Der raetselhafte Kunstraub
anknipsen.
Die Ladenzeit war schon vorbei und die Tür zur Straße abgeschlossen. Corny polierte in der Damenabteilung die verchromten Wasserhähne.
„Drei Mark fünfzig“, sagte Fritz Treutlein und nahm dabei einem Jungen aus der Maximilianstraße das weiße Tuch vom Hals.
„Das Trinkgeld kannst du dir in ‘n Kamin schreiben“, meinte der Junge freundlich, als er sein Geld aus der Tasche holte.
„Ich will es probieren“, grinste Fritz und drehte das Sitzkissen um. „Der nächste bitte.“
Jetzt war Emil Langhans an der Reihe. Auf den Stühlen an der Wand warteten noch drei andere Jungen, und ein vierter klopfte gerade an das Glas der Ladentür.
„Das Geschäft läuft ja wie einen Tag vor Ostern“, bemerkte Corny und ließ den Jungen herein.
Emil Langhans hatte sich inzwischen in den Sessel fallen lassen. Aber daß du mir ja nichts abschneidest“, verlangte er.
„Irgend etwas werden deine Eltern für ihr Geld aber doch sehen wollen“, mahnte Fritz und klapperte mit seiner Schere. „Deine Ohren sind ja schon ganz zugewachsen.“
„Ich möchte nicht, daß sie frieren“, jammerte Emil.
In diesem Augenblick kam Vater Treutlein von der Wohnung her. Er war beim Rasieren und seifte sich gerade ein.
„Guten Abend, die Herren“, begrüßte er die Freunde seines Jungen. Dann rief er zum Damensalon hinüber: „Corny, ruf doch mal Herrn Lohmeier an. Er soll kurz vor acht Uhr einen Wagen schicken. Wir haben nämlich bestimmt gleich ein Gewitter, daß die Fetzen fliegen, und dann ist er auf einen Schlag mit seinen Taxis ausverkauft.“
*Ja, sofort“, gab Corny Treutlein zur Antwort und wählte die Nummer. „Ich mach’ jetzt auch gleich Schluß, damit ich mich noch umziehen kann.“ Dann meldete sich Herr Lohmeier am Telefon. Als Corny wieder aufgelegt hatte, rief sie zu ihrem Vater in die Wohnung: „Da haben wir aber Glück gehabt. Wir kriegen die letzte Taxe, die noch frei war.“
„Gehen deine Eltern auch zu dieser Versammlung vom Kunstverein?“ fragte Emil Langhans leise.
Aber Fritz Treutlein kam nicht mehr zum Antworten.
Von draußen war nämlich ein kurzer lauter Donner zu hören, und beinahe gleichzeitig schlug ziemlich nahe ein Blitz ein.
„Fröhliche Weihnachten“, rief Corny und verschwand in der Wohnung.
Vor dem Schaufenster und der Ladentür regnete es jetzt wie aus Feuerwehrschläuchen. Plötzlich hörte Fritz Treutlein auf, mit seiner Schere zu klappern. Er blickte in den Spiegel und dachte nach.
„Was ist los?“ fragte Emil Langhans besorgt. „Du siehst so komisch aus.“
„Ich fürchte, ich habe eine Idee“, murmelte Fritz Treutlein leise.
Er ging zum Telefon und wählte so schnell wie möglich die Nummer von Paul Nachtigall.
Ein Gewitter ist manchmal eine gute Sache
„Schieß los“, sagte Paul Nachtigall. „Ich bin ganz Ohr.“
„Also, was wir da heute abend beim Kunstverein Vorhaben, ist doch bloß kalter Kaffee, eine kleine Störung, weiter nichts.“
Fritz Treutlein hatte den Telefonhörer ganz nah an den Mund genommen und sich mit dem Rücken zur Wohnungstür gedreht. Aber eigentlich wollten wir doch die ganze Versammlung platzen lassen oder wenigstens verhindern, daß Studienrat Dr. Purzer seine Rede hält. Nur ist uns dazu noch nichts Richtiges eingefallen.“
„Was schlägst du also vor?“ wollte Paul Nachtigall wissen.
„Was ist das für eine Idee?“ fragte beinahe gleichzeitig Emil Langhans. Er hörte natürlich jedes Wort, das Fritz Treutlein in den Telefonhörer sprach. Genauso wie die übrigen Jungen, die auf den Stühlen saßen und auf ihren Haarschnitt warteten.
„Wir hätten aber nicht mehr viel Zeit“, bemerkte Fritz Treutlein und blickte durch das Schaufenster in den Gewitterregen hinaus.
„Dann mach es nicht so spannend“, mahnte Paul Nachtigall.
„Die Idee ist mir gekommen, als mein Vater vorhin per Telefon eine Taxe bestellt hat“, verriet Fritz Treutlein. „Ich weiß, daß Studienrat Dr. Purzer draußen am Zobelberg wohnt. Ich habe ihm früher mal Hefte nach Hause bringen müssen. Und er hat kein eigenes Auto. Da denke ich mir, daß er bei diesem Hundewetter bestimmt auch eine Taxe bestellt hat. Denn er will ja wohl einigermaßen trocken zu seiner Rede ins Rathaus kommen. Schon weil er sich bestimmt für heute abend seinen besten Anzug aus dem Schrank geholt hat. Begreifst du, was ich meine?“
„Und ob ich begreife!“ versicherte Paul Nachtigall. „Das ist die beste Idee seit der Erfindung der
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