Der Raritätenladen
beobachtet hatte, rechtzeitig Einsprache erhob.
»Wer weiß«, sagte er mit einem verschmitzten Blicke, »ob der alte Herr nicht höflich um die Ehre bitten wollte, ein Spielchen mit uns zu machen!«
»Ja, das wollte ich«, rief der alte Mann; »das war meine Absicht. Das will ich auch jetzt noch.«
»Dacht ichs ja«, entgegnete der vorige Sprecher. »Nun, und wer weiß denn, daß der alte Herr, der vielleicht unsere Abneigung kennt, um Liebe und Ehre zu spielen, nicht höflich um Geld zu spielen wünscht?«
Der alte Mann antwortete nur damit, daß er in der bebenden Hand das kleine Beutelchen schüttelte und es dann auf
den Tisch warf; und nun griff er nach den Karten mit der Gier eines Geizhalses, wenn er nach Gold langt.
»Ah! das schon …«, sagte Isaak; »wenn der Herr das wollte, so bitte ich den Herrn um Verzeihung. Ist dies des Herrn Beutelchen? Ein sehr nettes kleines Beutelchen. Vielleicht etwas leicht«, fügte Isaak hinzu, indem er es in die Luft warf und gewandt wieder auffing. »Aber doch wirds reichen, einen Herrn zu unterhalten für eine halbe Stunde oder so was.«
»Wir wollen eine Partie zu vieren machen und Groves mitspielen lassen«, sagte der stämmige Mann. »Komm, Jemmy.«
Der Wirt, der sich so benahm, als sei er an derartige kleine Partien gewöhnt, näherte sich dem Tische und nahm Platz. Das Kind zog jedoch in wahrer Todesangst seinen Großvater beiseite und flehte ihn selbst jetzt noch an, fortzugehen.
»Kommen Sie, und wir können so glücklich sein!« sagte das Kind.
»Wir wollen glücklich sein!« versetzte der alte Mann hastig. »Laß mich gehen, Nell! Der Weg zum Glück liegt in den Karten und in dem Würfelbecher. Wir müssen von kleinen Gewinnen zu großen steigen. Hier wirds nur wenig zu gewinnen geben, aber das Große kommt mit der Zeit. Ich werde nur mein Eigentum zurückgewinnen, und zwar einzig für dich, mein Herz.«
»Gott steh uns bei!« rief das Kind. »Ach, welch ein hartes Geschick mußte uns hierherführen!«
»Still!« entgegnete der alte Mann, indem er seine Hand auf den Mund des Mädchens legte, »das Glück läßt sich nicht schelten. Wir dürfen ihm keinen Vorwurf machen, sonst weicht es uns aus, so viel habe ich schon ausfindig gemacht.«
»Nun, Herr«, sagte der stämmige Mann, »wenn Sie nicht selbst kommen wollen, so geben sie uns wenigstens die Karten – ja?«
»Ich komme schon!« rief der alte Mann. »Setz dich, Nell; setz dich nieder und sieh zu! Sei guten Muts, es ist alles für dich, alles, jeder Penny. Ich sage es ihnen nicht; nein, nein, sonst würden sie nicht spielen, sie würden das Glück fürchten, das mir eine heilige Sache bringen muß. Schau sie dir nur an! Sieh, wer sie sind, und wer du bist! Wer kann da zweifeln, daß wir gewinnen müssen?«
»Der Herr hat sich besonnen eines Bessern und kommt nicht«, sagte Isaak, indem er tat, als wollte er vom Tische aufstehen. »Es tut mir leid, wenn sich der Herr hat einschüchtern lassen – natürlich, wer nichts wagt, gewinnt nichts; aber der Herr muß es wissen am besten.«
»Nun, ich bin bereit. Ihr habt alle gezogen, nur ich nicht«, versetzte der alte Mann. »Ich möchte doch wissen, wer gespannter auf den Anfang ist, als ich.« Mit diesen Worten zog er einen Stuhl an den Tisch, die andern drei schlossen zu gleicher Zeit den Kreis, und das Spiel begann.
Nell saß daneben und schaute besorgt und gequält zu. Ohne darauf zu achten, wem sich das Glück zuwandte, hatte sie nur Augen für die verzweifelte Leidenschaft, die sich ihres Großvaters bemächtigte, und Gewinn oder Verlust waren ihr gleichviel. Das eine Mal über einen kurzen Triumph frohlockend, das andere Mal durch ein Fehlschlagen niedergedrückt, saß er da, so verwirrt und ruhelos, so fieberhaft und ängstlich gespannt, so furchtbar gierig, so heißhungrig auf die armseligen Einsätze, daß sie es fast leichter ertragen haben würde, ihn tot zu sehen. Und doch war sie die unschuldige Ursache dieser ganzen Folter, und er, der mit einem so wütenden Durst nach Gewinn spielte, wie ihn der unersättlichste Spieler nie empfunden, hatte nicht einen einzigen selbstsüchtigen Gedanken!
Dagegen waren die andern drei – Schurken und Spieler von Gewerbe – trotz ihrer gespannten Aufmerksamkeit auf das
Spiel so kaltblütig und ruhig, als ob der Inbegriff aller Tugenden in ihrer Brust wohnte. Hin und wieder blickte einer von ihnen auf, um dem andern zuzulächeln, das matte Kerzenlicht zu schneuzen, nach dem Blitz zu schauen, wenn er
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