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Der Ramses-Code

Der Ramses-Code

Titel: Der Ramses-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Klonovsky
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Parkspaziergang …«
    »Ihr stammt nicht aus Paris?« mischte sich die Jüngere ins Gespräch und schlug dabei keck die Augen zu ihm auf, daß dem Studenten ganz beklommen zumute wurde. Ihm schoß durch den Kopf, was er von den lockeren Sitten der Metropole gehört hatte, und er wurde neugierig.
    »Nein, ich bin nicht von hier«, entgegnete er. »Woran haben Sie das bemerkt.«
    »An Ihrem Akzent, Monsieur«, flötete die Rothaarige. »Ist Ihnen auch so kalt wie uns?« setzte sie hinzu.
    »Es ist fürchterlich kalt«, bestätigte der Student.
    »Warum trinken wir dann keinen warmen Punsch zusammen in einer gut geheizten Taverne?« Wieder schlug sie die Augen auf, und ihm wurde so warm unter diesem Blick, als säße er bereits am vorgeschlagenen Ort.
    »Eine vorzügliche Idee!« sagte er, und die Pariser Ungezwungenheit begann ihm zu gefallen. Vor allem gefiel ihm dieses rothaarige Fräulein, auch wenn ihm nicht recht einleuchtete, warum sie ihn angesprochen hatte. Bestimmt will sie, daß ich sie einlade, überlegte er und fühlte in der Tasche nach seiner Geldbörse. Welche Rolle spielte bloß die andere? Für ihre Mutter war sie zu jung, für ihre Freundin zu alt. Ein sonderbares Pärchen. »Ich weiß nur nicht, wo.«
    »Ach, Monsieur kennen sich ja nicht aus in Paris«, ergriff wieder die Ältere das Wort. »Wenn wir eine Droschke nehmen, dann wüßte ich schon ein geeignetes Etablissement.«
    Eine halbe Stunde später betrat Jean-François mit den beiden kontaktfreudigen Damen ein etwas schmuddeliges Chambre séparée im ersten Stock eines Wirtshauses unweit des Stadttores Saint-Martin, wohin sie ihn – genauer: den Droschkenkutscher (den natürlich er bezahlte) – geleitet hatten. Die Gastwirtschaft trug den skurrilen Namen »Zum blauen Zifferblatt«, und über ihrem Eingang hing tatsächlich eine blaue Uhr, deren Zeiger Vergoldungsreste trugen. Das Viertel, das sich ziemlich menschenleer präsentierte, war nicht sonderlich fein, aber an wärmeren Abenden sicherlich ein Ort bunten Amüsierbetriebes; zumindest ließen das zwei kleine Volksbühnen sowie diverse Tavernen und Kaffeehäuser vermuten, an denen der Wagen vorbeigefahren war.
    Während der Fahrt hatte Jean-François zu ergründen versucht, mit wem ihn der Zufall zusammenführte, aber mehr als allgemeine Redensarten war den Damen nicht zu entlocken gewesen. Er erklärte sich diese Zurückhaltung damit, daß die Ältere die Jüngere, die ihm so reizende Blicke zuwarf, offenbar beaufsichtigte. Die Dickbusige begann ihn zu stören. Er fühlte sich schrecklich unsicher in Gesellschaftzweier Damen, wo schon eine genügt hätte, seinen Puls unangemessen zu beschleunigen. Er hatte noch nie Frauenzimmer unterhalten müssen; obendrein war er noch nie in einem Restaurant gewesen und wußte weder, wie er sich benehmen, noch, was er bestellen sollte. Um so mehr freute es ihn, als die Ältere, kaum daß man sich im Séparée niedergelassen hatte und peinliches Stillschweigen eingetreten war, erklärte, sie habe im Erdgeschoß, wo sich das eigentliche Lokal befand, eine Freundin gesehen, die sie begrüßen wolle.
    Die Rothaarige legte das Wolltuch ab, das sie unter dem Mantel getragen hatte, und ein dekolletiertes Kleid kam zum Vorschein, nicht ganz à la mode, aber reizend tief ausgeschnitten. Jean-François musterte verstohlen die weiße, sommersprossige Haut ihrer prall geschnürten Brust, unter der sich mattblaue Äderchen zeigten.
    »Übrigens«, sagte sie beiläufig, »ich heiße Virginie.«
    Er erhob sich, machte einen Diener und stellte sich vor: »Champollion, Jean-François.« Sie schaute ihn verwundert und amüsiert an.
    Der Wirt, ein untersetzter, stark behaarter Mann mit Stirnglatze und einem fleckenübersäten weißen Leinentuch um die Hüfte, lüftete den Vorhang, trat ein, fragte nach ihrem Begehr und präsentierte dem Herrn die Weinliste. Jean-François warf einen Blick darauf, wohl wissend, daß ihm keiner der aufgeführten Namen geläufig sein würde, und überlegte, was jetzt zu tun sei. Der einzige Wein, den er kannte, war jener, den Professor Cambry am Tage seiner Paris-Ankunft kredenzt hatte. Da er nicht wußte, ob es sich schickte, Erkundigungen über die Rebsäfte auf der Karte einzuholen, fragte er: »Haben Sie einen Côte Rôtie?«
    »Oh, Monsieur sind offenbar ein Kenner!« Ein breites Grinsen trat auf das Gesicht des Wirts. »Es ist der beste Rote, den ich im Keller habe.«
    »Dann nehmen wir eine Flasche!«
    »Rotwein?« Sie runzelte die

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