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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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das Wort kam nicht über seine Lippen – »Käufliche?«
    Sie lachte spöttisch. »Du kannst ruhig Dirne sagen – oder Kurtisane; der Herr ist ja aus besserem Hause –, und beim Du kannst du auch bleiben. Ja, was dachtest du denn? Bezahlen, mein Lieber, mußt du schon. Umsonst bin ich nicht zu haben.«
    Fassungslos starrte der Student auf die halb entblößte Frau. Ihm schien es, als hörte er auf einmal lautes Lachen von überallher, eine Kaskade teuflischen Gelächters. Ganz Paris lachte ihn aus. Er hatte einer Dirne seine gesamte Barschaft vor die Füße geworfen, ohne zu begreifen, worauf dieses Tête-à-tête hinauslief! Er hatte geglaubt, dieses Geschöpf interessiere sich für ihn. Ihn schwindelte.
    »O weh«, hörte er sie sagen, »hast du die ganze Zeit geglaubt, du machst eine Eroberung? Wie naiv! Armer Junge, nein, das ist mein Broterwerb, den du nicht erraten hast. Und ich dachte, du hattest damit nur gescherzt.«
    »Nein, Madame!« sagte Jean-François tonlos, griff seinen Mantel und stürmte aus dem Zimmer.
    Er wußte nicht, wie er nach Hause gekommen war. Auf der Straße hatte sich der Rausch wieder eingestellt, und die Knie waren ihm weich geworden. Daheim angelangt – Cambryschlief natürlich längst –, fiel er in einen tiefen, traumlosen Schlaf, aus dem er am nächsten Morgen, es war Montag, und er hätte längst im Collège sein müssen, mit fürchterlichen Gewissensbissen erwachte. Er sammelte seine Sachen ein, die verstreut im Zimmer umherlagen, stülpte seine Börse um und sah entsetzt auf die wenigen Sous, die aus ihr fielen. Seine gesamte Barschaft war aufgebraucht. Eine dahergelaufene Dirne hatte ihn aufgegabelt und ausgenommen, und er hatte es bis zuletzt nicht bemerkt. Wie sollte er das Jacques-Joseph erklären?
    Jean-François setzte sich auf die Bettkante und vergrub das Gesicht in den Händen. Sein Kopf schmerzte. Er dachte an den Bruder und an Madame Deschampes. Er hatte beide hintergangen, ihn, indem er sein Geld verpraßt, und sie, indem er sie einer Dirne wegen über Stunden vergessen hatte. Er verwünschte sich, verwünschte diese Stadt, gedachte des Rates seiner Schwägerin – und schämte sich.

15
    Vivant Denon lag eingenickt auf der Chaiselongue, als sein Diener ins Zimmer trat und einen Besucher anmeldete. Denon zog schläfrig die Brauen hoch. »Besuch? Jetzt? Ich erwarte niemanden.«
    Der Bedienstete verharrte in seiner Position.
    »Ja, was ist noch?«
    »Der junge Mann behauptet, Sie hätten ihn eingeladen, Monsieur.«
    »Wie bitte?«
    Denon arbeitete sich aus der eingesunkenen Stellung empor, in die ihn der Schlummer versetzt hatte. »Wer behauptet, ich hätte ihn eingeladen?«
    »Ein Monsieur Champollion.«
    »Champollion? Den Namen habe ich nie gehört. Wer ist dieser Mensch?«
    »Mehr als seinen Namen hat er nicht preisgegeben.«
    »Champollion, Champollion«, sinnierte Denon und beschieddann: »Ich lasse bitten. Ich bin gespannt, wer es wagt, meine Mittagsruhe zu stören. Halte dich in der Nähe, falls ich den Menschen gleich wieder hinauswerfe!«
    Dann zog er seinen schlichten Ausgehrock über, an dem als einzige Zierde der Orden der Ehrenlegion baumelte, und erwartete den Besucher.
    Jean-François trat ein, etwas verlegen, aber mit strahlendem Blick. Er erkannte Denon sogleich wieder – in diesem fortgeschrittenen Alter verändern ein paar Jahre den Menschen kaum mehr. Es war das knittrig-liebenswürdige Gesicht, in das er seinerzeit zu Grenoble geschaut hatte. Denon aber erkannte augenscheinlich nicht, mit wem er es zu tun hatte.
    »Guten Tag, Monsieur«, sagte Jean-François, »ich fürchte, Sie wissen nicht, wer ich bin. Damit mußte ich rechnen, denn ich war damals erst elf …«
    »Wann: damals? Und wo?«
    »In Grenoble, Monsieur, beim Fest, das die Stadt anno 1802 anläßlich der Ernennung von Monsieur Fourier zum Präfekten des Isère-Departements gab.«
    Denon musterte seinen Gast aufmerksam. »Ich war auf diesem Fest, das stimmt«, sagte er. »Helfen Sie mir weiter auf die Sprünge.«
    »Wenn ich begabt in der Erlernung der alten Sprachen sei, werde ich früher oder später in Paris auftauchen müssen, denn in der Provinz werde man nichts, haben Sie mir damals gesagt. Jedem Franzosen stünde es wie ein Kainsmal auf der Stirn geschrieben, wie weit er von Paris entfernt lebe. Und wenn ich hier endlich angekommen sei, beliebten Sie vorzuschlagen, möge ich Sie besuchen kommen. Sie hätten einige interessante Zeichnungen für mich. Dann gaben Sie mir Ihre

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