Der Rächer von Antares
Krozair von Zy, Lord von Strombor, bei meinem würdelosen Abstieg gewirkt haben! Mit was für großartigen Schwüren hatte ich meine Rettungsmission begonnen!
Als ich erwachte, wußte ich sofort, wo ich war.
Ringsum ertönte das Schluchzen und Stöhnen von Sklaven. In meine Nase stieg der Gestank von nackten und ungewaschenen Menschenleibern. Ich öffnete die Augen – ja, da waren die abbröckelnden, feuchten Höhlenwände und die festen Lenkholzstämme, die das Gitter zur Außenwelt bildeten. Draußen erblickte ich die Dschungellichtung mit den papishingedeckten Hütten und den schwerbewaffneten Wächtern.
Der Kopf tat mir weh, aber das würde sich geben. Diesmal hatten mich nicht die Herren der Sterne hierhergeführt. Diese unnahbaren und unergründlichen Wesen hatten mich in letzter Zeit in Ruhe gelassen und mir nicht zugemutet, irgendwelche Kreger zu retten, deren Schicksal sie zu beeinflussen versuchten. Doch meine Lage war um keinen Deut besser. Ich war nackt und unbewaffnet und trug eine Sklaventunika. Aus der Masse der Sklaven, die sich ringsum bewegte, würden die Wächter nacheinander Gruppen zusammenstellen, die durch den Dschungel fliehen sollten. Wurden die armen Sklaven noch immer von hinterlistigen Führern begleitet, die ihnen mit falschen Hilfeversprechen Mut einflößten und ihrer Flucht neuen Auftrieb gaben? Nun, auf diese Frage würde ich sicher bald eine Antwort finden.
Dann überkam mich die Wahrheit in ihrer betäubenden Wucht. Saffi! Ich war hier, um sie zu retten, und jetzt war ich nichts weiter als ein Gefangener unter vielen!
Diese Erkenntnis ließ mich aufspringen. Die Kopfschmerzen mußte ich ignorieren. Ringsum lagen und saßen meine Leidensgenossen. Wahrscheinlich war bald das Essenssignal fällig, das die übliche wilde Jagd zum Eß-Raum auslöste.
Ich wandte mich an einen jungen Brokelsh, der mir noch einigermaßen kräftig zu sein schien. Er wußte nichts von einem Löwenmädchen. Ich faßte mich in Geduld und versuchte es bei einem anderen jungen Mann, einem Apim, der mich jedoch nur verständnislos ansah, während ihm ein Speichelfaden aus dem Mundwinkel lief.
Ich beherrschte mich und fragte weiter, wobei ich mich allmählich durch die Höhlen arbeitete. Während ich mich zuerst an junge Männer hielt, die sicher ein Auge für schöne Mädchen hatten, fragte ich später auch Mädchen, die ihre Konkurrentinnen im Blick zu behalten wußten. Doch niemand hatte ein goldenes Löwenmädchen gesehen oder auch nur von ihm gehört.
Hatte sich Que-si-Rening geirrt? Hatte ihn sein Trancezustand in die Irre geführt? Hatte er mich angelogen?
Die armen Sklaven wurden hier festgehalten, damit sie eines Tages freigelassen und als Wild eingesetzt werden konnten. In ihren Jikai-Villen saßen jetzt die großen Jäger bei kühlen Getränken, während Sklaven die Armbrüste, Schwerter und Speere pflegten. Die Menschenjäger liefen geifernd an den Stäben ihrer Käfige auf und ab, bereit, die Spur der nackten Sklaven aufzunehmen.
Auf meinem Rundgang bemerkte ich einen jungen Mann mit kräftigen Muskeln und dem wachen Blick eines Jägers; ein falscher Führer schien sich nicht in der Menge zu befinden. Diese Führer hatten die Aufgabe, den Sklaven einzureden, sie hätten eine Fluchtchance; beflügelt von dieser Hoffnung, gaben sich die armen Teufel mehr Mühe, was die Jagd vergnüglicher machte. Aber diese Führer waren nicht zu sehen. Außerdem fiel mir auf, daß die Höhlen weniger Sklaven enthielten als seinerzeit. Entweder hatte der Kov nicht für Nachschub gesorgt, oder die Jagd war in letzter Zeit ziemlich exzessiv betrieben worden.
Endlich kam die Essenszeit, und die Sklaven hasteten auf die Eß-Höhle zu. Hier kämpften sie um die besten Brocken – um ein Stück Voskfleisch und einen Kanten Brot.
Die Flutsmänner, die Söldner des Himmels, hatten nach ihrem Vertrag mit dem Kov von Faol gehandelt. Meine Besitztümer, die Waffen und die Sachen aus dem abgestürzten Flugboot und meine Kleidung, waren in ihren Besitz übergegangen. Sie hatten mich den Sklavenherren ausgeliefert und alles in allem einen guten Gewinn dabei herausgeschlagen. Der Luftraum über Faol war offenbar nicht besonders sicher.
Ich hatte die vage und nicht sehr angenehme Ahnung, daß ich nicht nur erheblich von meinem Plan abgebracht worden war, sondern vielleicht auch einen entscheidenden dummen Fehler gemacht hatte. Nun, es war nicht der erste Fehler in meinem Leben und hoffentlich wohl auch nicht mein letzter.
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