Der purpurne Planet
hatten, als sie beschlossen, Kinder in diese Welt zu setzen, und sie hatten es bisher auch nicht zu bereuen brauchen…
Und plötzlich wurde Jochen klar, worüber er ins Grübeln verfallen war: Mara hatte sich irgendwie verändert. Sie war nicht mehr so lustig, manchmal schien sie zerstreut zu sein – sollte etwa…?
„Mara, sag mal…“, begann Jochen vorsichtig.
„Ja?“ Hastig, beinahe etwas erschrocken, drehte sich die junge Frau um.
Jochen lächelte sie an. „Sollte ich etwa auf dem Wege sein, Großvater zu werden?“
Mara schüttelte den Kopf.
„Na, irgendwas ist doch mit dir los!“
„Tom ist so anders geworden“, sagte sie leise.
„Setz dich mal hin“, meinte Jochen väterlich, „und nun sag mir mal – wieso anders? Worin anders?“
„Ich weiß ja auch nicht“, seufzte Mara. „Früher konnte ich mit ihm über alles reden, aber heute…“
„Worüber denn zum Beispiel?“ wollte Jochen wissen. „Worüber konntest du früher mit ihm reden und heute nicht mehr?“
„Über alles, was meine Arbeit betrifft, unsere Forschungen und Experimente.“
„Ja, so“, meinte Jochen. „Und worüber konnte er früher mit dir reden?“
„Sag ich doch – über unsere Forschungen und Experimente.“
„Und – über seine Arbeit?“
„Ja sicher, auch manchmal, aber die ist doch nicht so…“, Mara biß sich auf die Lippen.
„Nicht so interessant und aufregend, wolltest du sagen?“ Mara nickte beschämt.
„Und jetzt verlangt er, daß du mit ihm über seine Arbeit redest?“
„Ja, er schwärmt ununterbrochen von seiner neuen Technik.“
Es würde mich nicht wundern, dachte Jochen, wenn er dabei auch ein bißchen von Erika Braune schwärmt, aber diesen Punkt wollen wir erst mal beiseite lassen.
„Da gibt’s gar nichts zu grübeln“, sagte er, „du warst egoistisch, wenn auch, ohne es zu wollen, und nun mußt du dafür büßen. Interessiere dich so für seine Arbeit, wie er sich früher für deine interessiert hat, und schon kommt alles in Ordnung. Klar?“
„Das hab ich schon begriffen“, sagte Mara leise. „Du verstehst gut, peinliche Fragen zu stellen.“
Jochen lachte. „Daran ist nichts peinlich. Man rechnet heute mit zehn Jahren, bis zwei Menschen sich richtig kennenlernen – früher reichte manchmal ein ganzes Leben nicht dazu aus. Also, dann wollen wir mal. Du übernimmst die erste Drucktestreihe am Bassin zwei, ich mache den Aschetest. Los.“
Jochen schritt zu seinem Bassin und setzte sich davor. Ich muß mal mit Uwe über Erika sprechen, dachte er. Dann konzentrierte er sich auf das Experiment.
An dem Tag, an dem der FRS 1 auf seine Bahn gebracht worden war, wurden zwei Sonden gelandet, am folgenden Tag eine, am nächsten wieder zwei. Dann mußte eine Pause eingelegt werden – die vorbereiteten Unterbringungsmöglichkeiten waren erschöpft.
Die Robotmaschinen, die eine der Sonden enthalten hatte, begannen am selben Tag neue Höhlungen in den Berg zu treiben. Zwar war nur Erika direkt damit beschäftigt, aber die andern konnten deshalb keineswegs die Hände in den Schoß legen. Bis auf die Biologen mußten alle vom frühen Morgen bis in die Nacht hinein sortieren, katalogisieren, einzelne Frachtteile, vor allem von den Sonden, die lange auf einer Bahn im Strahlungsgürtel geparkt hatten, auf Funktionstüchtigkeit und Radioaktivität prüfen und schließlich die Sonden ausschlachten. Wenn auch die TERRA einen Katalog aller bis zu ihrem Start abgeschickten Sonden und ihrer Ladungen mitgebracht hatte, so konnten sie ja nicht in der chronologischen Reihenfolge ihrer Starttermine abgerufen werden – bevor man eine neue geöffnet hatte, wußte man nie, um welche es sich handelte.
Die ersten fünf Sonden enthielten außer den schon genannten Robotmaschinen neueren Typs einen Lasthubschrauber, Forschungsgeräte, genetisches Material, Teile für den Sender, eine vollständige Luftentkohlungsanlage, Teile für das Plasmawind-Kraftwerk und vieles andere – und natürlich jeweils in einigen hundert Kristallen die Bibliothek der neuen Wissenschaft und Technik des Jahres vor dem Start der Sonde.
Der Mangel an Planmäßigkeit, der der Arbeit durch diese Umstände aufgezwungen wurde, brachte es mit sich, daß Uwe und Jochen sich mehrmals täglich besprechen mußten; wobei besprechen ein unpassendes Wort ist, denn viel geredet wurde dabei nicht. An Umsicht und Geschick stand keiner dem anderen nach, und je öfter sie zusammenkamen, um so kleiner wurde die Zahl der Wörter,
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