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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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aufgab, sein Gesicht zwischen ihre Hände nahm und ihn küßte wie eine Braut; sie hielt nur inne, um ihn flüsternd an die Leute im Haus zu erinnern -
    eine Mahnung, die Michael nicht mehr kümmerte.
     
    Sie schickte sich an, zu tun, was Dr. Reisman ihr aufgetragen hatte, aber er wehrte heftig ab. »Diesmal handelt sich's nicht um ein Kind, sondern zur Abwechslung um dich und mich«, sagte er, und sie legten sich im Schatten des Felsens auf die raschelnden dürren Blätter und ergaben sich der Lust wie die Tiere der Wildnis, und dann war sie endlich wieder seine Geliebte, sein Kind und seine Braut, das strahlende Mädchen, für das er den großen Fisch gefangen hatte.
    Schuldbewußt schlichen sie zu ihrem Wagen zurück. Michael suchte die dunklen Fenster des Hauses nach schlaflosen Spähern ab, und auf der Heimfahrt schmiegte sich Leslie eng an ihn. Als sie heimkamen, bestand Michael darauf, daß sie die Spuren ihres nächtlichen Abenteuers gründlich verwischten, bevor sie ins Haus gingen. Er war eben damit beschäftigt, die Kehrseite seiner Geliebten von den Resten von Laub und Zweigen zu säubern, und ihre Schuhe schauten noch aus seinen beiden Jackentaschen, als plötzlich das Licht über dem Eingang aufflammte und die verstörte Studentin ihnen mitteilte, sie hätte gefürchtet, es wären Einbrecher am Werk.
    Zehn Tage später kam Leslie zu ihm, umfaßte ihn und sagte: »Meine Periode ist fort - unauffindbar.«
    »Sie wird sich eben ein paar Tage verspäten. So was kommt vor.« »Bei mir nicht; pünktlich wie nur ein Yankee. Und ich fühl mich so kaputt, als hätte ich einen Vitaminstoß nötig.«
    »Es wird eine Verkühlung sein«, sagte er zärtlich und betete wortlos.
    Zwei Tage später verbrachte sie die frühen Morgenstunden im Badezimmer, mit heftigem Erbrechen beschäftigt.
     
    Als dann die Urinprobe einen winzigen Laboratoriumsfrosch potent machte wie einen Stier im Frühling, buchte Dr. Reisman die endlich eingetretene Schwangerschaft triumphierend auf sein Konto. Sie ließen ihn bei seinem Glauben.

42
    Sieben Wochen nachdem Kahners in die Stadt gekommen war wie ein fahrender Ritter, allerdings nur in schwarzem Buick statt auf weißem Hengst, packte der Herr von der Kapitalsbeschaffung seine Kisten, dirigierte drei Leute, sie aus dem Haus zu tragen, nahm einen Scheck über neuntausendzweihundertachtunddreißig Dollar entgegen und verschwand aus dem Leben der Gemeinde.
    Die rote Marke auf dem Thermometer vor dem Tempel war zum höchsten Punkt gestiegen.
    Zwölf Familien hatten ihre Mitgliedschaft zurückgelegt.
    Dreihunderteinundfünfzig Gemeindemitglieder hatten Beiträge von fünfhundert Dollar bis hinauf zu Harold Elkins' fünfzigtausend gespendet.
    Paolo Di Napoli kam aus Rom mit hübschen Pastellskizzen zurück, die den Einfluß Nervis ebenso zeigten wie den von Frank Lloyd Wright.
    Das Baukomitee erklärte sich unverzüglich einverstanden.
    Im Oktober polterten schwerfällige Maschinen den Hügel hinan, auf dem der Tempel errichtet werden sollte. Sie rissen die rote Erde auf und fällten zweihundertjährige Bäume, hoben alte Baumstümpfe aus ihren tiefen Verwurzelungen und räumten Felsblöcke weg, die sich nicht mehr geregt hatten, seit sie vom letzten großen Gletscher hier zurückgelassen worden waren. Zu Thanksgiving Day war der Boden schon hart gefroren, und es hatte zum erstenmal geschneit. Die Baumaschinen wurden zu Tal gefahren. Das dünne Weiß des frischen Schnees linderte die klaffende Wunde der Baugrube.
     
    Eines Tages erschien der Rabbi mit einer eindrucksvollen Tafel, die den Leser darüber informierte, daß hier der neue Tempel Emeth erbaut werde. Michael hatte die Tafel selbst zusammengenagelt und gemalt. Aber der Boden war so hart gefroren, daß er sie nicht in die Erde rammen konnte, und so nahm er sie wieder mit und beschloß, bis zum Frühling zu warten.
    Dennoch kehrte er oft zum Bauplatz zurück.
    Er ließ seine Wasserstiefel im Gepäckraum des Wagens, und manchmal, wenn er das Bedürfnis hatte, ganz allein mit Gott zu sein, fuhr er bis zum Fuß des Hügels, zog die Gummistiefel an und stieg hinauf bis zum Gipfel. Dort saß er dann unter dem Felsen, auf dem Platz, wo er seine Frau geliebt hatte. Er betrachtete die gefrorene Ausschachtung und wiegte sich mit dem Wind. Es gab viele Spuren im Schnee, Kaninchenspuren und andere, die er nicht erkannte. Er hoffte, daß der Tempelbau die Tiere nicht verscheuchen werde. Immer nahm er sich vor, ihnen das nächstemal Futter

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