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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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und hielt dann ihre Hand fest, bis sie getröstet eingeschlafen war. Dann machte er seiner Tochter den ersten Besuch. Sie hatte eine Menge Haare und war viel hübscher, als Max unmittelbar nach der Geburt gewesen war.
    Er kam mit einer Schachtel voll Kuchen für den Babysitter nach Hause, gab Max einen Gute-Nacht-Kuß und fuhr dann durch den Frühlingsregen zum Tempel. Dort saß er bis zum Morgen, in einem der neuen bequemen, schaumgummigepolsterten Stühle in der dritten Reihe. Er bedachte, was er einmal hatte tun wollen und was er nun wirklich getan hatte mit seinem Leben, dachte nach über Leslie und sich selbst und Max und das neugeborene kleine Mädchen. Und während er Zwiesprache mit Gott hielt, bemerkte er, daß auf der bema des neuen, kaum ein paar Wochen alten Tempels eine Maus ihr Spiel trieb, nachts, wenn es ganz still war im Haus.
    Fünf Minuten nach halb sechs verließ er den Tempel, fuhr nach Hause, duschte, rasierte sich und kleidete sich um. Er suchte Felix Sommers in seiner Wohnung auf, während jener noch beim Frühstück saß, und nahm Glückwünsche und eine Tasse Kaffee entgegen; dann entdeckte er, daß er völlig ausgehungert war, und so wurde aus dem Kaffee ein komplettes Frühstück. Bei der Eierspeise teilte er Felix mit, daß er sich entschlossen habe, sein Amt zurückzulegen.
    »Haben Sie das auch gründlich überdacht? Sind Sie absolut sicher?«
    fragte Felix, während er Kaffee eingoß; und obwohl Michael seinen Entschluß wirklich überdacht hatte, war es doch ein gelinder Schlag für sein Selbstgefühl, zu merken, daß Sommers keine Anstalten machen würde, ihn zurückzuhalten.
    Er sagte, er werde bleiben, bis sie einen Nachfolger für ihn gefunden hätten. »Ihr solltet zwei Leute anstellen«, riet er. »Einen Rabbiner, und einen, der auch ein Laie sein kann, vielleicht ein freiwilliger Mitarbeiter, der aus dem Geschäftsleben kommt und etwas von der Verwaltung versteht. Aber den Rabbiner laßt Rabbiner sein.«
    Sein Rat war aufrichtig gemeint, und Sommers faßte ihn auch so auf und dankte Michael.
    Er wartete ein paar Tage, bevor er es Leslie erzählte, eines Nachmittags, während sie dem Baby zu trinken gab. Sie schien nicht überrascht. »Komm her«, sagte sie. Er setzte sich behutsam auf das Bett, und sie küßte ihn und ergriff seine Hand und führte sie an die Wange des saugenden Babys, und er spürte wieder, wie weich das war, so einzigartig weich, daß er nicht mehr gewußt hatte, wie es sich anfühlte.
    Anderntags brachte er sie nach Hause: Leslie, das Baby, ein Halbdutzend Flaschen voll ärztlich kontrollierter Babynahrung - denn Leslie hatte keine Milch mehr -, sowie eine große Flasche voll meergrüner Kapseln, von denen der Arzt hoffte, sie würden es ihr ermöglichen, zu schlafen. Ein paar Nächte lang halfen sie wirklich, aber schließlich blieb die Schlaflosigkeit Sieger und quälte die Mutter, obwohl das Kind die Nächte durchschlief.
    An dem Tag, an dem Rachel drei Wochen alt wurde, fuhr Michael mit einem Frühzug nach New York.
    Rabbi Sher war vor zwei Jahren gestorben. Sein Nachfolger war Milt Greenfield, einer von Michaels Jahrgangskollegen im Institut. »Da gibt's jetzt eine Vakanz, die eine wirkliche Aufgabe ist«, sagte Rabbi Greenfield.
    Michael grinste. »Dein Vorgänger, alew haschalom, hat mir einmal beinahe dasselbe gesagt. Er hat es nur ein wenig anders formuliert:
    >Ich hab einen lausigen Posten für Sie.< « Und sie lachten beide.
    »Es handelt sich um eine Gemeinde, die sich soeben erst durch Stimmenmehrheit als reformiert erklärt hat«, sagte Greenfield. »Nach einer Art Bürgerkrieg.«
    »Und wie steht es jetzt um den Frieden?«
    »Fast ein Drittel der Mitglieder ist orthodox. Du würdest zusätzlich zu deinen gewohnten Pflichten wahrscheinlich noch täglich schachriss, minche und majriw zu sprechen haben. Du müßtest ein Rabbiner für die Frommen u n d für die Liberalen sein.«
    »Ich glaube, das wäre was für mich«, sagte Michael.
    Das Wochenende darauf flog er nach Massachusetts, und zwei Wochen später fuhr er mit Leslie und den Kindern nach Woodborough, Rachel in ihrer Tragtasche und Max im Rücksitz verstaut. Sie fanden das große alte viktorianische Haus, das aussah, als spuke dort Hawthornes Geist, ein Haus mit eulenklugen Fensteraugen und einem Apfelbaum vor der Hintertür. Der Baum hatte ein paar abgestorbene Zweige, die abgeschnitten gehörten, und für Max gab es eine Schaukel, aus einem abgefahrenen Autoreifen gefertigt, der an

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