Der Puzzlemoerder von Zons
sie vorsichtig den duftenden Earl Grey in seine Tasse einschenkte.
„Ich wollte Sie zu Ihrer Reportage befragen. Es gibt dort einige Details, die in Zusammenhang mit dem aktuellen Mord in Zons stehen könnten.“
Oliver biss sich auf die Zunge. So sympathisch ihm diese hübsche, junge Frau auch war, so durfte er jetzt jedoch nicht die Nerven verlieren und ihr womöglich noch geheime Details zum Mord an Michelle Peters erzählen. In der Öffentlichkeit waren bisher lediglich der Name des Opfers und die Todesursache bekannt. Über die abgeschorenen Haare und die eingeritzten Zeichen in der Kopfhaut des Opfers wussten nur die eingeweihten Mitglieder der Kriminalkommission Bescheid.
Er erklärte ihr kurz den Hintergrund seiner Befragung. Beide Opfer waren, wenn auch mit fünfhundert Jahren Zeitunterschied, am Wehrturm des Schlossplatzes in Zons aufgehängt worden. Oliver wollte von Emily wissen, wo genau sie für ihre Reportage recherchiert hatte. Emily zeigte ihm ihre gesamten Unterlagen und erzählte ihm von ihrem Besuch im Kreisarchiv. Das Archiv an der Schlossstraße 1 in Zons würde seine nächste Anlaufstelle werden. Es war sehr wahrscheinlich, dass der Mörder von Michelle Peters die Unterlagen aus diesem Archiv hatte. Zumindest befanden sich laut Emilys Aussage nur dort Beschreibungen und Skizzen zum Leichenfund. Ein Blick in das uralte Notizbuch von Bastian Mühlenberg hatte Oliver genügt, um zu wissen, dass die Zeichen auf Michelle Peters Schädel exakt denen auf Elisabeth Kreuzers Kopfhaut glichen. Sogar die Anordnung der Zeichen war hundertprozentig kopiert worden.
Sein Instinkt hatte ihn nicht im Stich gelassen, als er noch heute Morgen erstaunt die Reportage von Emily Richter in der Rheinischen Post gelesen hatte. Es handelte sich offensichtlich um einen Nachahmungstäter.
Fürs erste hatte Oliver genug erfahren. Er erhob sich aus seinem Stuhl und bedankte sich mit einem Händedruck bei Emily.
„Ich schicke Ihnen nachher noch Kollegen vorbei, die ihre Unterlagen kopieren.“
Emily öffnete ihm die Wohnungstür, nickte dabei aufmerksam mit ihrem Kopf und blickte Oliver aus großen, braunen Augen an. Sein Herz machte einen Satz. Er hatte es bereits geahnt, als er ihr Foto zum ersten Mal in der Rheinischen Post betrachtet hatte. Er hatte sich augenblicklich in Emily Richter verliebt.
...
Oliver saß wieder an seinem Schreibtisch und blickte auf den großen Umschlag in seinen Händen. Endlich lag ihm der Laborbericht mit den Ergebnissen der an Michelle Peters Leiche sichergestellten Fasern vor. Er öffnete gespannt den Briefumschlag und begann zu lesen. Insgesamt gab es im Bericht keine Auffälligkeiten, nur eine Sache machte Oliver stutzig. Die Faserspuren am Leinentuch, in welches die Leiche eingewickelt war, wiesen Faserspuren auf, die typischerweise aus dem Sitzpolster eines Ford Mondeo stammten. Das Labor wies aus, dass es sich um ein Ford Mondeo Modell der Baureihen 2000-2003 handeln musste.
Oliver kratzte sich am Kopf und blickte vom Schreibtisch auf. Er versuchte sich zu konzentrieren. Irgendwo in seinem Hinterkopf schellte eine Alarmglocke. Fast automatisch glitt seine linke Hand in sein Sideboard und holte die Akte „Waldleiche“ hervor. Interessant! Das von Zeugen beobachtete Fluchtfahrzeug war ebenfalls ein Ford Mondeo! Auch hier wies der Laborbericht dieselben Faserspuren auf. Zumindest stammten die Faserspuren aus derselben Baureihe.
Oliver nahm de n Telefonhörer in die Hand und rief das Labor an. Er beauftragte das Labor damit, zu untersuchen, ob die gefundenen Faserspuren im Fall „Waldleiche“ mit denen vom Fall „Michelle Peters“ identisch waren. Sollte es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen der Waldleiche und der Toten aus Zons geben?
XVI .
Vor fünfhundert Jahren
Es war fast Mitternacht. Bastian fühlte sich leicht schwindelig und versuchte, sich so langsam wie möglich zu bewegen. Neben ihm saß Wernhart. Er wirkte genauso angespannt wie Bastian. Die Nacht war eiskalt und glasklar. Es war Vollmond. Es war genau die Nacht, in der Dietrich Hellenbroich sein nächstes Opfer töten wollte. Doch diesmal waren sie auf ihn vorbereitet.
Die Mädchen waren sicher in der Kirche untergebracht. Vor jedem Eingang standen zwei Wachen. Die Stadttore waren ebenfalls doppelt gesichert. Auf jedem der Zonser Türme wurde ein weiterer Wachsoldat postiert. Bastian veranlasste zudem, dass bereits am Tag vorher jeder Besucher der Stadt Zons an den Eingangstoren der Stadt
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