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Der Rabbi

Der Rabbi

Titel: Der Rabbi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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für Sie sein«, sagte Leslie. »Es gibt wohl nicht viele jüdische Mädchen in dieser Gegend.«
    Aus der Küche des Gasthofs ertönte ein kurzer Aufschrei, dem ein begeistertes Geschnatter folgte.
    »Maseltow«, sagte Michael, und das Mädchen lachte.
    »Nein«, fuhr er fort, »es gibt nicht viele jüdische Mädchen in der Gegend. Kaum eine im richtigen Alter, um mit ihr auszugehen.« Sie sah ihn mit spöttischem Blick an. »Ihr habt doch eine Bezeichnung für nichtjüdische Frauen. Wie heißt das Wort nur?« »Wir? Meinen Sie schiksse?«
    »Ja.« Dann, nach einer Pause: »Bin ich eine schiksse? Ist das der Name, der Ihnen einfällt, wenn Sie mich ansehen?«
     
    Ihre Blicke verfingen sich. Sie sahen einander an, lange. Ihr Gesicht war bleich in der aufkommenden Dunkelheit, er nahm die sanfte Rundung der Wangen unter den hohen Backenknochen wahr, den vollen, aber festen Mund, der vielleicht ein wenig zu groß war, um schön zu sein.
    »Ja«, sagte er, »das ist's wohl, was mir einfällt.«
    Am Morgen nach dem ssejder fuhr er weiter und war überzeugt, daß er den Gasthof der Familie Marcus frühestens in vier oder fünf Wochen wieder aufsuchen würde. Aber schon drei Tage später war er von neuem auf dem Weg nach Mineral Springs. Er versuchte sich einzureden, daß er auf Mort Beerman neugierig sei, aber dann ärgerte er sich und wünschte alle Ausflüchte zum Teufel und dachte: Seit ich mich auf diese verrückte Hinterwäldler-Existenz eingelassen habe, war ich keinen Tag lang wirklich auf Urlaub, habe ich mit keiner Frau mehr geredet wie ein Mensch, nur immer wie ein Rabbiner. Außerdem ist's ja möglich, daß sie einen Freund hat, der mit Beerman kam, oder daß sie schon abgereist ist.
    Als er aber im Gasthof eintraf, war sie noch da, und weit und breit war kein Freund zu sehen, nur Beerman war inzwischen gekommen.
    Er hatte schütteres Haar, einen gewissen Sinn für Humor und einen übertragenen Buick, und das stolze Elternpaar Marcus hatte ihn vom ersten Augenblick an wie einen Sohn aufgenommen.
    An diesem Abend spielten Leslie und Michael Bridge gegen das jungverlobte Paar, Michael reizte schlecht und verrechnete sich andauernd, aber das störte niemanden, denn sie tranken guten Schnaps, den Nathan Marcus aus seinem Keller geholt hatte, und lachten unaufhörlich über Dinge, an die sie sich schon nach einer halben Stunde nicht mehr erinnern konnten.
    Als er am nächsten Morgen zum Frühstück kam, fand er Leslie allein. Sie trug einen Baumwollrock und eine schulterfreie Bluse, die ihn unwillkürlich zwang, den Blick abzuwenden.
    »Guten Morgen. Hat man Sie ganz allein gelassen?«
    »Ja, Mrs. Marcus hat eine neue Wirtschafterin einzuführen, und Mr.
    Marcus ist unterwegs, um Gemüse einzukaufen.«
    »Und das junge Paar?«
    »Die wollen allein sein«, flüsterte sie.
    Er lachte. »Ich bin ihnen nicht bös deshalb.«
    »Ich auch nicht.« Sie beschäftigte sich mit ihrer Grapefruit. »Sagen Sie, hätten Sie Lust, fischen zu gehen?«
    »Im Ernst?«
    »Natürlich. Ich habe einem kleinen Jungen Hebräischunterricht gegeben, und er hat mich dafür im Fischen unterrichtet. Er hat mir damit ganz ungeahnte neue Perspektiven eröffnet.«
    »Ich komme sehr gern mit.«
    »Fein, dann los.« Er warf noch einen kurzen Blick auf ihre Bluse.
    »Aber ziehen Sie lieber irgend etwas Altes an. Dieses Land kann hart sein wie Stein - wie wir sagen. «
    Langsam fuhr er nach Big Cedar Hill. An einem Anlegeplatz am Fluß machte er halt, um einen Eimer voll Döbelköder zu kaufen. Er hatte alle Fenster heruntergekurbelt, und die warme Frühlingsluft strömte herein, mit dem erregenden Geruch nach schmelzendem Eis. Das Mädchen trug nun Leinenschuhe, Jeans und einen alten grauen Pullover. Sie streckte und rekelte sich neben ihm, mit allen Anzeichen unverhohlenen Wohlbehagens.
    Er fuhr über die Brücke und parkte am jenseitigen Ufer. Leslie nahm eine Decke über den Arm, und er folgte ihr mit den Ködern und der Angelrute. Der Pfad, der am Rand der Schlucht dahinführte, war schmal und gesäumt von Büschen, die schwer von kleinen roten und großen weißen Blüten waren. Leslies Jeans waren so verblichen, daß das Garn an manchen Stellen fast weiß war.
    Michael konnte sich vorstellen, wie sie in diesen sehr engen Jeans durch das Campus fuhr, über die Lenkstange eines Fahrrads gebeugt. Die Sonne sprenkelte ihr Haar mit kleinen Lichtflecken.
    Sie folgten dem Pfad, bis das Ufer flacher wurde und der Fluß in langsamer Strömung sich in ein

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