Der Puzzlemoerder von Zons
mittelalterliche Städtchen spazierten. Von diesem Parkplatz aus, konnten sie direkt durch eine kleine Unterführung hindurch den Eingang zum Haus und zu Annas kleinem Appartement erreichen.
Es war ein wirklich kalter Wintertag. Obwohl es erst Anfang Dezember war, lagen die Temperaturen schon im Minusbereich und sie konnten ihren Atem in der vor Kälte klirrenden Luft sehen. Es würde vielleicht ausnahmsweise einmal weiße Weihnachten geben. Anna und Emily liefen frierend, mit hochgezogenen Schultern durch die kleine Rheinstraße und waren froh, als sie in Annas warmen Appartement ankamen.
Anna kochte einen heißen Tee und beide machten es sich auf dem Sofa gemütlich. Sie breiteten die Unterlagen aus dem Kreisarchiv vor sich aus. Der Mörder soll ein gewisser Dietrich Hellenbroich aus Köln gewesen sein. Aufgewachsen war er auf einem riesigen Bauernhof am nördlichen Rand von Köln. Die Mutter war bei seiner Geburt verstorben und er wuchs alleine bei seinem Vater auf. Der Vater kam während einer großen Pestepidemie ums Leben und so erbte Dietrich bereits im Alter von nur fünfzehn Jahren den Bauernhof. Rund um den Bauernhof verschwanden in dieser Zeit viele junge Mädchen. Etliche Nachbarn verdächtigten Dietrich und machten ihn für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich.
Man konnte ihm jedoch nie wirklich etwas nachweisen und so lebte er fast zehn Jahre lang unbehelligt auf seinem Bauernhof, bis er im November 1495 von der Kölner Stadtwache bei einem bestialischen Mord an der jüngsten Tochter des wachhabenden Burgsoldaten gefasst wurde. Das Mädchen hatte sich wohl heftig gewehrt und laut geschrien, aber die Wachen kamen zu spät und konnten es nicht mehr retten. Dafür mussten sie nicht lange nach dem Mörder suchen, denn dieser hatte das Mädchen langsam erdrosselt und während dieser schrecklichen Tat vergewaltigt.
Da die Familie des Mädchens ursprünglich aus Neuss stammte, bestand der Vater darauf, den Mörder nach Neuss zu überführen und dort hinrichten zu lassen. Er wollte eine öffentliche Hinrichtung vor allen Bekannten und Freunden seiner Tochter haben. Dies war sozusagen die letzte Genugtuung, die er seiner ermordeten Tochter zuteil kommen lassen wollte. Die Asche des Mörders sollte am Rhein über dem Ort verstreut werden, an dem seine Tochter als kleines Mädchen am liebsten mit seinen Geschwistern herumgetollt hatte.
Doch dazu war es jedoch nie gekommen, da es Dietrich Hellenbroich gelungen war, während seiner Überführung von Köln nach Neuss zu fliehen. Die Flucht gelang ihm durch eine Unvorsichtigkeit der Zonser Stadtwache. Im Juddeturm wurden zu dieser Zeit gerade neue moderne Schlösser für die Gefangenenzellen ausprobiert. Irgendwie musste der Mörder es geschafft haben, eine Messerklinge mit in seine Zelle zu schmuggeln. So gelang es ihm am frühen Morgen des 15. Dezembers 1495 aus dem stark bewachten Juddeturm auszubrechen. Er konnte durch einen Geheimgang, der direkt vom Juddeturm zur Burg Friedestrom führte, unbemerkt entkommen. Woher er von dem Geheimgang wusste und wie er den Eingang fand, ist bis heute unklar. Gewiss ist nur, dass ihm noch am selben Tag ein weiteres Mädchen, namens Elisabeth Kreuzer, zum Opfer fiel. Bastian Mühlenberg übernahm damals die Ermittlungen.
VIII .
Vor fünfhundert Jahren
Noch am selben Abend hatten sie Elisabeth Kreuzers Leiche zum einzigen in Zons ansässigen Arzt gebracht. Damals war es nicht üblich, einen Arzt zur Leichenbeschau hinzuzuziehen, doch Bastian hatte so ein unbeschreibliches Bauchgefühl und er glaubte, dass er vielleicht noch hilfreiche Hinweise bekommen könnte.
Am gestrigen Tag ging aber auch wirklich alles schief. Nicht nur, dass dieser Kölner Mörder Dietrich Hellenbroich am frühen Morgen aus dem Juddeturm entkommen war, sie hatten ihn auch nicht wieder einfangen können. Dabei war Zons ein so kleines Städtchen, in welchem jeder jeden kannte. Im Grunde konnte man sich hier unmöglich für längere Zeit verstecken. Tatsächlich war sich Bastian sicher, dass sie ihn bald wieder fangen würden. Doch zu allem Unglück muss dem Mörder kurz nach seiner Flucht die junge Elisabeth in die Hände gefallen sein.
Eigentlich sollte das Mädchen den ganzen Tag zu Hause bleiben, da die Mutter von einer Lungenentzündung geplagt und Elisabeth gebeten wurde, auf die drei kleinen Geschwister aufzupassen. Aber sie musste das Haus wohl aus irgendeinem Grund verlassen haben. Es war völlig undenkbar, wie sie sonst in die
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