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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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einem jungen Mädchen drei Pfund ungebleichtes Mehl in einen braunen Papiersack eingewogen hatte. Dann sah sie ihn fragend an. Sie war eine junge Frau aus den Bergen, fast noch ein Mädchen, mager und sommersprossig, mit grober Haut und rissigen Lippen.
    »Ist Edward Gold hier?« »Wer sucht ihn?«
    »Ich bin Michael Kind, der Rabbiner. Mr. Gold weiß von meinem Besuch, ich habe ihm geschrieben.«
    Sie sah ihn feindselig an. »Sie sprechen mit seiner Frau. Wir brauchen keinen Rabbiner.«
    »Ist Ihr Mann zu Hause, Mrs. Gold? Könnte ich ihn einen Augenblick sprechen?«
     
    »Wir brauchen Ihre Religion nicht«, sagte sie wütend. »Haben Sie nicht verstanden?«
    Er hob die Hand an seine Mütze und ging.
    Als er in seinen Kombi stieg, rief ihm der Mann, der unter dem Vordach seine Ware stapelte, leise nach. Michael ließ den Motor warmlaufen und wartete, bis der Mann herangekommen war.
    »Sind Sie der Rabbiner?«
    »Ja.«
    »Ich bin Ed Gold.« Der Mann zog mit den Zähnen den ledernen Fausthandschuh von seiner Rechten und suchte in seiner Hosentasche.
    Dann drückte er Michael etwas in die Hand.
    »Mehr kann ich für Sie nicht tun«, sagte er, den Handschuh wieder anziehend. »Besser, Sie kommen nicht wieder.« Dann ging er schnell zurück zu seinem Ford und fuhr davon.
    Michael blieb sitzen und schaute ihm nach. In der Hand hielt er zwei Ein-Dollar-Scheine.
    Von der nächsten Stadt schickte er sie dem Mann zurück.
    Am Ende seiner ersten Rundfahrt hatte er neunzehn HebräischSchüler im Alter von sieben bis zu dreiundsechzig Jahren. Der älteste betrieb einen Campingplatz, war als Junge nicht bar-mizwe geworden und wollte das noch vor seinem fünfundsechzigsten Lebensjahr nachholen. Michael hielt Gottesdienste, wo immer er einen Juden fand, der dafür aufnahmebereit war. Die Mitglieder seiner »Gemeinde« waren durch große Entfernungen voneinander getrennt. Einmal mußte er in einem Zug hundertvierzig beschwerliche Kilometer zurücklegen, um von einem jüdischen Haus zum nächsten zu gelangen. Er lernte, beim ersten Anzeichen von Schnee eine Unterkunft zu suchen, und er fand sie in den verschiedensten Bergbauernhäusern. Eines Abends, als er darüber mit Stan Goodstein sprach - einem Müller, in dessen Haus er regelmäßig Station machte -, erhielt er von seinem Gastgeber einen Schlüssel und eine genaue Lagebeschreibung.
    »Wenn Sie in Big Cedar Hill vorbeikommen, übernachten Sie in meiner Jagdhütte«, sagte er. »Konserven finden Sie dort reichlich. Sie müssen nur auf eines achten: wenn es zu schneien beginnen sollte, trachten Sie, daß Sie schnell wegkommen, oder Sie müssen sich einrichten bis zur Schneeschmelze. Der Weg führt über eine Hängebrücke. Wenn die Brücke eingeschneit ist, kommen Sie mit dem Wagen nicht mehr hinüber.«
    Auf seiner nächsten Rundfahrt machte Michael in der Hütte Station. Die Brücke überspannte eine tiefe Schlucht, die ein reißender, weißschäumender Bergbach in Jahren ausgewaschen hatte. Michael saß starr auf seinem Sitz, als er die Brücke überfuhr, hielt das Lenkrad so fest, daß seine Knöchel hervortraten, und hoffte nur, daß Goodstein die Brücke erst kürzlich auf ihre Tragfähigkeit kontrolliert haben möge.
    Aber sie hielt der Prüfung stand, ohne zu wanken. Die Hütte lag auf einer kleinen Anhöhe. Der Küchenschrank war wohlgefüllt, und Michael bereitete sich eine reichliche Mahlzeit; er beschloß sie mit drei Tassen starken, heißen Tees vor dem Kamin, in dem er ein mächtiges Feuer entfacht hatte. Beim Dunkelwerden zog er sich warm an und ging hinaus in den nahen Wald, um das sch'ma zu sagen. Die riesigen Bäume, die dem Ort seinen Namen gaben, rauschten und seufzten im Wind, das Raunen im Laubwerk stieg und fiel wie das Gebet alter Männer. Michael schritt unter den Bäumen dahin, betete laut und fühlte sich zu Hause.
    In der Hütte fand er ein Halbdutzend neuer Maiskolbenpfeifen, in einer Schüssel verwahrt, und einen Rest feuchtgehaltenen Tabaks. Er saß vor dem Feuer, rauchte und hing seinen Gedanken nach. Draußen frischte der Wind ein wenig auf. Michael fühlte sich wohlig warm und mit sich selbst in Frieden. Als er schläfrig wurde, dämpfte er das Feuer und schob das Bett nahe zum Kamin.
    Irgend etwas weckte ihn kurz nach zwei Uhr morgens. Als er aus dem Fenster sah, wußte er sofort, was es gewesen war. Es schneite leicht, aber gleichmäßig. Er wußte, daß innerhalb von Minuten dichtes Schneetreiben einsetzen konnte. Stöhnend streckte er sich

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