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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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Abigails allerdings verschont. Ben sagte, sie kämen aber bestimmt wieder, denn sie würden sich im Moment nur eine Art Tapetenwechsel gönnen und stünden vor dem Odeon, wo gerade Jane Eyre gezeigt wurde. Mrs. Barrow war nämlich der eisernen Ansicht, daß dieser Film Untertitel tragen müsse mit Warnungen vor der Gefahr alter Häuser ohne vernünftigen Feuerschutz. Als der Sarg aus der Kirche getragen wurde, ging der Aushilfspfarrer in gemessenem Abstand hinter ihm her. Ihm folgten zwei Frauen, von denen ich annahm, daß es sich um Mrs. Larges Töchter handelte. Sie waren beide ungefähr einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut. Als sie auf der Höhe unserer Bankreihe waren, hörte ich, wie die eine zur anderen sagte, daß sie von dem ganzen Gesang Kopfschmerzen bekommen habe. Daraufhin erwiderte die andere, sie hoffe, daß sie jetzt nicht noch lange am Grab herumtrödeln müßten. Draußen nieselte es. Ben und ich reihten uns hinter Brigadegeneral Lester-Smith ein. Er trug einen flaschengrünen Regenmantel, bei dessen Anblick mir wieder einfiel, daß ich ihm den, den Ben versehentlich mit nach Hause genommen hatte, immer noch nicht zurückgebracht hatte. Wir folgten einem moosbewachsenen Pfad zur Grabstelle und drängten uns mit den anderen Trauergästen unter einem knorrigen Baum zusammen, der aussah, als stünde er dort als Zeichen ewiger Reue. Während der Pfarrer in den Falten und Taschen seiner Robe nach dem Gebetbuch suchte und dabei alles mögliche hervorkramte (unter anderem eine Handvoll Hundekuchen, ein Schlüsselbund und eine schwarze Socke), blickte ich mich nach den beiden Millers um.
Sie standen nur ein paar Schritte links von mir, eingepfercht zwischen Tom Tingle und dem Brigadegeneral. Vienna wirkte gefaßt. Sie trug ein sackartiges Tweedkostüm und einen Filzhut, an dessen Seite eine Feder steckte, ob absichtlich oder zugeflogen – als Andenken einer zerrupften Taube –, war schwer zu sagen. Madrid trug eins ihrer wallenden Gewänder, aber ihr Gesicht konnte man nicht sehen, denn sie hielt den Kopf mit den langen Haaren gebeugt, so daß sie einer Trauerweide glich, deren Zweige zitternd im Wind spielten. Ich hatte in den letzten Tagen ziemlich oft an die beiden Schwestern gedacht und mich gefragt, wie es ihnen wohl ging. Ob es leichter für sie wäre, wenn Mrs. Large an einer schleichenden Krankheit gestorben wäre, anstatt, wie mittlerweile erwiesen war, an den Folgen des Sturzes? Lagen Vienna und Madrid nachts wach und peinigten sich mit der Frage, ob die Leiter vielleicht nicht stabil genug gewesen war oder der Boden eine Unebenheit aufgewiesen hatte? Der Herr Pfarrer hatte sein kleines Buch mittlerweile gefunden und suchte fieberhaft nach der richtigen Stelle, während das kleine schwarze Lesezeichen achtlos im Wind flatterte. Meine Gedanken kehrten zu Mrs. Malloy zurück. Wieso war sie nicht aufgetaucht? Bestimmt hatten die anderen Mitglieder des VPFVCF jetzt das Gefühl, daß sie und ihre Organisation von ihr im Stich gelassen worden waren.
Meine Blicke schwenkten zu dem Platz, auf dem Mrs. Smalley stand. Sie trug einen Mantel, den sie sich eindeutig geborgt hatte, denn er war ihr drei oder vier Nummern zu groß. Ich fand, daß sie aussah wie ein armes, angejahrtes Waisenkind. Ihre Nase war gerötet, entweder vom Weinen oder von der Kälte. Neben ihr stand eine energisch aussehende Frau mit dichten Augenbrauen und Adlernase, deren dunkles Haar schon reichlich mit Grau durchsetzt war. Sie hatte es sich zu zwei strammen Zöpfen geflochten und auf dem Kopf festgesteckt. Ob das Mrs. Nettle war? Sie hatte etwas von einer Nessel an sich, zumindest sah sie so aus, als käme man ihr besser nicht in die Quere. Direkt hinter ihr befand sich eine junge Frau mit Locken, die sich bei einem etwa gleichaltrigen Mann mit schwarzer Lederjacke untergehakt hatte. Nach seinem säuerlichen Gesichtsausdruck zu schließen und der rastlosen Art, mit der er von einem Bein auf das andere trat, nahm ich an, daß seiner Meinung nach nur Tote auf eine Beerdigung gehörten. Die Frau war sicher Trina McKinnley. Ich machte einen Schritt zurück. Sie sollte nicht sehen, daß ich sie anstarrte.
Ben drückte meine Hand. Ich schmiegte mich noch enger in den Arm, den er um mich gelegt hatte. Der Pfarrer sprach das Totengebet mit einer Stimme, die sich ebenso forsch gab wie der Wind, der ihm die Soutane um die Beine schlug und die Haare als Fransen in die Stirn wehte, so daß er aussah wie ein Mönch. Die Töchter von

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