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Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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bringen wollte. Damals hatten sich die meisten Anfänger unter dem Eindruck des Vietnamkriegs und des Ost-West-Konflikts für die Sowjetabteilung entschieden. Die Sowjetunion war der Hauptfeind, und Russisch die Sprache, die man lernen musste. Devereaux entschied sich für die arabische Welt und das umfassendere Studium des Islam. Er wurde für verrückt erklärt.
    Er lernte so gut Arabisch, dass er für einen Araber gehalten werden konnte, und er studierte den Islam so gründlich wie ein Korangelehrter. An Weihnachten 1979 durfte er sich bestätigt fühlen: Sowjetische Truppen marschierten in ein Land namens Afghanistan ein, und die meisten Agenten in der CIA-Zentrale griffen nach ihren Atlanten.
    Devereaux verriet, dass er neben dem Arabischen auch leidlich Urdu, die Staatssprache Pakistans, und das in den Stammesgebieten im pakistanischen Nordwesten und jenseits der Grenze in Afghanistan gesprochene Paschtu sprach.
    Seine Karriere bekam einen Schub. Als einer der Ersten vertrat er die Meinung, dass die Sowjetunion sich übernommen habe, die afghanischen Stämme keine fremde Besatzungsmacht dulden würden und der sowjetische Atheismus ihren strengen islamischen Glauben beleidige. Und er behauptete, dass sich mit amerikanischer Waffenhilfe in den Bergen ein erbitterter Widerstand entfachen lasse, an dem sich General Boris Gromow und seine 14. Armee die Zähne ausbeißen würden.
    Noch vor dem Ende des Kriegs hatte sich das Blatt gewendet. Die Mudschaheddin hatten tatsächlich fünfzigtausend russische Soldaten in Särgen nach Hause geschickt, und obwohl die Besatzungsarmee an den Afghanen abscheuliche Gräuel verübte, hatte sie die Lage nicht mehr im Griff und war demoralisiert.

    Der Krieg in Afghanistan und die Machtübernahme durch Michail Gorbatschow führten schließlich zur Auflösung der Sowjetunion und zum Ende des Kalten Kriegs. Paul Devereaux war von der Abteilung Auswertung in die Operationsabteilung gewechselt und hatte zusammen mit Milt Bearden die Verteilung der amerikanischen Waffen im Wert von einer Milliarde Dollar pro Jahr an die Freischärler in den Bergen organisiert.
    Bei den Märschen und Kämpfen in den afghanischen Bergen hatte er beobachten können, wie Hunderte von jungen, idealistischen und sowjetfeindlichen Freiwilligen aus dem Mittleren und Nahen Osten ins Land strömten, die weder Paschtu noch Dari sprachen, aber bereit waren, fern der Heimat zu kämpfen und notfalls auch zu sterben.
    Devereaux wusste, was er dort tat. Er kämpfte gegen eine Supermacht, die auch sein Land bedrohte. Was aber hatten die jungen Saudis, Ägypter und Jemeniten dort verloren? Washington schenkte ihnen ebenso wenig Beachtung wie den Berichten des CIA-Mannes. Aber Devereaux war von ihnen fasziniert. Er gab vor, nur ein paar Brocken Arabisch zu können, um so stundenlang ihren Gesprächen zu lauschen. Dabei gelangte er zu der Einschätzung, dass sie nicht den Kommunismus, sondern den Atheismus bekämpften.
    Und damit nicht genug. Ebenso leidenschaftlich hassten und verachteten sie das Christentum, den Westen und insbesondere die Vereinigten Staaten. Unter ihnen gab es einen Hitzkopf und verwöhnten Spross aus einer steinreichen saudischen Familie, der mit Millionenbeträgen Trainingscamps im sicheren Pakistan errichtete, Flüchtlingsheime unterstützte, Nahrungsmittel, Decken und Medikamente kaufte und an die anderen Mudschaheddin verteilen ließ. Sein Name war Usama.
    Er wollte sich als großer Kämpfer wie Achmed Schah Massud profilieren, doch in Wahrheit hatte er nur einmal, im späten Frühjahr 1987, an einem Gefecht teilgenommen. Milt Bearden nannte ihn einen verzogenen Balg, aber Devereaux behielt ihn
im Auge. Der junge Mann führte ständig den Namen Allahs im Mund, doch hinter seinen frommen Reden verbarg sich ein lodernder Hass, der sich eines Tages nicht mehr nur gegen die Russen richten würde.
    Paul Devereaux kehrte nach Langley zurück und erntete viel Lob. Er hatte beschlossen, niemals zu heiraten und die Gelehrsamkeit und den Beruf den Zerstreuungen des Familienlebens vorzuziehen. Sein verstorbener Vater hatte ihm ein Vermögen hinterlassen, und sein elegantes Stadthaus in Alt-Alexandria beherbergte eine viel bewunderte Sammlung islamischer Kunst und persischer Teppiche.
    Er warnte davor, Afghanistan nach Gromows Niederlage dem Bürgerkrieg zu überlassen, und geißelte dies als Torheit. Doch in der Euphorie über den Fall der Berliner Mauer glaubten alle, dass nun, da die Sowjetunion im Chaos

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