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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Fußball, wovon Kramer der Ältere so gut wie nichts verstand.
    Myron Kramer suchte vor seiner Abreise aus Atlanta den Arzt seines Neffen auf. »Seine Mutter starb, als er noch klein war. Krebs.
    Mein Bruder ist vor ein paar Jahren dahingegangen. Herz. Ich bin also der einzige nahe Verwandte. Ich bitte Sie, mir zu sagen, wie es um den Jungen steht.«
    »Ich fürchte, wir haben es mit einer Neubildung zu tun.« »Erklären Sie mir bitte, was das bedeutet«, sagte Myron geduldig. »Ein Gewächs in der Brusthöhle, hinter dem Herzen.«
    Myron verzog das Gesicht und schloß die Augen. »Können Sie ihm helfen?«
    »Ich weiß nicht, wie weit - bei einem Tumor dieser Art«, sagte der Arzt vorsichtig. »Und möglicherweise ist das nicht der einzige.
    Vorgeschrittener Krebs tritt nur selten an einer einzigen Stelle auf.
    Wir müssen vorerst feststellen, ob noch andere Neubildungen im Körper vorhanden sind.«
    »Werden Sie es ihm sagen?«
    »Nein, zumindest jetzt noch nicht. Wir werden zuwarten und ihn beobachten.«
    »Und wenn wirklich noch ... andere Dinge da sind?« fragte Myron.
    »Wie wollen Sie das feststellen?«
    »Wenn es sich wirklich um Metastasen handelt«, sagte der Arzt,
    »dann wird sich das nur zu bald herausstellen, Mr. Kramer.« Am neunten Tag wurde Dick aus dem Krankenhaus entlassen. Zuvor versorgte ihn der Arzt noch mit größeren Mengen verschiedener Vitamintabletten und Pankreasfermente. »Die werden Sie wieder auf die Beine bringen«, sagte er. Dann gab er ihm noch ein Fläschchen voll rosa Kapseln. »Das ist Darvon. Wenn Sie Schmerzen haben, nehmen Sie eines davon. Alle vier Stunden.«
    »Ich habe keine Schmerzen«, sagte Dick.
    »Ich weiß«, sagte der alte Doktor. »Aber es ist gut, sie bei der Hand zu haben, für alle Fälle.«
    Dick hatte sechs Vorlesungstage versäumt und eine Menge nachzuholen. Vier Tage lang büffelte er unaufhörlich, aber dann ging ihm der Atem aus. Am Nachmittag rief er Betty Ann Schwartz an, aber sie war schon verabredet.
    „Wie wär's mit morgen abend?«
    »Das tut mir aber leid, Dick, ich hab auch für morgen schon eine Verabredung.«
    »Na schön, kann man nichts machen.«
    »Dick, das ist keine Abfuhr, wirklich nicht. Ich möchte so gern mit dir ausgehen. Wie wär's mit Freitag, da hab ich noch gar nichts vor.
    Da können wir alles unternehmen, was du magst.«
    »Alles?«
    Sie lachte. »Fast alles.«
    »Ich halte mich an die erste Aussage. Abgemacht.«
    Am nächsten Nachmittag war er zu unruhig, um zu lernen. Obgleich er wußte, daß er sich das nach einer versäumten Woche nicht leisten konnte, schwänzte er zwei Vorlesungen und fuhr hinaus zum Angel-und Jagdklub, wo ein Tontauben-Schießen stattfand. Zum erstenmal verwendete er sein neues Schießeisen in einem Wettbewerb und traf achtundvierzig von den fünfzig Tontauben, stand im warmen Sonnenlicht und knallte sie eine nach der andern ab und holte sich den ersten Preis. Auf der Heimfahrt stellte er fest, daß irgend etwas fehlte, und er fragte sich irritiert, was es wohl sein könnte.
    Schließlich fand er mit einem traurigen Lachen heraus, was es war: die gehobene Stimmung, die sonst immer mit einem Sieg verbunden gewesen war. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich nicht gehoben, sondern niedergeschlagen. In der rechten Leistengegend machte sich ein leises Pochen bemerkbar.
    Bis zwei Uhr früh hatte es sich zu einem Schmerz ausgewachsen. Er stand auf, holte die Flasche mit den rosa Kapseln aus der Schreibtischlade, betrachtete das eine Darvon in seiner Hand. »Geh zur Hölle«, sagte er, tat die Kapsel in die Flasche zurück und verräumte die Flasche in seinen Kasten, unter die Unterhosen. Er nahm zwei Aspirin, und der Schmerz hörte auf.
    Zwei Tage später kam er wieder.
    Am Nachmittag ging er mit dem Hund in die Wälder auf Vogeljagd, aber er kehrte unverrichteterdinge zurück, weil seine Hände so gefühllos wurden, daß er nicht laden konnte.
    In der Nacht nahm er ein Darvon.
    Freitag früh ging er ins Spital. Betty Ann Schwartz besuchte ihn am Abend, aber sie konnte nicht lange bleiben.
    Der alte Arzt sagte ihm so zartfühlend wie möglich die Wahrheit.
    »Werden Sie operieren, wie schon einmal?« fragte Dick.
     
    »Die Sache liegt jetzt anders«, sagte der Arzt. »Es gibt etwas Neues, womit sie schon einigen Erfolg gehabt haben. Gelbkreuz, das Zeug, das man im Gaskrieg verwendet hat. Jetzt setzt man es gegen den Krebs ein, nicht gegen Soldaten.«
    » Wann wollen Sie mit der Behandlung beginnen?«

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