Der raffinierte Mr. Scratch: Roman (German Edition)
anblickte.
»Hör zu«, sagte er.
»Du solltest schlafen«, erwiderte sie.
»Wir können uns nicht mehr sehen.«
»Pssst …«, machte sie und streichelte seinen Arm, bis ihr dämmerte, was er gesagt hatte. Sie riss die Hand weg.
» Was? «
Er bedachte sie mit einem langen, mitfühlenden Blick. Hoffentlich nahm sie es mit Fassung und zeigte Würde.
Er beschloss, einfach dazusitzen und abzuwarten. Er würde ihr nicht sagen, dass er sich in jemand anderes verliebt hatte.
Jennas Augen blitzten. Mit einem Schluchzen sprang sie vor und riss sämtliche Schläuche aus seinem Arm.
» Du Hurensohn! «, kreischte sie.
Ihre Hand schoss unter die Bettdecke und riss ihm den Katheter heraus.
Dem Teufel quollen die Augen hervor.
Plötzlich schien ihr etwas einzufallen. Sie zerrte ihr Mobiltelefon aus der Gesäßtasche, aktivierte die Videoaufzeichnung und stellte das Gerät dem Bett zugewandt auf die Theke.
Dann tat sie etwas, was ihre Fans garantiert an ihre Webseite fesseln würde.
Sie zog eine kleine Pistole aus der Handtasche und schoss dem Teufel – Bang! – in den Bauch.
Es war furchtbar, doch eine Menge Multimedia-Fans sagten hinterher, es wäre zwar schrecklich gewesen, jedoch auf eine wunderbare Weise.
Das Video war verschwommen und dunkel, aber das machte alles nur noch dramatischer. Das Telefon lag auf der Seite, sodass Jenna Steele (modisch ausgefallen in ihrem ultrakurzen schwarzen Rock, den schwarzen Sportleggings und Schulmädchenschuhen, die Bluse aufgeknöpft, der BH vergessen) der Schwerkraft zu trotzen schien, als sie aus dem Zimmer flüchtete, verschluckt vom hellen Rechteck der Tür.
Dann kam die wirklich beunruhigende letzte Minute des Clips. Der Autofokus der Kamera jagte vor und zurück, bis die Gestalt auf dem Bett erkennbar wurde.
John Scratch, mit leuchtenden Augen.
Die Leute sahen, wie er Blut spuckte und leise kicherte, bevor er ein schmerzverzerrtes Gesicht aufsetzte.
Sie lasen von seinen Lippen, als er »Schwester!« brüllte und beinahe vor Husten explodierte.
Was sie nicht lesen konnten, waren seine Gedanken: Mädchen , die sich in der Öffentlichkeit gemein und selbstsüchtig geben, insgeheim aber nett und zärtlich sind, täuschen das Nette, Zärtliche nur vor.
15
American
Werewolf
New Jersey, 1777
Der Krieg würde bis Mitternacht vorbei sein.
Amerika wäre Geschichte. Die Briten kamen, und sie würden Amerika zerquetschen. Der Teufel sah keinen Ausweg mehr.
Der Wind heulte den Assunpink Creek herauf. Er stöhnte wie ein Geist in den Straßen von Trenton und brach so hart über die Soldaten herein, dass sie es persönlich nahmen.
Der Teufel zog seinen Umhang straffer.
Sie hatten den Delaware überquert und Trenton genommen. Hussa!
Sie waren Helden. Hussa!
Sie würden die kurzlebigsten Helden der Geschichte werden.
Weil sie nicht gegen die gesamte britische Armee gekämpft hatten, hier, am Tag nach Weihnachten. Sie hatten lediglich eine Schar völlig überraschter hessischer Söldner gefangen genommen. Jetzt kam die Hauptstreitmacht. Sie würde durch Trenton ziehen, den Creek überqueren und die Verteidiger in den Fluss treiben.
Der Mond, nahezu voll, hatte ein blaues Halo. Das bedeutete, dass Eis in der Luft lag. Die schlammigen Straßen würden überfrieren. Wenn es soweit war, konnten sie weitere Kanonen heranbringen, aber sie würden sich beeilen müssen.
Der Teufel wandte sich um und trottete die Straße hinauf in Richtung von General Washingtons Hauptquartier.
***
Sie waren sich erst vor wenigen Wochen begegnet, in Pennsylvania. Eine rebellische neue Nation war im Entstehen, und von diesem einen Mann schien alles abzuhängen.
Washington.
Es war wie in römischer Zeit, mit Julius oder Augustus oder Konstantin. Männer mit heroischen Gesichtern, die heroische Dinge sagten und andere inspirierten, heroische Dinge zu tun. Washington wäre ein fantastischer Römer gewesen.
Außer, dass er von den Briten in den Hintern getreten wurde und sich von Long Island, White Plains und Fort Washington hatte zurückziehen müssen. Der Kongress und das ganze Land fragten sich allmählich, ob ihr General nicht vielleicht zu zaghaft war. Der Teufel stellte sich die gleiche Frage. Er war der Kontinentalarmee gefolgt, als sie sich aus New York zurückgezogen hatte, und hatte den General schließlich in den Wäldern eingeholt.
Washington war vom Pferd gestiegen, um an einen Baum zu pinkeln. Der Teufel lehnte auf der anderen Seite.
»Ihr braucht Hilfe«, sagte der
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