zahl von Kollektiven einbezogen ist – Familie, Arbeitskollektiv, Sportgruppe, künstlerisches Kollektiv. Er lernt von klein auf, seine Bindungen in den verschiedenen Kollektiven differenziert zu betrachten. Hier fällt das alles zusammen. Und noch etwas. Auf der Erde lernt der Mensch die meisten Verhaltensweisen und ihre positiven und negativen Folgen am Beispiel anderer Personen kennen, noch ehe er selbst in entsprechende Situationen kommt. Auch das entfällt hier.“
    „Mit einem Wort, du willst sagen, daß die jungen Leute hier auf eine gewisse Art unwahrscheinlich naiv sind.“
    „Und naiv empfinden, ja. Er weiß bestimmt nicht, was in ihm vorgeht, und auch Erika wird das nicht klar sein. Vielleicht macht es ihr Spaß, ein bißchen angehimmelt zu werden, aber die Folgen, die so etwas unter den hiesigen Umständen haben kann, überblickt sie bestimmt nicht. Du mußt mit ihr reden. Oder soll ich lieber?“
    „Nein, nein, ich mach das schon, bei passender Gelegenheit.“
    „Aber schieb es nicht zu lange auf!“ mahnte Irina. „Eifersucht und unglückliche Liebe ist das letzte, was sie hier gebrauchen könnten.“
    „In Ordnung!“ meinte Uwe. „Unaufschiebbar naht jetzt nur der Augenblick, wo wir den Horizont überfliegen.“ Er schaltete die Bordverbindung ein. „Achtung, Erika und Tom – Übermittlungskabel zum Satelliten abtrennen, Schleuse verlassen!“
    Uwe war noch dabei, das Raumschiff in die richtige Ausgangsbahn für den Start des Satelliten zu manövrieren, als Erika und Tom in die Zentrale kamen.
    „Setzt euch“, sagte er, „noch eine kleine Beschleunigung ist nötig.“ Für einen Augenblick verspürten alle ein wenig von ihrem Gewicht, dann meldete Uwe: „Kurs liegt an.“
    „Ich schalte das Startprogramm für den Satelliten ein“, erklärte Erika. Von nun an lief, synchron mit der Bordzeit, die Startautomatik.
    Auf dem Bildschirm erschien die Seitenwand des Raumschiffs, in der sich die für den Satellitenstart benutzte Schleuse befand. Sie lag auf der Schattenseite und war durch Scheinwerfer erhellt.
    Ein Gongschlag ertönte. In der glatten Haut des Raumschiffs entstand ein Loch, und langsam schwebte der zylindrische Körper des Satelliten FRS 1 heraus. Dann schloß sich die Schleuse wieder.
    „Ich gebe den Initialimpuls“, sagte Erika, und gleich darauf spreizten sich Antennen, Solarlamellen und andere Extremitäten vom Zylinder des Satelliten ab wie Flügel und Beine von einem frisch geschlüpften Insekt.
    „Hallo, Michael, hörst du mich?“ rief Erika.
    „Ich höre euch“, ertönte Michaels Stimme. „Der Start ist also geglückt? Hurra!“
    „Hurra!“ antworteten Erika und Tom wie aus einem Mund. Irina und Uwe lächelten einander zu.
    „Ich empfange vom Satelliten die Angaben über zwei Sonden“, meldete Michael von der Station aus. „Ich entscheide mich für die, die dem Zenit näher liegt.“
    Uwe schaltete. Auf seinem Bildschirm erschien eine Sonde.
    „Aufgepaßt!“ rief Uwe.
    „Ich sende!“ verkündete Michaels Stimme.
    Plötzlich brach aus dem Heck der Sonde eine helle, langgestreckte Flamme – der chemische Antrieb war in Aktion getreten. Nun, als die Bewegung der Sonde nicht mehr den Gesetzen der Trägheit und Anziehung gehorchte, sondern einem komplizierten, von der Station ausgesandten System von Steuerbefehlen, war es schwierig, sie auf dem Bildschirm zu halten. Trotzdem gelang es Uwe immer wieder, sie zu fassen, bis sie in den rotweißen Dunst der tieferen atmosphärischen Schichten eintauchte.
    Als das Raumschiff gerade noch einige Grad über dem Horizont der Station war, erreichte sie über den Satelliten die Meldung, daß die Sonde planmäßig gelandet werden konnte.

    Hinter der Glaswand, im technisch nachgeahmten roten Proximalicht, vollführten kleine schwarze Punkte einen langsamen, trägen Tanz: die Schwebpflanzen, die sich in einem Unterdruck-Bassin in verdünnter, leicht turbulent gehaltener Relais-Luft kräftig vermehrten.
    Ein schmaler weißer Strahl brach durch das Rotlicht und erlosch wieder. Sekunden später zog Mara das fertig entwickelte Farbfoto aus der Kamera. Eine

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