Der Putzteufel geht um
Händen. »Und keiner hat angedeutet, daß es vielleicht kein Unfall war?«
»Jedenfalls nicht in meiner Gegenwart. Sie denken doch nicht an etwas Bestimmtes?«
»Nun – was mir Angst macht, ist der Gedanke, daß…« »Ja?« Ich beugte mich vor, und da Mrs. Smalley das gleiche tat, stießen unsere Köpfe beinahe zusammen. »Daß… es mit Absicht getan wurde.« »Sie meinen, daß sie jemand von der Leiter gestoßen hat?« »Also -« sie setzte sich wieder gerade hin, »an so was habe ich natürlich nicht gedacht. Menschen werden doch normalerweise nicht umgebracht, oder? Wenigstens nicht die Leute, die wir kennen. Was ich sagen wollte, Mrs. Haskell, ist, daß bei der schlimmen Phantasie, die manche Leute haben, der ein oder andere behaupten könnte, Gertrude hätte es extra getan. Hätte sich vor Kummer von der Leiter gestürzt, um allem ein Ende zu machen. Sicher, jeder, der sie kannte, würde nicht ein Minute daran glauben. Eine so gottesfürchtige Frau wie Gertrude, aber-«
»Oh, Mrs. Smalley!« Ich bedeckte ihre zitternde Hand mit meiner. »Da machen Sie sich unnötig Sorgen. Es war ja nur eine normale Trittleiter. Keine zum Fensterputzen im zweiten Stock.
Niemand, der sich von einer so kleinen Leiter stürzt, hätte auch nur die geringste Chance, sich umzubringen. Wenn Mrs. Large nicht gefallen ist, weil ihr plötzlich schwindlig wurde, dann muß sie einen Schritt in die Luft gemacht haben und unglücklich aufgeschlagen oder mit dem Kopf zu hart aufgetroffen sein.« Mrs. Smalley bedachte mich mit einem kraftlosen Lächeln. »Es muß wohl am Schock liegen, daß mir so dumme Gedanken kommen.«
Womit wir schon zwei wären, dachte ich. Doch dann atmete ich erleichtert auf. Was für Selbstmord galt, galt schließlich auch für Mord. Wenn jemand Mrs. Larges Tod gewollt hätte, wäre demjenigen bestimmt eine bessere Methode eingefallen, oder nicht? Es will ja wohl kein Mörder riskieren, daß sein Opfer gleich wieder auf die Beine kommt und ihm üble Vorwürfe macht, anstatt tot auf dem Boden liegen zu bleiben. Aber was, wenn es nun irgendein Zwischending gäbe? Was, wenn jemand das Arbeitszimmer in Tall Chimneys aufgesucht hätte, als Mrs. Large auf der Leiter stand? Genau die Mrs. Large, die laut der kargen Information von Mrs. Malloy etwas Schreckliches erfahren hatte und diesbezüglich dringend Rat benötigte. Was, wenn dieser Jemand das Geheimnis unbedingt gewahrt haben wollte, sich furchtbar erregt und der Leiter einen Stoß versetzt hatte? »Sie waren wirklich sehr liebenswürdig.« Mrs. Smalleys Stimme riß mich wieder in die Gegenwart zurück. »Wenn ich nicht schon alle Tage besetzt hätte, würde ich gern bei Ihnen putzen. Wenn Sie jemanden suchen, jetzt wo Gertrude tot ist – ich könnte mal mit Trina McKinnley reden, wenn sie aus dem Urlaub zurück ist. Das ist übermorgen, wenn ich mich nicht irre. Ein paar von ihren Kundinnen sind weggezogen, und Trina hat mir erzählt, daß sie sich erst nach ihrer Rückkehr wegen neuen Stellen umsehen wollte. Armes Mädel!« Mrs. Smalley stieß einen Seufzer aus. »Trina wird das alles sicher noch mehr zu schaffen machen als den anderen.« »Wieso denn das?«
»Weil sie es hätte gewesen sein können, die heute morgen von der Leiter gestürzt ist. Gertrude hat nur für die Millers geputzt, weil Trina im Urlaub ist. Gertrude war da ganz prima, hat sich immer einen halben Tag frei gelassen, damit sie einspringen konnte, wenn jemand von uns ausfiel.«
»Wie lieb von ihr«, sagte ich. »Ich wüßte es übrigens tatsächlich zu schätzen, wenn Sie Ihre Freundin fragen könnten, ob sie bei mir arbeiten will.«
»Trina ist nicht nur meine Freundin, sie ist eher wie die Tochter, die ich nie gehabt habe.« Mrs. Smalleys lächelte mich an, wobei sich ihr zerfurchtes Gesicht mit weiteren Knitterfältchen überzog. »Vertraut mir alles an – auch das mit ihrem Freund. Kein besonders toller Bursche. Ich mache mir immer Sorgen, daß er sich nicht benimmt, obwohl Trina ganz gut auf sich selbst aufpassen kann. Aber jetzt bin ich schon wieder mitten im Plaudern, und Sie müssen doch sicher gehen, meine Liebe. Oh, bitte vielmals um Entschuldigung – Mrs. Haskell.« Ich erwiderte ihr Lächeln und sagte: »Ich bin froh, daß wir uns kennengelernt haben, trotz der traurigen Umstände.« Als ich mich aufraffte und nach meiner Tasche griff, frage ich sie, ob sie nicht auch aufbrechen wolle, aber sie antwortete, sie sei hier mit ihrer Kollegin, Betty Nettle, verabredet, um einen Happen
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