Der raetselhafte Kunstraub
Zigarrenhändler Bemmelmann.“
Gleich darauf waren noch Schokoladenfabrikant Hugendubel mit seiner Frau zu sehen und dann Polizeimeister Kalender, wie er an der roten Kordel zog.
Der Diebstahl der Büste Nummer 5 wurde von den Fernsehleuten höflich verschwiegen.
Als der Bericht aus war, schaltete Hauptschriftleiter Kubatz das Gerät wieder ab und paffte eine Rauchwolke ins Zimmer. „War doch ganz lustig?“ fragte er.
Es gibt schlimmere Städte“, lächelte seine Frau.
„Und jetzt zu dir“, meinte der Hauptschriftleiter dann.
Karlchen stand auf und blieb stehen wie in der Schule.
„Die Geschichte mit den Schuhen von Herrn Ambrosi ließ ich mir noch gefallen“, begann Herr Kubatz. „Ich lasse mir aber nicht mehr gefallen, was du dir gestern nacht mit meiner Zeitung erlaubt hast.“ Er setzte sich wieder in seinen Sessel und schlug die Beine übereinander. „Ich halte die Sache sogar für so wichtig, daß ich uns beiden Zeit lassen will. Sagen wir bis Sonntag.“
Hauptschriftleiter Kubatz paffte eine neue Rauchwolke ins Zimmer und blickte ihr nach. „Dann wollen wir uns in Ruhe unterhalten. Bis dahin kann sich jeder seine Gedanken machen. Gute Nacht.“
„Gute Nacht“, wünschte Karlchen Kubatz und verschwand.
Zur gleichen Zeit schlich sich Polizeimeister Kalender aus seiner Wohnung in den großen Sitzungssaal des Rathauses. Er hatte die wachhabenden Beamten für heute nacht nach Hause geschickt.
Polizeimeister Kalender öffnete vorsichtig zwei von den hohen Fenstern mit den Rundbögen und zog auch die Vorhänge zurück.
Der Saal lag zu ebener Erde und direkt an der Straße. Man hätte durch die beiden geöffneten Fenster jetzt beinahe genauso bequem hereinkommen können wie durch eine Tür.
Der Polizeimeister nahm einen Stuhl und setzte sich hinter eine Säule in die Dunkelheit. Er war jetzt gänzlich unsichtbar.
„Na warte“, dachte er und streckte die Beine aus. Und das war für lange Zeit die einzige Bewegung, die er sich erlaubte. Er ließ die zwei offenen Fenster jetzt nicht mehr aus den Augen.
Bis er gegen Mitternacht auf seinem Stuhl einschlief.
Als er gegen 6 Uhr wieder aufwachte, hatte sich in dem Saal nichts verändert. Auch die Bronzebüste mit der Nummer 5 fehlte noch.
Frau Kalender verplappert sich
Die Bad Rittershuder Nachrichten erschienen am nächsten Morgen mit der fettgedruckten Schlagzeile: „Tausend Mark Belohnung“.
Alle Bürger wurden aufgefordert, bei der Aufklärung des Diebstahls mitzuhelfen. Lediglich die Polizei war von der Belohnung ausgeschlossen. Weil es ja ihr Beruf war, Verbrechen aufzudecken.
Hauptschriftleiter Kubatz hatte auch den Vorschlag von Rechtsanwalt und Notar Dr. Semmelroth aufgegriffen und appellierte an den Dieb, das gestohlene Kunstwerk freiwillig zurückzugeben. Zum Beispiel über die Gepäckaufbewahrung am Bahnhof. Dabei ließ die Zeitung zwischen den Zeilen offen durchblicken, daß man an einer Bestrafung gar nicht so sehr interessiert sei, wenn nur die Büste noch rechtzeitig zurückkäme.
„Das haben sich die Herren so ausgedacht“, knurrte Polizeimeister Kalender, nachdem er die Bad Rittershuder Nachrichten gelesen hatte. Er ließ sofort zwei Beamte ihre Uniformen ausziehen und schickte sie in Zivil zum Bahnhof, um abwechselnd die Gepäckaufbewahrung zu beschatten. Jeder größere Koffer und jeder größere Karton seien als verdächtig zu behandeln.
Für die Touristen war die Ausstellung im Rathaussaal durch den Diebstahl über Nacht anziehender geworden als die jodhaltige Mineralquelle im Kurpark oder das Heimatmuseum am Stadtgraben. Sie standen vor dem leeren Sockel und starrten auf das Schild Nummer 5 wie auf ein Weltwunder.
Die verschwundene Bronzebüste war natürlich zusammen mit der Fernsehübertragung vom vergangenen Abend überall das Stadtgespräch. Auch im Friseursalon Treutlein.
„Sie haben ausgesehen wie ein Filmstar“, rief Zigarrenhändler Bemmelmann zur Damenabteilung hinüber. Ehrenwort.“
„Danke für die Blumen“, säuselte Frau Kalender zurück. Sie ließ sich von Corny gerade die Haare waschen.
Ein Diebstahl mitten im Rathaus“, lachte der Zigarrenhändler. „Das ist vielleicht ein Ding!“
„Und ich glaube nicht, daß der Dieb der Stadtverwaltung den Gefallen tut“, bemerkte Vater Treutlein. „Ich meine, daß er die Büste sang- und klanglos zurückbringt.“ Er saß neben der Kasse und beschäftigte sich mit seiner Buchführung.
„Nicht die Bohne“, erklärte Herr Bemmelmann. Er
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