Der raetselhafte Kunstraub
machte zwischen den aufgestellten Kunstwerken einen Rundgang wie in einem Museum. „Gibt es etwas Neues?“ Er blieb kurz stehen und ging dann wieder weiter.
„Ich habe hier in meiner Mappe die bisherigen Protokolle und die Fotos, die gleich nach Entdeckung der Tat gemacht wurden“, antwortete Herr Kalender. „Nein, etwas Neues gibt es nicht.“
Der Detektiv wanderte weiter zwischen Bildern und Plastiken hin und her. Dabei zog er seine Kreise immer enger um den leeren Sockel mit der Nummer 5.
„Interessant“, bemerkte er und holte eine Lupe aus der Seitentasche seines Jacketts. Die Lupe hatte einen Griff aus Chrom und war etwa so groß wie ein Bierdeckel.
Herr Krause benötigte zur Untersuchung des leeren Sockels etwa zehn Minuten. Während dieser Zeit bewegte sich Polizeimeister Kalender nicht vom Fleck. Aber er beobachtete den Herrn aus Berlin ganz genau. Im Saal war es still. Man hörte nur manchmal durch die Fenster eine Straßenbahn oder den Autobus, der aus der Herderstraße kam.
„Wenn ich jetzt die Fotos sehen dürfte“, sagte der Detektiv schließlich und steckte seine Lupe wieder ins Jackett zurück.
„Ich habe aus allen Richtungen fotografieren lassen“, bemerkte Polizeimeister Kalender.
Herr Krause betrachtete sich eingehend jedes Bild. „Sehr gute Arbeit“, meinte er zwischendurch.
„Zufällig waren Pressefotografen anwesend“, erklärte Herr Kalender bescheiden. „Wir hatten Glück.“
Als der Detektiv die Fotos wieder zurückgegeben hatte, drehte er sich plötzlich um. „Die Fenster waren in der betreffenden Nacht verschlossen?“ fragte er. „Das wissen Sie genau?“
„Leider war das nicht mehr mit Sicherheit festzustellen“, antwortete der Polizeimeister. „Haben Sie schon einen Verdacht, Herr Krause?“
Und jetzt passierte etwas Eigenartiges.
Der Detektiv aus Berlin zündete sich eine Zigarette an und fragte: „Gibt es hier ein Schwimmbad?“
„Wir haben sogar zwei“, Herr Kalender war verwundert. „Eines in der Halle und eines im Freien.“
„Bei diesem Wetter würde ich das Freibad vorziehen“, bemerkte der Detektiv. „Wo ist das?“
„Sie wollen jetzt ins Freibad?“ fragte der Polizeimeister und riß die Augen auf.
Eine neue Spur
„Beim Schwimmen habe ich immer die besten Einfälle“, lächelte Herr Krause und verabschiedete sich.
Am Freitagmorgen fragten die Bad Rittershuder Nachrichten zum erstenmal, was denn mit der Polizei los sei.
Die Samstagsausgabe brachte bereits einen offenen Angriff.
Unter der Überschrift „Die geklaute 5“ behauptete die Zeitung, Bad Rittershude sei für Spitzbuben und Diebe allem Anschein nach das reinste Schlaraffenland.
Das hatte gerade noch gefehlt.
Polizeimeister Kalender kam wütend in seine Wohnung gepoltert und rief: „Den Grauen!“ Er zog bereits seinen Uniformrock aus.
Aber du bist doch im Dienst“, protestierte seine Frau.
„Gerade deshalb“, erklärte der Polizeimeister.
Er hatte schon die Schuhe von den Füßen gestreift und stieg jetzt aus seiner Hose.
Zehn Minuten später übernahm er persönlich die Wache im Bahnhof bei der Gepäckaufbewahrung. Er trug jetzt einen grauen Kammgarnanzug mit einem leichten Fischgrätenmuster. Gelegentlich versteckte er sich hinter einer Säule oder hinter einer Zeitung.
Natürlich war die ganze Verkleidung vollkommen witzlos. Der Polizeimeister war in Bad Rittershude bekannt wie ein bunter Hund. Ob er nun uniformiert war oder nicht.
Aber darum ging es ja gar nicht.
Polizeimeister Kalender wollte den Leuten zeigen, daß er mit allen Wassern gewaschen war, wenn es darauf ankam. Auch wenn die Bad Rittershuder Nachrichten anderer Meinung waren.
Im übrigen war dieser Samstag wieder einmal ein Sommertag, an dem die Sonne nur so lachte.
Die Fliegen summten, und die Schmetterlinge blieben zu Hause, weil es zu heiß war.
Die Schulen hatten die letzte Stunde ausfallen lassen und ihre Mädchen und Jungen ins Freibad geschickt. Dort lagen sie jetzt in der Sonne oder im Wasser und ließen den lieben Gott einen guten Mann sein.
Es dauerte allerdings nicht lange, und dann langweilten sie sich.
„Seitdem die Fünf geklaut ist“, meditierte Manuel Kohl, „sind wir so etwas Ähnliches wie arbeitslos.“ Er hatte die Hände unter dem Kopf und blickte an hellgrünen Blättern vorbei in den Himmel.
Die Glorreichen Sieben lagen in ihren Badehosen nämlich unter einem Ahornbaum.
Aber man kann doch nicht Plakate kleben oder Flugblätter verteilen für etwas, das es
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