Der Rabbi schoss am Donnerstag
zum Beispiel, ihm vorzulesen, welche Rechte ihm zustehen. Dann erklärte ich ihm, welche Beweise wir gegen ihn haben. Und wissen Sie, was er darauf antwortete? Er sagte nur: ‹Das war gut geschossen, nicht wahr?› Was halten Sie davon?»
«Na ja, die Leute sind auf die verschiedensten Dinge stolz.»
«Er war ganz offen mit uns, nachdem er sah, dass wir ihn hatten. Nur einmal regte er sich auf, weil Jennings da etwas über Billy gesagt hatte. Er behauptete, er habe es nie so aussehen lassen wollen, als wäre der junge Mann der Täter. Das hat er mehrmals wiederholt.»
Der Rabbi nickte. «Kann ich mir vorstellen, dass ihn das beunruhigte. Er muss sich doch klar darüber gewesen sein, dass so etwas nahe lag. Hat er gesagt, falls Billy verhaftet worden wäre, hätte er sich freiwillig gestellt?»
«Ich habe ihn nicht danach gefragt.»
«Und Billy?»
«Ich war heute Morgen drüben bei ihm auf der Insel.»
«Haben Sie ihm mitgeteilt, dass er jetzt frei ist?»
«Aber hören Sie, David! Wir haben nie Anklage gegen ihn erhoben. Er hätte gehen können, wann immer er wollte.»
«Vorausgesetzt er hätte so weit schwimmen oder sich ein Ruderboot leihen können?»
Lanigan machte ein verlegenes Gesicht. «Ich gebe zu, es gab da einige Hindernisse …»
«Und wie hat er die Nachricht über Gore aufgenommen?»
«Tja, also das ist interessant. Er sagte, das überrasche ihn nicht. Er habe sich gedacht, dass Gore es gewesen sein müsse. Weil Gore der Einzige war, der bei dem Alten saß, als er zum Fenster hinausstieg. Und außerdem, weil Jordon durch einen perfekten Schuss mitten zwischen die Augen getötet worden war. Also erzählte ich ihm von den anderen Schüssen und von Gores Alibi. Aber er sagte nur: ‹Na ja›, als sei ihm das völlig gleichgültig. Was sagen Sie dazu?»
Der Rabbi lächelte. «Ich würde sagen, es ist der Beweis dafür, dass man alt, erfahren, reif und weise sein muss, um sich täuschen zu lassen. Was will er denn jetzt anfangen? Will er nach New York zurück?»
«Nein. Es gefällt ihm auf der Insel, deswegen möchte er bis Thanksgiving bleiben, bis die Arbeit beendet ist. Dann kommt auch ungefähr seine Mutter zurück, deswegen möchte er warten, bis sie wieder in den Staaten ist. Übrigens, ich soll Sie von ihm grüßen. Er kommt am Wochenende mit den Hegertys rüber und lässt fragen, ob er Sie aufsuchen darf.»
«Aber von Herzen gern! Wann kommt er denn? Am Freitag? Am Samstag?»
«Am Freitagnachmittag, sagt Tom Hegerty.»
«Vielleicht würde er gern am Freitagabend zum Dinner kommen», meinte Miriam.
«Das würde ihn ganz bestimmt sehr freuen», antwortete Lanigan. «Ich werd’s ihm ausrichten.»
«Es war Ben Segal, der mich auf ihn aufmerksam gemacht hat», sagte der Rabbi. «Wie wär’s, wenn wir die Segals auch einladen, Miriam?»
«Wunderbar! Ich werde sie anrufen», gab sie zurück. «Sicher freuen sie sich über eine selbst gekochte Mahlzeit.»
54
Der Brief kam Dienstag mit der Post. Der Rabbi öffnete ihn. «Sehr geehrter Rabbi Small», las er. «Hiermit möchten wir Ihnen mitteilen, dass der Vorstand die Verlängerung Ihres Vertrags beschlossen hat …»
Miriam, die gehört hatte, dass der Briefträger klingelte, kam aus der Küche. «Gibt’s was Neues?», fragte sie.
«Nicht viel.» Und er reichte ihr den Brief.
Während sie las, gab sie sich Mühe, sich ihre Erleichterung und Freude nicht anmerken zu lassen. Es gelang ihr sogar, verärgert zu tun, als sie schließlich sagte: «Die haben sich wahrhaftig Zeit damit gelassen!» Dann aber lachte sie. «Ach David! Ich bin ja so froh!»
Er grinste sie an. «Siehst du? Und ich hab keinen Finger dafür rühren müssen.»
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