Der Putzteufel geht um
Pelzmäntel zu Felde gezogen war. Außerdem hatte sie eine Kampagne ins Leben gerufen, mit der die Queen aufgefordert wurde, den Tower abzureißen, weil er die blutrünstige Vergangenheit des Landes verherrliche. Ohne mich um die vernichtenden Blicke links und rechts zu kümmern, marschierte ich erhobenen Hauptes durch die Gruppe und den Chor von lauten Muh-Rufen. Letztere bezogen sich wahrscheinlich auf die Kälber, die gerade begriffen hatten, daß sie nicht zur Verzierung auf der Wiese gestanden hatten. Unterwegs rempelte ich gegen ein Mädchen im Teenageralter. Es war Dawn, Frizzy Taffers Tochter, die man eigentlich nie übersehen konnte, denn ihre langen Haare waren pinkfarben und limonengrün gestreift, und ihr Lidstrich war dicker als der von Kleopatra. Auf ihrem Plakat war eine Kuh abgebildet, die in einer Sprechblase verkündete »Mein Körper gehört mir!« »Hallo, Dawn«, sagte ich. »Müßtest du nicht eigentlich in der Schule sein?«
»Oh, hallo, Mrs. Haskell.« Ihr Gesicht war eine Mischung aus Verlegenheit und Trotz. Sie legte sich die Plakattafel über die Schulter, wobei sie dem hinter ihr stehenden Mann um ein Haar die Augen ausgestochen hätte. »Ich habe mir den Nachmittag freigenommen. War sowieso nur langweilige Erdkunde«, sagte sie achselzuckend. »Wer braucht so was schon, wenn’s überall Reisebüros gibt. Die wissen wenigstens, wo man braun wird.« Ihr Selbstvertrauen stieg. »Übrigens können Sie meiner Mutter ruhig sagen, daß Sie mich gesehen haben. Die sollen mich ruhig bei Wasser und Brot im Zimmer einsperren, mir ist das egal. Wenn’s drauf ankommt, muß man für seine Überzeugung auch leiden können.«
Es hatte wohl wenig Zweck, mit ihr zu streiten, offensichtlich wollte Dawn Märtyrerin werden, wenn sie einmal groß war. Aber jetzt war sie noch ein Kind und im Grunde ganz in Ordnung. Ich würde ihre Mutter nicht unnötig belasten, immerhin paßte sie gerade auf meine Kinder auf. Ich sagte Dawn, sie solle zu Hause lieber selbst beichten. Dann ließ ich die ganze Bande links liegen und rannte die Stufen unter der grünen Markise hoch. Die kleine Empfangshalle des Abigail’s sah aus wie immer, vornehm und doch einladend und warm. Ich liebte die schöne Streifentapete im Regency-Stil und den wundervoll restaurierten Empfangstisch aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ich liebte auch den hübschen Schwung am Ende des dunklen Treppengeländers, der so satinmatt glänzte wie eine frische Haarlocke. Ich liebte sogar die große schwere Standuhr, die unten am Treppenaufgang stand. Aber am meisten liebte ich den Mann, der gerade durch die Halle auf mich zukam.
»Ich dachte, Freddy hätte dich überredet, nach Hause zu fahren.« Ben hatte die Hände tief in den Hosentaschen vergraben und trug ein schiefes Lächeln zur Schau. »Niemand und nichts kann mich lange von dir fernhalten«, verkündete ich, warf die Tasche zu Boden und ließ meine Strickjacke achtlos hinterherfallen.
»Ellie, was wird das?« Ben zog eine Augenbraue in die Höhe. »Willst du meinen Ruin ausnutzen und erbarmungslos über mich herfallen?«
»Sei nicht albern. Als Ehefrau schmeiße ich einfach alles von mir, weil du es mir wieder aufhebst.« Ich legte die Arme um seinen Hals und zog sein Gesicht näher, um ihm einen langen, innigen Kuß zu geben, der zu einer so stürmischen Umarmung führte wie schon seit langem nicht mehr. Es war, als sei etwas aus meinem Innersten ans Licht gezerrt worden, etwas, das ich zum ersten Mal gespürt hatte, als die Zwillinge geboren wurden. Es handelte sich um einen intuitiven Beschützerinstinkt, der zu Tage tritt, wenn es um die Familie geht. In solchen Momenten wachsen Frauen über sich hinaus. Sie springen über Häuserschluchten, klettern an Wolkenkratzern hoch und heben mit einer Hand Lastwagen, während sie mit der anderen den Verkehr regeln – ja, auch unter Frauen gibt es Supermänner! Sie tragen nur meistens eine Schürze über dem Bodysuit. »Von mir aus können uns die Angestellten ruhig sehen«, stieß ich nach Atem ringend hervor und flocht die Finger in Bens dunkle Locken.
Er zog mich noch enger an sich und bedeckte mein Gesicht mit Küssen. »Sie sind gar nicht da. Ich habe alle nach Hause geschickt, sogar Freddy.«
»Es gibt hier also nur dich und mich und die ganzen leeren Räume«, flüsterte ich ihm ins Ohr und holte uns damit prompt wieder in die Wirklichkeit zurück.
»Es sei denn, wir rechnen die Demonstranten am Eingang noch dazu.«
»Liebling, es tut mir so
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