Der Rächer von Antares
Kiespfaden, an denen die Villen lagen, bewacht von Werstings. Endlich Casmas' Haus. Ich kam gerade noch rechtzeitig. Bei meinem letzten Besuch in diesem Viertel hatte ich Rosala befreit, wobei ich mich, angefeuert durch Rosalas Zofe Paline, gegen Werstings und Wächter zur Wehr setzen mußte.
Casmas wollte gerade in eine Preysany-Sänfte steigen, die kostbar ausgestattet war. Wächter standen bereit, ihren Herrn durch die Nacht zu geleiten.
Ich stieß einen Schrei aus und lief los, und ein Wächter wollte mich aufhalten. Ich nahm ihm elegant den Stux ab und steckte den Kopf zwischen die Vorhänge. Der dicke Casmas blickte überrascht auf.
»Amak Hamun! Bei Havil, wir alle waren der Meinung, du seist zu den Eisgletschern Sicces eingegangen!«
»Lahal, Casmas. Vielleicht ist es auch bald soweit.«
»Lahal, Amak – ich habe schon davon gehört. Ich muß mich beeilen. Das Wetten hat bestimmt schon begonnen.«
Kurzentschlossen stieg ich zu ihm in die Sänfte. »Dann begleite ich dich, Casmas. Ich habe viel mit dir zu besprechen.«
»Hast du schon dein Testament gemacht?«
Der Anführer der Leibgarde rief einen Befehl, und die beiden Preysanys setzten sich in Bewegung. Die Kavalkade nahm den Weg, den ich eben zu Fuß gekommen war. Casmas hatte guten Grund, in so großer Entfernung vom heiligen Viertel zu wohnen. Schon mancher junge Dandy hatte es als zu beschwerlich empfunden, die Strecke zu Fuß zurückzulegen, um eine Kreditverlängerung zu erbitten, nachdem er bereits seine Zorca oder seinen Sleeth verkauft hatte und nicht mehr über die Mittel verfügte, eine Preysany-Sänfte oder einen hamithgezogenen Wagen zu mieten.
»Daran habe ich noch gar nicht gedacht«, sagte ich. Geldverleiher Casmas hatte viele der jungen Leute aus dem heiligen Viertel fest im Griff. Die meisten hatten Angst vor ihren Vätern die über Titel und Vermögen verfügten. Casmas wurde nicht umsonst »der Deldy« genannt. Aus meinem bevorstehenden Duell würde er gutes Geld zu schlagen wissen. »Ich habe einen Plan, Casmas, und du mußt darin eine Rolle übernehmen.«
Er schloß die eingesunkenen Augen und lauschte aufmerksam. Er hatte den Finger am Puls des hamalischen Geldmarktes. Ich sagte ihm, ich hätte Rapierunterricht genommen und bildete mir ein, ich könne gegen Vad Garnath gewinnen. Dementsprechend wollte ich auf mich selbst wetten.
»Wenn du möchtest, Amak.« Die Sänfte ruckelte über das Kopfsteinpflaster; außerhalb der Vorhänge flackerte rosa Lampenlicht. »Aber woher willst du wissen, daß Vad Garnath wirklich zum Kampf antritt?«
»Was Leotes angeht ...« Ich sprach nicht zu Ende, sondern ließ Casmas in dem Glauben, ich setzte meine ganze Hoffnung auf einen Sieg über Vad Garnath. Schließlich brachte ich ihn dazu, viele Wetten zu meinen Gunsten anzunehmen.
»Das wird dich einen Haufen Geld kosten, Amak Hamun. Kannst du deine Schulden auch bezahlen?«
»Ja. Das Paline-Tal ist nicht ohne Reichtümer.«
Er brummte vor sich hin. Wir unterhielten uns anschließend über andere Dinge; er erzählte mir, daß er sich mit einer Witwe verlobt habe, deren Mann bei Luftkämpfen in Nivendrin gefallen war, einem der zahlreichen Königreiche und Kovnate zwischen dem Nebelmeer und dem breiten Os-Fluß. »Sie ist gemütlich und dick und fröhlich und eine Ranga. Ihr Mann, der selige Rango, war kein vermögender Mann.« Casmas breitete die plumpen bleichen Finger mit ihrer Last an Goldringen aus. »Aber was will man mehr? Sie hat den Titel, ich das Geld. Mein lieber Amak, ich glaube, daß die Königin, deren Name verehrt sein soll, mir bald das Adelspatent ausstellt.«
»Dazu muß man dir gratulieren, Casmas«, sagte ich. Zumindest war eine dicke lustige Witwe eine passendere Braut für Casmas als die hübsche Rosala von Match Urt. Allerdings interessierten mich seine Privatangelegenheiten nicht allzu sehr, so daß ich ihn bat, mir von anderen Dingen zu berichten. Es hatte den Anschein, daß das Bestreben Hamals – meiner Meinung nach kein bloßer Ehrgeiz mehr, sondern der schiere Wahnsinn –, die Grenzen des Reiches gleichzeitig nach Süden, Westen und über das Meer nach Norden auszudehnen, vorübergehend festgefahren war. Dieser Gedanke machte mir allerdings keine Freude, denn der westwärtige Vorstoß über die Berge war in den Grenzscharmützeln mit Wilden steckengeblieben, und den Marsch über den Os-Fluß, die natürliche Südgrenze Hamals, hatte man bewußt gestoppt, nachdem Nivendrin in fester Hand war.
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