Der Rache dunkle Saat - Booth, S: Rache dunkle Saat - One Last Breath
immer eine Woche im Jahr zu geben, Mitte Juli, in der die Fliegen von den Feldern kamen und in Scharen über die Stadt herfielen. Durch die Clappergate und die High Street zu gehen wurde zur Tortur; es war ein Fehler, im Freien auch nur ein Stück Haut unbedeckt zu lassen. Selbst im Büro konnte man ihnen unmöglich entkommen. Sie wurden von Computerbildschirmen angelockt, und er sah sie oft wie verirrte Kommas zwischen den schwarzen Buchstaben sitzen, die er tippte. Ganz egal, wie viele er mit dem Daumen zerquetschte, es tauchten sofort wieder neue an anderen Stellen im Text auf.
Auch geschlossene Fenster konnten die Fliegen nicht fernhalten. Sie waren einfach zu zahlreich und zu klein. Mit jedem Luftzug beim Öffnen einer Tür strömten mehr von ihnen herein, und jeder, der von draußen kam, brachte Dutzende von ihnen auf der Kleidung und im Haar mit. Nach Dienstschluss wollte Cooper nur noch nach Hause und eine Dusche nehmen, in der Hoffnung, auf diese Weise den Juckreiz loszuwerden.
Er ging auf die Herrentoilette und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Als er sich mit einem Papierhandtuch abtrocknete,
sah er in den Spiegel und suchte nach den schwarzen Flecken, von denen er glaubte, sie krabbelten an seinem Haaransatz entlang und säßen in den Hautfalten hinter seinen Ohren. Doch er sah nichts.
Als Cooper seine Wohnung betrat, hörte er Randy durch die Katzenklappe kommen. Doch anstatt geradewegs ins Wohnzimmer zu marschieren, blieb der Kater in der Küche. Dieser Bruch mit seinen Gewohnheiten war so ungewöhnlich, dass Cooper das Bedürfnis hatte nachzusehen, ob mit ihm alles in Ordnung war.
Der Kater saß ruhig neben seinen Schüsseln, fraß jedoch nicht. Sein langes schwarzes Fell war auf einer Seite verklebt. Für gewöhnlich war Randy sehr auf seine Sauberkeit bedacht und erst dann zufrieden, wenn er seinen Pelz entwirrt hatte.
»Mann, du siehst ja ganz schön zerzaust aus«, sagte Cooper und fasste die Stelle im Fell an. Sie fühlte sich klebrig an, außerdem schimmerte sie seltsam im Küchenlicht.
Katzen mochten zwar intelligent sein, doch die Grundregel der forensischen Wissenschaft war ihnen unbekannt: Das Locard-Prinzip, das besagt, dass jeder Kontakt Spuren hinterlässt. Eine Schnecke hatte ihren Schleim auf Randy hinterlassen und dabei ohne Zweifel ein paar Katzenhaare mitgenommen, die an ihr kleben geblieben waren. Falls sie tot war, konnte ihr Mörder anhand der Spuren, die sie aneinander hinterlassen hatten, identifiziert werden.
Während Cooper seinen Kater säuberte, wanderten seine Gedanken zur DNA-Analyse, dem heiligen Gral der Spurensicherung. 1995 war eine landesweite DNA-Datenbank ins Leben gerufen worden. Mittlerweile wurden im Labor des Forensic Science Service in Birmingham jede Woche Übereinstimmungen mit mehr als tausend DNA-Profilen von Tatorten gefunden und bis zu dreißig Jahre alte Verbrechen gelöst. Bald würde die Datenbank drei Millionen Profile enthalten.
Wie auch viele andere Polizisten, die er kannte, stand Cooper der Erstellung einer derart riesigen Datenbank kritisch gegenüber. Zweifellos war sie ein wertvolles Werkzeug zur Überführung von Kriminellen, doch sie verleitete allzu leicht zu dem Irrglauben, dass die DNA-Analyse unfehlbar sei. Je größer die Datenbank, desto größer war auch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand fälschlicherweise mit einem Verbrechen in Verbindung gebracht wurde. Und Cooper erinnerte das ein bisschen zu sehr an die Ursprünge einer Big-Brother-Gesellschaft, der er nicht unbedingt angehören wollte.
Er rieb Randy kurz mit einem alten Handtuch ab und ließ ihn gehen. Der Kater sah sauber aus, doch wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, ihn genau zu untersuchen, hätte er vermutlich trotzdem noch Schneckenspuren in seinem Fell gefunden. Das Labor benötigte heutzutage nur winzige Mengen.
Cooper fragte sich, wie es 1990 gewesen sein mochte, als es noch keine DNA-Datenbank gegeben hatte. Da leider erst seit 1995 bei Tatverdächtigen routinemäßig Abstriche aus dem Mundraum entnommen wurden, hatte man von Mansell Quinn keine Probe genommen, als er des Mordes an Carol Proctor angeklagt wurde. Auch der jüngste Vorstoß des Innenministeriums, bei verurteilten Häftlingen Proben zu nehmen, war zu spät erfolgt. Er hatte Quinn nie erreicht, der in seiner Zelle im Sudbury-Gefängnis auf seine Entlassung wartete.
Was auch immer der Nutzen der landesweiten Datenbank war, in diesem Fall half sie nichts. Mansell Quinns
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