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Der Rache Suesser Klang

Der Rache Suesser Klang

Titel: Der Rache Suesser Klang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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sie war im Grunde auch davon überzeugt, dass das der Wahrheit entsprach, aber Evie nicht, und das war das Problem. Es war ganz normal, aber entsetzlich falsch. Es war falsch für eine Zwanzigjährige, sich in einem Frauenhaus zu verstecken, weil sie der Welt nicht gegenübertreten wollte.
    Evie setzte sich nicht, sondern wiegte das Baby sanft in ihrem Arm. Es war kein Geheimnis, dass Evie Babys am meisten liebte, und es konnte auch niemanden wundern. Babys starrten einen nicht an, urteilten nicht, zuckten nicht zusammen. Sie schmiegten sich nur an und schenkten einem ihre bedingungslose Liebe. Ein großartiger Handel.
    Evie küsste das Kind auf die Stirn. »Bald bist du weg«, murmelte sie.
    Dana beobachtete sie über den Rand ihres Bechers. »Du hast dich in ihn verliebt.«
    Evie schaute mit undefinierbarem Ausdruck auf. »Wenn du glaubst, dass ich ihn hier behalten will, irrst du dich. Kein Kind sollte in so einer Umgebung aufwachsen.«
    Ihre Stimme klang so hart, dass Dana sich fragte, ob Evie von dem Kind oder von sich selbst sprach. Evie war im Alter von fünfzehn durch eine befreundete Polizistin ins Frauenhaus gebracht worden. Das freche, intelligente Mädchen hatte Danas Herz im Sturm erobert, und Dana war ihr Vormund geworden, obwohl sie sie eher als jüngere Schwester betrachtete. »Nein, da hast du Recht.«
    Evie wiegte das Baby weiter. »Er wird das Haus verlassen, und wir werden nie wissen, ob es ihm gut geht oder nicht. Ob Ruby sich von dem Vater fernhält oder wieder zu ihm zurückkehrt.« Eine Pause. »Das sind die Dinge, die mich nicht schlafen lassen, Dana. Geht dir das auch so?«
    »Ach was. Nur jede Nacht«, antwortete Dana und sah, wie sich Evies einer Mundwinkel hob. »Ich wünschte immer, ich könnte sie alle hier behalten, aber das geht nicht. Also tue ich, was ich kann, und hoffe, dass es reicht.«
    »Wenn Ruby Chicago verlassen würde, wäre sie sicherer.«
    Dana nickte. »Wahrscheinlich. Aber sie will nicht, das weißt du.«
    »Vielleicht hätte sie ja gesagt, wenn sie gewusst hätte, dass sie neue Papiere kriegen könnte.«
    Neue Papiere. Oh ja, manche Bewohnerinnen bekamen einen neueren Anfang als andere. Ein paar wenige verließen das Haus mit einer neuen Identität. Neuer Geburtsurkunde, neuer Sozialversicherungskarte, neuem Führerschein. Alles dank Dana Dupinsky, Vollzeit-Therapeutin und Gelegenheitsfälscherin. Und sie war in beiden Fächern verdammt gut. Ihre Dokumente hielten seit über zehn Jahren auch den schärfsten Kontrollen stand.
    Dana wusste genau, worauf dieses Gespräch hinauslief. Dennoch blieb ihre Stimme ruhig. »Du kennst die Regel, Evie. Eine Klientin muss erst ihre Heimatstadt verlassen wollen, bevor wir die Möglichkeit von neuen Papieren ansprechen.«
    Evies Kiefer spannten sich an. Auf der einen Seite. »
Deine
Regel.«
    Dana trank einen weiteren Schluck Kaffee. Sie war verärgert, aber sie würde es nicht zeigen. »Mein Risiko. Meine Regel.« Was sie tat, war illegal. Sie verschaffte Frauen gefälschte Papiere. Fälschte offizielle staatliche Papiere. Sie tat es aus ehrenhaften Gründen, aber sie bezweifelte, dass irgendein Richter für sie Partei ergreifen würde. Es war unbedingt wichtig, dass die Frauen, denen sie auf diese Weise half, diskret waren, denn sobald sie ihr neues Leben begannen, war das Geheimnis in der Welt. Wenn eine der Frauen redete …
dann sitze ich im Knast. Nicht Evie. Ich.
    Evie wurde wütend. »
Deine
Regel könnte
unsere
Klientinnen in Gefahr bringen.« Das Baby wimmerte, und Evie setzte die wiegende Bewegung fort. »Was ist mit all den Frauen hier in Chicago, die keine Ahnung haben, dass wir ihr Leben verändern könnten?«, flüsterte sie rau. »Kannst du noch mit dir leben, wenn einer etwas passiert?«
    Dana sog scharf die Luft ein. Es war nicht so, dass sie nicht auch schon oft daran gedacht hätte.
Mein Gott, jeden verdammten Tag.
»Evie, ich sage das jetzt nur noch einmal. Du wirst die Regel nicht brechen. Du wirst keiner Bewohnerin irgendetwas von neuen Papieren erzählen. Haben wir uns verstanden?«
    Evies Blick hätte Stahl durchschneiden können. »Ja, Ma’am, wir haben uns bestens verstanden.« Und damit wandte sie sich so abrupt um, dass Dylan erwachte und laut zu weinen begann. Dana warf einen Blick zur Wanduhr, als auch schon Stimmen aus den oberen Zimmern drangen. Nein, es hatte ganz sicher keinen Sinn, noch einmal ins Bett zu gehen. Der Tag hatte offiziell begonnen.

Wight’s Landing, Maryland
    Freitag, 30. Juli,

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