Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
lenkten seine Gedanken in eine andere Richtung, weg von den Botschaften und Palästen in den arabischen Staaten, für die er eigentlich zuständig war.
    Quasi nebenher bat er die Stationen um zusätzliche Berichte, nicht darüber, was der jeweilige Regierungschef gerade tat, sondern über die Stimmung auf der Straße, in den Suks, in den Medinas, in den Moscheen und Koranschulen, den Medrasen, aus denen die nächste Generation junger Muslime hervorging. Je mehr er sah und ihm zu Ohren kam, desto lauter schrillten bei ihm die Alarmglocken.

    Sie hassen uns wie die Pest, sagte seine innere Stimme. Sie brauchen nur einen fähigen Koordinator. In seiner Freizeit nahm er die Spur des saudischen Fanatikers UBL wieder auf und fand heraus, dass Saudi-Arabien den Mann nicht mehr ins Land ließ, da er sich erdreistet hatte, den Herrscher dafür zu geißeln, dass er Ungläubigen Einlass ins heilige Land des Islam gewährt hatte.
    Er erfuhr, dass er im Sudan weilte, einem weiteren islamistischen Staat, in dem fundamentalistische Fanatiker an der Macht waren. Khartoum bot den Amerikanern die Auslieferung des saudischen Eiferers an, doch niemand war interessiert. Dann war er wieder in den Bergen Afghanistans verschwunden, wo die fanatischste Gruppe, die radikalislamischen Taliban, den Bürgerkrieg mittlerweile für sich entschieden hatten.
    Devereaux nahm zur Kenntnis, dass der Saudi die Taliban überaus großzügig mit Millionenspenden aus seinem Privatvermögen bedachte und rasch zu einer Schlüsselfigur im Land aufstieg. Die annähernd fünfzig Leibwächter, mit denen er angereist war, verstärkten seine Truppe aus mehreren hundert ausländischen (nichtafghanischen) Mudschaheddin, die sich noch vor Ort befanden. In den Basaren der pakistanischen Grenzstädte Quetta und Peshawar wurde gemunkelt, dass der Rückkehrer fieberhaft an zwei Projekten arbeite: dem Bau komplizierter Höhlensysteme an dutzend verschiedenen Stellen und der Errichtung von Trainingscamps, die nicht für das afghanische Militär, sondern für freiwillige Terroristen gedacht seien. Die Gerüchte kamen Paul Devereaux zu Ohren. Der Hass der Islamisten auf Amerika hatte seinen Koordinator gefunden.
    Als Nächstes folgte die peinliche Schlappe der US-Rangers in Somalia, die in erster Linie der miserablen Aufklärung zuzuschreiben war. Aber nicht nur. Zum einen hatte man den oppositionellen Warlord Aideed unterschätzt, zum anderen hatten dort nicht nur Somalier, sondern auch besser ausgebildete Saudis gekämpft. 1996 zerstörte eine gewaltige Bombe die Kobar Towers, ein Quartier der US-Luftwaffe im saudischen Dhahran.
Neunzehn Amerikaner kamen uns Leben, viele Menschen wurden verletzt.
    Paul Devereaux suchte Direktor George Tenet auf.
    »Lassen Sie mich in die Antiterrorabteilung wechseln«, bat er.
    »Die Abteilung ist komplett und leistet gute Arbeit«, entgegnete der DCI.
    »Sechs Tote in Manhattan, neunzehn in Dhahran. Das ist das Werk von al-Qaida. UBL und seine Leute stecken dahinter, auch wenn sie die Bomben nicht selbst gelegt haben.«
    »Das wissen wir, Paul. Wir sind an der Sache dran. Und das FBI auch. Wir lassen die Dinge nicht schleifen.«
    »George, das FBI weiß nichts über al-Qaida. Die haben keinen, der Arabisch spricht, und kennen die Mentalität nicht. Sie kennen sich vielleicht mit Gangstern aus, aber alles, was östlich des Suezkanals liegt, ist für sie ein Buch mit sieben Siegeln. Ich könnte ihnen wichtige Denkanstöße geben.«
    »Paul, ich will Sie im Nahen Osten haben. Dort brauche ich Sie dringender. Der König von Jordanien liegt im Sterben. Wir wissen nicht, wer sein Nachfolger wird, sein Sohn Abdullah oder sein Bruder Hassan. Und auch der Diktator in Syrien macht es nicht mehr lange. Wer löst ihn ab? Saddam macht den Waffeninspektoren das Leben schwer. Was ist, wenn er sie vor die Tür setzt? In Palästina spitzt sich die Lage zu. Ich brauche Sie im Nahen Osten.«
    Erst 1998 bekam Devereaux seine Versetzung. Am 7. August detonierten zwei gewaltige Autobomben vor den US-Botschaften in Nairobi und Daressalam.
    In Nairobi starben zweihundertdreizehn Menschen, viertausendsiebenhundertzweiundzwanzig wurden verletzt. Zu den Toten zählten auch zwölf Amerikaner. Der Anschlag in Tansania war nicht ganz so schlimm. Er forderte elf Tote und zweiundsiebzig Verletzte. Kein Amerikaner starb, aber zwei wurden zu Krüppeln.
    Nach kurzer Zeit stand fest, dass hinter den beiden Bombenanschlägen
das Al-Qaida-Netzwerk steckte. Paul Devereaux

Weitere Kostenlose Bücher