Der Rächer von Antares
egal, wer mich sah. Ich erinnere mich an diese Minuten nicht; vage sehe ich einen neugierigen Sklavenaufseher vor mir, den ich bewußtlos schlug. Mein Erinnerungsvermögen setzt erst in dem Augenblick wieder ein, da ich mich aus dem Havilthytus stemmte, meine Stiefel anzog und im ersten Licht der Dämmerung zu Rees' Villa eilte.
Als die Zwillingssonne über den Dächern aufstieg, ließ man mich ins Haus.
Ich konnte die Nachricht nicht für mich behalten, so grausam sie war.
Rashi stieß einen Schrei aus und sank einem Hausmädchen ohnmächtig in die Arme. Roban schwenkte die Main-Gauche und sagte, er wolle mich begleiten.
Ich wandte mich an Jiktar Horan: »Du sorgst dafür, daß der Junge zu Hause bleibt.«
»Aye, Notor.« Horan zerrte an seiner mächtigen Numinmähne. »Aber die Menschenjäger – das ist schlimm! Dazu brauchen wir einen größeren Voller, als der Trylon einen besitzt.«
»Für solche Dinge ist keine Zeit, Jiktar. Ich reise sofort. Ich brauche Vorräte.« Bei diesen Worten wandte ich mich an den Sklaven, der im Haus zum Aufseher ernannt worden war. Er zog den Kopf ein und machte sich sofort daran, Rees' kleinen Voller startbereit zu machen. Es war ein einsitziges Flugboot. Wer allein reist, kommt am schnellsten voran. Diese Maxime stimmt nicht immer, doch in diesem Augenblick mußte sie der Wahrheit entsprechen.
Ich informierte Jiktar Horan über die Insel Faol und über den Aufenthaltsort der berüchtigten Menschenjäger. Der sogenannte Sport der Menschenjagd wird in Havilfar nicht offen diskutiert, sondern nur gerüchteweise behandelt. Encar Capela, der Kov von Faol, war für mich noch immer ein unbeschriebenes Blatt, denn ich hatte ihn nicht persönlich kennengelernt. Ich faßte den Entschluß, diese überfällige Begegnung möglichst bald herbeizuführen. Capela hegte einen perversen Stolz auf seine blutrünstigen Jiklo-Horden, deren Werk von einer Menge dekadenter Edelleute in ganz Havilfar insgeheim geschätzt wurde. Ich sagte Horan, notfalls könnte er sich an den Trylon von Süd-Faol wenden, einen Mann, der sich und sein Volk von Encar Capela fernhielt, obwohl er – so möchte ich vermuten – wohl nicht genau wußte, was jenseits des Flusses in Nord-Faol passierte.
»Ich habe Gerüchte über das sogenannte Große Jikai gehört«, bemerkte Jiktar Horan. »Dieser Nulsh von Kov hätte es verdient, daß man ihm den Kopf vor die Füße rollen läßt!«
»Das wäre auch mein Wunsch, Horan.«
Zu den Dingen, die in den kleinen Voller geladen wurden, gehörten Armbrüste, Köcher mit Pfeilen, Thraxter, Schilde, Stuxes – so viele Waffen, daß ich mir beim Start wie der Hüter eines Arsenals vorkam. Aber ich wollte gerüstet sein. Auf dem schönen, doch grausamen Kregen stehen zwischen einem Mann und der Todesgefahr nur seine Waffen.
Ich steuerte in nordwestlicher Richtung über Hamal, bis ich die Südgrenze der Schädelbucht erreichte, wo ich mich nach Westen wandte, mit einer leichten Abweichung nach Norden, so daß ich über das Dschungelgebiet direkt auf Faol zuhielt. Auf diesem Kurs mied ich Hennardrin und die Berge des Westens, in denen die hamalischen Armeen noch immer gegen die Wilden aus dem Ödland jenseits des Gebirges kämpften. Der Kurs führte mich auch nördlich am Paline-Tal vorbei.
Ich schob den Geschwindigkeitshebel ganz nach vorn und ließ das Flugboot durch die dünne Luft rasen. Die magische Kraft der Silberkästen – das war das Geheimnis, das mich nach Hamal geführt hatte, eine Aufgabe, die ich bewußt hintenangestellt hatte.
Die Stunden des Fluges waren nicht sehr angenehm, doch es gelang mir, von Zeit zu Zeit ein wenig zu schlafen, war ich doch seit vielen Burs auf den Beinen gewesen. Als ich Gilmoy erreichte und wieder einmal den fantastischen weißschimmernden Felsfinger in die Luft aufragen sah, hatte ich mich einigermaßen wieder gefangen und war klarer Gedanken fähig.
Der Weiße Felsen von Gilmoy, überall in Havilfar berühmt, zog unter mir dahin. Jetzt steuerte ich direkt auf die Gehege der Menschenjäger von Faol zu.
Der Flug von Ruathytu nach Faol dauerte einen ganzen kregischen Tag und eine ganze Nacht, wobei ich dem Voller das Äußerste abverlangte.
Der Vormittag war schon fast vorüber, als ich endlich den Fluß unter mir sah, der Urn Faol von Thoth Faol trennte. Nun begann ich wieder mehr auf meine Umgebung zu achten und hielt nach Flugbooten oder Flugreitern Ausschau.
Unter mir lag das Land, das ich inmitten kreischender, von panischem
Weitere Kostenlose Bücher