Der Putzteufel geht um
Mrs. Large traten vor, um ein paar Handvoll Erde auf den Sarg zu werfen. Dann folgten die Trauergäste, einer nach dem anderen, um es ihnen nachzutun. Während die Gesichter an mir vorbeizogen, versuchte ich, die einzelnen Mienen zu ergründen. Brigadegeneral Lester-Smith wirkte kühn entschlossen, als er, ungeachtet des matschigen Bodens, einen Ausfallschritt nach vorn machte, um Clarice Whitcombe den Arm zu reichen, die sich bis zum Rand des Grabes vorgewagt hatte. Der Mann mit der schwarzen Lederjacke schaute mittlerweile so gequält drein, als würden ihm mehrere Körperteile gleichzeitig durchstochen. Mrs. Smalley schluchzte laut auf und erntete von der Frau, die ich für Mrs. Nettle hielt, eine Mahnung hinsichtlich würdevoller Haltung. Lady Pomeroy wirkte tief erschüttert, als sie sich niederbeugte, um ein kleines Bouquet auf das mit Erdkrumen übersähte Gras zu legen. Doch die Überzahl der Trauergäste schien von Kälte und Feuchtigkeit mehr angegriffen zu sein als von irgendwelchen anderen Empfindungen. Dann war alles vorbei, und die Trauergemeinde löste sich langsam auf. Als wir uns den Weg durch die Grabsteine bahnten, von denen einige bis ins Siebzehnte Jahrhundert zurückdatierten, begegnete mein Blick dem einer der Töchter von Mrs. Large, und wir blieben stehen, um uns vorzustellen und unser Beileid zu bekunden. »Haskell!« Sie kaute mit ihrem großen Gebiß auf dem Namen herum, während sie Ben einen verstohlenen Blick zuwarf. »Oh, jetzt dämmert’s«, sagte sie dann zu mir. »Sie sind eine der beiden Frauen, die meine Mutter gefunden haben. Na, das muß Ihnen ja ein ganz schönen Schrecken eingejagt haben! Das Leben ist doch immer wieder voller Überraschungen, nicht wahr? Gut, daß es so schnell gegangen ist. Sie hätte bestimmt nicht gern noch lange herumgelegen und war mir und Roberta dabei zur Last gefallen.« Ihr Daumen machte eine Bewegung zu der Frau, die neben ihr stand und bei der es sich, wie ich dann annahm, um Roberta handelte. »Mutter wäre keine einfache Kranke gewesen. Sie hat auch so schon nicht viel gelacht.« »Ich weiß, daß sie Ihnen fehlen wird«, war alles, was mir dazu einfiel. Ben fügte noch etwas in dem Sinn dazu, daß es immer schwer sei, einen Elternteil zu verlieren. »Wahrscheinlich braucht es seine Zeit, bis man sich daran gewöhnt«, pflichtete ihm die Tochter halbherzig bei. »Man läuft sich nicht mehr über den Weg – die Feiertage ohne ihre Stimme am Telefon –, aber, wie sagt man so schön«, sie machte ihrer Schwester ein Zeichen, »das Leben geht weiter. Also – ich und Rob müssen jedenfalls jetzt los zu Mr. Wiseman. Das ist unser Anwalt. Es geht um das Testament, und so einen Termin versäumt man schließlich nicht gern, oder?« Wenige Augenblicke später stiefelten beide mit Riesenschritten davon, während eine spöttische Stimme hinter mir sagte: »Die wird sich wundern, genau wie ihre dämliche Schwester. Gertrude hätte den beiden noch nicht mal einen Putzlappen vermacht. Aasgeier! Schlampen!« Ich drehte mich um. Die Sprecherin war die Frau mit den Locken. Ich sah, wie Mrs. Smalley ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm legte, ehe sie sie zu uns lotste, während der Mann mit der schwarzen Lederjacke hinter ihnen herschlich. »Trina, Liebes«, sagte das angejahrte Waisenkind. »Ich möchte dich mit Mrs. Haskell bekannt machen, von der ich dir erzählt habe. Und das muß ihr Mann sein.« Sie schaute zu Ben hoch. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Roxie Malloy hat immer nur Gutes von Ihnen berichtet. Kann mir gar nicht erklären, wieso sie nicht aufgetaucht ist. Sieht ihr überhaupt nicht ähnlich.« Wir standen neben der riesigen Gedenkstätte für die verblichenen Angehörigen der Familie Pomeroy. Ben gab ein paar Artigkeiten von sich, während Trina sagte, sie habe gehört, daß ich jemanden suche, der bei mir putzt.
»Ich weiß, daß Roxie einen ganzen Tag pro Woche bei Ihnen war, aber ich schaffe nur vier Stunden vormittags, und zwar ein über die andere Woche, und dann auch nur montags.« Sie hatte blitzende schwarze Augen, ein spitzes Kinn, und klang so bestimmt, daß ich schon dankbar wurde, noch ehe ich wußte, warum.
»Dienstags bin ich in Tall Chimneys. Sie wissen vielleicht, daß Gertrude nur für mich eingesprungen ist, weil ich im Urlaub war, und…« Sie rasselte die Namen der anderen Leute herunter, für die sie arbeitete, einschließlich der früheren Kundinnen von Mrs. Large, die sie übernehmen würde.
»Wäre es denn nicht
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