Der Raecher
klar, Jean?«
Sechsundzwanzig Männer in den Nachrichtendiensten in und um Washington hatten die Anfrage gelesen. Alle hatten geantwortet, dass ihnen der Aufenthaltsort Zoran Zilićs unbekannt sei.
Einer hatte gelogen.
ZWEITER TEIL
17
Das Foto
S eit das FBI vor sechs Jahren versucht hatte, ihn zu enttarnen, verzichtete Dexter auf persönliche Treffen mit seinen Auftraggebern. Stattdessen hatte er mehrere Maßnahmen ergriffen, um seinen Wohnort und seine Identität noch effektiver zu verschleiern.
Dazu gehörte, dass er sich in New York eine kleine möblierte Einzimmerwohnung mietete, allerdings nicht in der Bronx, wo er erkannt werden konnte. Er bezahlte die Miete vierteljährlich, pünktlich wie ein Uhrwerk und stets in bar. Er vermied es, die Aufmerksamkeit der Behörden zu erregen, und blieb auch unauffällig, wenn er in der Wohnung weilte.
Außerdem benutzte er nur Mobiltelefone, die mit SIM-Karte funktionierten. Er besorgte sie sich in großen Mengen außerhalb des Bundesstaats, benutzte jedes nur ein- oder zweimal und warf es dann in den East River. Selbst die NSA, die mit ihrer technischen Ausstattung ein Telefonat abzuhören und den Sprecher aufzuspüren vermag, ist nicht in der Lage, den Käufer eines solchen Ex-und-hopp-Handys mit SIM-Karte zu ermitteln oder die Polizei zum Standort des Anrufers zu dirigieren, wenn dieser ständig in Bewegung ist, das Gespräch kurz hält und das Gerät anschließend wegwirft.
Ein weiterer Trick besteht in der Benutzung der guten alten öffentlichen Telefonzelle. Natürlich lässt sich feststellen, welche Nummern aus einer Zelle angerufen werden, aber es gibt davon zahllose, und solange nicht eine oder mehrere bestimmte im Verdacht stehen, ist es sehr schwer, das Gespräch abzuhören,
den Anrufer als einen Gesuchten zu identifizieren, den Standort zu ermitteln und rechtzeitig einen Streifenwagen hinzuschicken.
Schließlich nutzte er die viel geschmähte US-Post und ließ sich Briefe postlagernd an eine Poststelle in Gestalt eines harmlosen koreanischen Obst- und Gemüseladens schicken, zwei Blocks von seiner New Yorker Wohnung entfernt. Natürlich bot das keinen Schutz, wenn die Post oder der Laden ins Visier von Fahndern gerieten und überwacht wurden, doch dazu bestand kein Grund.
Er rief den Inserenten unter der angegebenen Handynummer an. Dazu fuhr er in New Jersey weit aufs Land hinaus und benutzte ein Mobiltelefon, das er gleich anschließend wegzuwerfen gedachte.
Steve Edmond nannte ohne Zögern seinen Namen und erklärte in fünf Sätzen, was mit seinem Enkel geschehen war. Avenger dankte ihm und beendete das Gespräch.
In den USA gibt es mehrere riesige Zeitungsarchive, und die bekanntesten sind die der New York Times, der Washington Post und Lexis Nexis. Er nutzte das Letztere, besuchte die New Yorker Datenbank und bezahlte in bar.
Er fand genug Material über Steve Edmond, das die Angaben des Gesprächspartners bestätigte, und zwei Artikel über seinen Enkel, einen Studenten, der vor Jahren als Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in Bosnien verschwunden war, beide aus dem Toronto Star. Dieser Inserent schien es ernst zu meinen.
Dexter rief den Kanadier ein zweites Mal an und nannte ihm seine Bedingungen: horrende Spesen, eine Anzahlung und eine Prämie, die fällig wurde, wenn man Zilić an die US-Justiz auslieferte, die aber im Fall eines Misserfolgs nicht zu bezahlen war.
»Das ist viel Geld für einen Mann, den ich nicht kenne und der ein persönliches Treffen offensichtlich scheut«, wandte der Kanadier ein. »Sie könnten es nehmen und verschwinden.«
»Und Sie, Sir, könnten sich wieder an die US-Regierung wenden, bei der Sie, wie ich vermute, bereits gewesen sind.«
Es entstand eine Pause.
»Also gut, wohin soll ich das Geld schicken?«
Dexter nannte ihm eine Kontonummer bei einer Bank auf den Caymaninseln und die Adresse einer New Yorker Poststelle. »Die Überweisung auf das Konto, das gesamte bereits vorliegende Recherchematerial an die Adresse«, sagte er und beendete das Gespräch.
Die karibische Bank würde die Gutschrift im Computer durch ein Dutzend verschiedener Konten schleusen, aber auch bei einem New Yorker Geldinstitut ein Girokonto eröffnen, und zwar auf den Namen eines niederländischen Staatsbürgers, der sich mit einem perfekten niederländischen Pass ausweisen würde.
Drei Tage später traf in dem koreanischen Gemüseladen in Brooklyn ein dicker Umschlag ein. Er wurde vom Adressaten, einem Mr. Armitage, abgeholt
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