Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Rabbi schoss am Donnerstag

Der Rabbi schoss am Donnerstag

Titel: Der Rabbi schoss am Donnerstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
lässt du ihn nicht ein Jahr pausieren?»
    «Und was soll er in diesem Jahr tun?», begehrte sie auf.
    «Arbeiten. Soll er sich einen Job suchen.»
    «Was kann er denn? Er hat nichts gelernt.»
    «Nun ja, es braucht nicht unbedingt eine leitende Stellung zu sein. Alles ist recht, solange es ihn beschäftigt und er sich dabei ein bisschen Geld verdient.»
    «Und wenn er ein paar Wochen arbeitet und dann wieder aufhört?»
    «Musst du darauf bestehen, dass er sich eine andere Arbeit sucht.»
    «Aber ich bin gar nicht hier! Mein Agent hat eine Europatournee für mich arrangiert.»
    «Ach so! Also, du brauchst jemand, der auf ihn aufpasst. Weißt du was? Schick ihn doch eine Zeit lang zu mir!»
    Sofort erwachte ihr altes Misstrauen. «Damit du ihm sagen kannst, du bist sein Vater, und ihn mir entfremdest?»
    Er lachte. «O Gott, nein! So dumm bin ich nicht, dass ich mir zutraue, mit einem israelischen Kriegshelden konkurrieren zu können!»
    «Warum willst du ihn aber dann bei dir haben?»
    «Weil ich sein Vater bin, weil ich mich für ihn verantwortlich fühle und weil es möglicherweise schön ist, einen jungen Menschen um sich zu haben. Letztes Jahr hatte ich wieder eine Herzattacke. Nichts Ernstes, aber es wäre wohl gut, wenn ich am Abend und in der Nacht jemanden bei mir im Haus hätte. Die Haushälterin geht, sobald sie das Abendbrotgeschirr gespült hat.»
    «Du meinst, du brauchst jemanden, der sich um dich kümmert?»
    «O nein, so weit ist es noch nicht! Es wäre nur schön, zu wissen, dass jemand in der Nacht bei mir im Haus ist. Falls mir etwas zustoßen sollte, könnte er einen Arzt rufen.»
    «Und was soll er tagsüber tun?»
    «Arbeiten, natürlich. Ich besorge ihm irgendeinen Job. Ich bin ziemlich bekannt in der Stadt. Wie alt ist er jetzt – achtzehn, neunzehn?»
    «Achtzehn.»
    «Ich hab’s!», sagte er triumphierend. «Ich besorge ihm einen Job bei der Bank. Den Gefallen tut mir Larry Gore. Das ist der Präsident von einer Bank in Barnard’s Crossing. Er kümmert sich um meine Investitionen und ist ein entfernter Verwandter – der einzige, den ich habe. Außerdem würde er es auf jeden Fall tun, wenn ich ihn darum bäte.»
    Sie musterte ihn zweifelnd. «Aber … Ich weiß nicht. Vielleicht will Billy das gar nicht, obwohl er nichts sagt. Er ist so sensibel. Es wäre furchtbar, wenn ich denken müsste, er wäre unglücklich und …»
    «Hör mal», unterbrach ei sie energisch, «ich werde dafür sorgen, dass er dir regelmäßig schreibt. Jede Woche bekommst du einen Brief von ihm, das verspreche ich dir. Wenn ihm was nicht passt, würde er es dir bestimmt mitteilen, vor allem brieflich. Und dann könntest du mich anrufen oder mir schreiben, und ich würde ihn sofort heimschicken. Morgen Vormittag fliege ich zurück. Du brauchst nur ein Wort zu sagen, und ich setze alle Hebel in Bewegung.»
    Sie besprachen alles ausgiebig. Sie war unsicher und erhob eine Menge Einwände, die er geschickt konterte, indem er das Hauptgewicht von ihren Interessen auf Billys und dann auf seine eigenen verlagerte. «O nein, stören würde er mich überhaupt nicht. Im Gegenteil. Es wäre schön, jemanden zu haben, mit dem man sich beim Abendessen unterhalten kann. Und mir ist viel wohler, wenn ich weiß, dass bei Nacht jemand im Haus ist.»
    Als Billy heimkam, erklärte sie ihm alles.
    «Mr. Jordon hat dich eingeladen, bei ihm zu wohnen, während ich in Europa bin.»
    «Die ganze Zeit?»
    «Ganz recht», bestätigte Jordon. «Und noch länger, bis du dich entschließt, zum College zu gehen, falls du das wirklich willst.»
    «Also, Mann, das ist ’ne Kleinstadt, wo Sie wohnen, nicht wahr?»
    «Ja, es ist eine Kleinstadt», antwortete Jordon, «aber es ist eine nette Stadt, direkt am Meer. Man kann schwimmen und segeln. Und es ist nur eine halbe Stunde nach Boston.»
    «Aber was soll ich den ganzen Tag da machen?»
    «Du könntest arbeiten», entgegnete Jordon prompt.
    «Was für eine Arbeit?», erkundigte sich der junge Mann vorsichtig.
    «Vielleicht in einer Bank.»
    «He, Mann, das wäre toll!»
    Obwohl es so spät geworden war, ging Jordon lieber zu Fuß in sein Hotel zurück, als ein Taxi zu nehmen. Er sonnte sich in der Vorstellung, dass sein Sohn bei ihm wohnen würde. Er war ein Junge, aber er würde einen Mann aus ihm machen.
    Er hörte, wie ein Schlüssel in der Haustür gedreht wurde. Laut rief er: «Bist du das, Billy? Komm rein, komm rein, Junge! Es ist nicht abgeschlossen.» Er rieb sich die Hände und

Weitere Kostenlose Bücher