Der Rächer von Antares
lange!« brüllte Kapitän Ehren durch den Wind.
Wir hatten unsere Rüstungen abgelegt, nicht dagegen die Waffen. Ich freute mich, als ich den lamnischen Kaufmann erblickte, der der Hölle entgangen war. Hinter ihm sah ich den Vad von Kavinstok, der von Gischt besprüht wurde. Über eine Wange zog sich ein blutiger Striemen; seine zornblitzenden Augen sahen mich vorwurfsvoll an. Ich kümmerte mich nicht um ihn. Ganz in meiner Nähe klammerte sich Wersting Rogahan an seine Varterplattform. Der Wind fetzte die Gischt von den Wogen, die uns umgaben. Vor unseren Augen tobten und knisterten die Flammen, die den Besanmast plötzlich in eine Feuersäule verwandelten.
Der Brand war nun so intensiv geworden, daß sich einige Männer ins Meer stürzten, um den Versuch zu wagen, sich gegen die Brecher durchzusetzen. Zu früh. Nur wenige sollte ich wiedersehen. Die Hitze beleckte unsere Körper. Die Gischt dampfte an den Stellen, wo sie auf das glühendheiße Pech der Decksplanken traf.
»Wenn wir auflaufen, brechen wir zur Seite aus!« brüllte Ehren. »Dann ist der richtige Augenblick zum Springen gekommen – sobald sich das Heck in der Nähe der Küste befindet.«
Damit hatte er recht, was aber nur ein kleiner Trost war.
Die Szene war ein einziger wirrer Alptraum: die schwarzen Felsen die vom Feuerschein rosa gefärbten Wellen, die daran emporleckten, der fauchende Wind, die schmerzenden Gischtspritzer auf der Haut, das ständige schrille Kreischen, das die Ohren schmerzen ließ. Plötzlich liefen die Schiffe auf. Ehe sie herumschwingen konnten, rasselten die Wogen darauf nieder und schlugen sie zu Kleinholz. In einem wilden Strom hilflos zappelnder Körper wurden wir von unseren notdürftigen Zufluchtsorten geschwemmt. Bedrängt von Planken und Spieren, von Fässern, Körben, Segeltuch, Leinen und anderen Wrackteilen, klatschten wir kopfüber ins Meer. Die Brandung ließ uns nicht zur Ruhe kommen, sondern wirbelte uns herum. Manch einer wurde bewußtlos geschlagen und versank reglos unter der Wasseroberfläche. Die meisten aber nahmen kühn den Kampf auf, verzweifelt wehrten sie sich gegen die Gewalt der Wogen und taumelten schließlich auf ein langes schräges Stück Strand zwischen den Felsformationen. Die zurückflutende Brandung zerrte an unseren Schultern, unseren Hüften, unseren Beinen, bis wir schließlich aus dem Wasser waren und wie trunken zu Boden sanken. Wir atmeten hustend und keuchend – doch der silbrige Sandstrand verhieß uns endlich Sicherheit!
Die Nacht verbrachten wir eng zusammengedrängt am Strand. Wir waren erschöpft, machten aber kaum ein Auge zu. Gegen Mitternacht hatten wir genug Holz gesammelt und begannen es abzuschaben, um an den trockenen Kern zu kommen. Endlich wurde das Feuer entzündet. Wir rückten ganz dicht an die Flammen heran, wärmten uns und trockneten unsere Kleidung, und ich dachte an die Zahmheit dieses Feuers im Vergleich zu dem Brand, der uns vernichtet hatte. Der Mensch hat es gelernt, sich Kräfte nutzbar zu machen, die so mächtig sind, daß er sie im Grunde nicht versteht.
Als der erste Schimmer der Morgendämmerung am Himmel erschien, reckten wir uns gähnend. Langsam richteten wir uns auf, bereit, unserer Situation ins Auge zu sehen.
Die Risshamal-Inseln bestehen aus einer Anzahl von Inselketten unterschiedlicher Größe – Formationen, die sich fingerartig in nordöstlicher Richtung erstrecken und an der Nordostecke Havilfars ihren Anfang nehmen, welche zugleich die Nordostecke des hamalischen Reiches ist. Alles in allem hätten wir uns einen schlechteren Landeplatz aussuchen können. Obwohl viele Inseln der Risshamal-Formation unbewohnt waren, galten hier die hamalischen Gesetze, und ich wußte, daß es Garnisonen des allmächtigen hamalischen Staates geben würde – was schon durch den heißen Empfang bewiesen war, den uns das Flugboot bereitet hatte.
»Wir müssen uns ein Fischerdorf suchen«, sagte Kapitän Ehren. »Dort kaufen oder stehlen wir ein Boot.«
Der Vad von Kavinstok schnaubte angewidert durch die Nase.
»Wir haben nichts, kein Geld und keine Tauschwaren, Kapitän. Du mußt ein Boot stehlen .«
»Wie auch immer«, erwiderte Lars Ehren mit eisiger Höflichkeit. »Wir werden uns ein Boot zu verschaffen wissen, mit dem wir nach Vallia fahren können.«
In diesem Augenblick kam Wersting Rogahan den Strand herauf. Über seiner Schulter baumelte eine Leine, an der mehrere Fische hingen. Ich verzog angewidert das Gesicht.
»Es ist mit ziemlicher
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