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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Glück, Dick.« Sie öffnete die Wagentür und schlüpfte hinaus, und er blieb sitzen und sah ihr nach, wie sie auf das Haus zulief, über die Stufen und durch die geräumige Veranda, sah ihr nach, bis die Tür hinter ihr zuschlug.
    Er hatte keine Lust, in sein Studentenheim zu gehen, und es wäre zu dumm gewesen, in einem Hotel zu übernachten; so fuhr er zurück ins Krankenhaus.
    Dort blieb er die nächsten zehn Tage.
    Eine hübsche kleine Krankenschwester mit wildem dunklem Haar spritzte ihm das Medikament intravenös. Am ersten Tag hatte er mit ihr gescherzt und nur Augen für ihren schönen Körper gehabt und gehofft, daß sein Versager vom vergangenen Abend eine einmalige Schwäche gewesen sei, eine vorübergehende psychisch bedingte Störung und nicht eine Begleiterscheinung seiner Krankheit. Am dritten Tag merkte er nicht einmal mehr, ob sie im Zimmer war.
    Das Gelbkreuz verursachte ihm Durchfall und elende Übelkeit im Magen.
    Der alte Arzt kam und verordnete eine neue Dosierung, aber auch von der geringeren Dosis wurde ihm übel.
    Onkel Myron kam dreimal die Woche abends nach Atlanta und saß nur an seinem Bett, ohne viel zu reden.
     
    Einmal kam auch Sheldon. Er schaute Dick unentwegt an, stotterte schließlich etwas von bevorstehenden Prüfungen, ging und kam nicht wieder.
    Am Abend des zehnten Tages wurde er entlassen. »Sie müssen zweimal die Woche zur ambulanten Behandlung kommen«, sagte der Alte.
    »Er wird bei mir wohnen«, sagte Onkel Myron.
    »Nein«, sagte Dick. »Ich gehe zurück an die Universität.« »Ich fürchte, das kommt jetzt nicht in Frage«, sagte der Arzt. »Bei dir wohnen kommt aber auch nicht in Frage«, erklärte er Myron. »Dann gehe ich nach Cypress. Ich laß mich nicht als Kranken behandeln.«
    »Was ist los mit dir? Was denkst du dir eigentlich?« fragte Myron.
    »Warum mußt du so eigensinnig sein?«
    Aber der Doktor verstand ihn. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Er wird es ganz gut allein schaffen - wenigstens noch für kurze Zeit«, sagte er zu Myron.
    Dick packte seine Sachen am späten Vormittag, als das Haus fast menschenleer war. Nicht einmal von Sheldon verabschiedete er sich.
    Er verstaute seine Koffer im Wagen und den Hund auf den Koffern und das Schießeisen auf einer Decke unten hinter dem Fahrersitz, dann fuhr er noch ein paar Runden um das Universitätsgelände. Die Blätter begannen sich schon zu verfärben. Vor einem der Studentinnenhäuser war eine Schar Mädchen mit Malerbürsten und Eimern am Werk, um den Wänden einen neuen Anstrich zu geben.
    Um sie drängte sich eine Horde johlender und pfeifender Jungen.
    Dick fuhr über die Autobahn. Innerhalb weniger Minuten hatte er den Tachometer auf hundertzwanzig Stundenkilometer hinaufgejagt, der kleine blaue Sportwagen ging kreischend in die Kurven und schoß in der Geraden dahin, während der Hund winselte und Dick dauernd darauf wartete, daß der Wagen aus einer Kurve getragen oder an einen Baum, eine Mauer oder einen Telephonmast geschleudert würde. Aber nichts geschah, der Tod griff nicht ein, nicht einmal ein Polizist hielt ihn mit einem Strafmandat wegen zu schnellen Fahrens auf, und so jagte er, wie in einer Rakete, durch halb Georgia.
    Er richtete sich wieder im Haus seines Vaters ein und stellte zum Aufräumen und Kochen eine Negerin an, die Frau eines Lastwagenfahrers, der die Möbellieferungen für das Geschäft durchführte. Am zweiten Nachmittag seines Aufenthalts zu Hause erschien er im Betrieb, wo zwei Männer ihm versicherten, wie entsetzlich schlecht er aussehe, und einer ihn nur wortlos anstarrte.
    Von da an blieb er der Möbelfabrik fern. Manchmal ging er mit dem Hund in die Wälder, und der winselte und tänzelte, wenn er Wachteln oder Wildtauben entdeckte, aber Dick unternahm keinen Jagdversuch mehr. Es gab Tage, an denen er es gekonnt hätte, Tage, an denen sich die Taubheit in den Fingern und der Schmerz nicht meldeten. Aber ihm war nicht mehr nach Töten zumute. Zum erstenmal kam ihm zu Bewußtsein, daß er Leben ausgelöscht hatte, wenn er Vögel vom Himmel herunterholte, und nun schoß er nicht mehr, nicht einmal auf Tontauben. Zweimal in der Woche unternahm er die lange Fahrt nach Atlanta ins Krankenhaus, aber er fuhr langsam, fast träge, und versuchte nicht mehr, irgend etwas zu übereilen.
    Es wurde kälter. Die Maulwurfsgrillen auf dem Feld hinterm Haus verschwanden. Waren sie wirklich fort, dachte Dick, oder hatten sie sich irgendwo vergraben, um im Frühling wieder lebendig zu

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