Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Raecher

Titel: Der Raecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
räumte seinen Platz in der Nahostabteilung für einen jungen, aufstrebenden Arabisten, den er unter seine Fittiche genommen hatte, und wechselte in die Antiterrorabteilung.
    Dort bekleidete er den Rang eines stellvertretenden Direktors, ersetzte aber nicht den bisherigen Amtsinhaber. Es war kein glückliches Arrangement. Er fungierte als eine Art Berater an der Peripherie der Abteilung Auswertung, gelangte aber bald zu der Überzeugung, dass der Clinton’sche Grundsatz, nur gut beleumundete Informanten als Quellen zu nutzen, kompletter Wahnsinn war.
    Es war die Art von Wahnsinn, die bei der Reaktion auf Anschläge in Afrika zu einem Fiasko geführt hatte. Cruise-Missiles hatten eine pharmazeutische Fabrik in den Außenbezirken Khartoums zerstört, weil man glaubte, dass UBL, der längst wieder außer Landes war, dort chemische Waffen herstellte. Wie sich dann zeigte, hatte die Fabrik tatsächlich nur Aspirin produziert.
    Siebzig weitere Tomahawk-Raketen wurden in Richtung Afghanistan abgefeuert mit dem Ziel, UBL zu töten. Für mehrere Millionen Dollar pro Abschuss wurde viel Gestein zertrümmert, doch UBL weilte am anderen Ende des Landes. Diese Fehlschläge gaben schließlich den Ausschlag. Devereaux wurde erhört und das Projekt Peregrine ins Leben gerufen.
    In Langley war man sich einig, dass Devereaux ein paar Schulden eingefordert hatte, um seine Bedingungen durchzusetzen. Das Projekt Peregrine war so geheim, dass nur Direktor Tenet von seinen Plänen wusste. Außerhalb der Firma musste der Jesuit nur eine weitere Person ins Vertrauen ziehen, nämlich den Chef der Antiterrorabteilung im Weißen Haus, Richard Clarke, der das Amt unter George Bush senior übernommen hatte und auch unter Clinton bekleidete.
    In Langley war Clarke wegen seiner unverblümten und ätzenden Kritik verhasst, aber Devereaux wollte und brauchte ihn
aus mehreren Gründen. Er wusste, dass der Mann aus dem Weißen Haus gegen die Skrupellosigkeit seines Vorhabens keine Einwände haben würde. Er konnte den Mund halten, wenn er wollte, und ihm die nötigen Mittel an die Hand geben, wenn er sie brauchte.
    Doch zunächst einmal erhielt Devereaux die Erlaubnis, sich über das Verbot, die Zielperson zu töten, hinwegzusetzen und zu diesem Zweck notfalls auch Quellen zu benutzen, die möglicherweise zutiefst verabscheuungswürdig waren. Die Erlaubnis kam nicht aus dem Oval Office. Von diesem Augenblick an vollführte Paul Devereaux einen heimlichen Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden.
    Er ließ sich eigene Büroräume zuweisen und stellte aus den besten Leuten, die er kriegen konnte, ein Team zusammen. Als es Proteste hagelte, sprach der Direktor ein Machtwort. Devereaux war nie darauf aus gewesen, sich eine Hausmacht aufzubauen, und hatte auch diesmal nicht die Absicht. Er wollte nur einen engen Kreis von Spezialisten um sich scharen. Er bezog drei Büros im sechsten Stock des Hauptgebäudes mit Blick über die Birken und Korbweiden zum Potomac, der freilich nur im Winter, wenn die Bäume keine Blätter hatten, zu sehen war.
    Er brauchte einen guten und zuverlässigen Mann als rechte Hand; tüchtig, vertrauenswürdig, loyal, einen, der tat, was man ihm sagte, und keinen Besserwisser. Sein Wahl fiel auf Kevin McBride.
    Beide Männer waren »Lebenslängliche«, als Mittzwanziger zur Firma gestoßen, seit dreißig Jahren in ihren Diensten, aber sonst so verschieden wie Tag und Nacht.
    Der Jesuit war schlank und rank und trainierte jeden Tag zu Hause im eigenen Fitnessraum. McBride wollte sein Sixpack am Wochenende nicht missen, hatte mit den Jahren einen Bierbauch angesetzt und kaum noch Haare auf dem Kopf.
    Wie aus den Unterlagen über seine jährliche Sicherheitsüberprüfung hervorging, führte er eine stabile Ehe mit seiner Frau
Mary, hatte zwei Kinder, die seit kurzem aus dem Hause waren, und besaß ein Häuschen in einem Neubaugebiet jenseits der Ringautobahn. Er war nicht vermögend und lebte bescheiden von seinem Gehalt.
    Einen Großteil seiner Laufbahn hatte er in Auslandsbotschaften verbracht, es aber nie zum Stationschef gebracht. Er war kein Konkurrent, aber eine erstklassige Nummer zwei. Wenn man etwas erledigt haben wollte, wurde es erledigt. Auf ihn war Verlass. Er neigte nicht zu pseudointellektuellen Spitzfindigkeiten und vertrat traditionelle, bodenständige, amerikanische Werte.
    Am 12. Oktober 2000, zwölf Monate nachdem das Projekt Peregrine ins Leben gerufen worden war, schlug al-Qaida abermals zu. Diesmal waren die

Weitere Kostenlose Bücher